Strandwolfe: Richard Bolithos gefahrvoller Heimaturlaub
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Dezember 1773: Nach vierzehn strapazi?sen Monaten auf See an Bord der Gorgon kehrt Midshipman Richard Bolitho zur?ck nach England. W?hrend das Linienschiff in Plymouth im Dock zur dringend notwendigen ?berholung liegt, will er Weihnachten bei seinen Eltern in Falmouth verbringen. Doch daraus wird nichts, denn an der K?ste Cornwalls treiben ?belste Strandr?uber, die gezielt Schiffsstrandungen herbeif?hren, ihr Unwesen. F?r Richard Bolitho hei?t es, deren t?dlichem Spuk ein Ende zu setzen…
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Pendrith nahm dankend ein Glas Brandy an und wärmte sich am Feuer. Dampf stieg von seinem dicken Überrock auf wie von einem Zugpferd.
Was auch geschehen sein mochte, es muß etwas Wichtiges sein, wenn Pfarrer Walmsley es für nötig hielt, mitten in der Nacht einen Boten zu schicken.
«Dieser Bursche hat eine Leiche gefunden, Sir, unten am Strand. Sie hat wohl schon einige Zeit im Wasser gelegen. «Trübe blickte er auf.»Es ist Tom Morgan, Sir. «Bolitho biß sich auf die Lippen.»Der Zolleintreiber?«»Aye. Er ist umgebracht worden, bevor man ihn ins Wasser warf, sagt der Junge.»
Im Treppenhaus waren Geräusche zu hören, dann kam Bolithos Mutter herabgeeilt, in einen grünen Samtumhang gehüllt; fragend sah sie Bolitho an.
«Ich mache das schon, Mutter«, sagte Bolitho beruhigend.»Sie haben Tom Morgan am Stand gefunden.»
«Tot?»
Pendrith antwortete grob:»Ermordet, Madam. «Zu Bolitho gewandt, erklärte er:»Sehen Sie, Sir, die Soldaten sind nämlich weg und der Friedensrichter ist in Bath, also wandte sich der alte Reverend an Sie. «Er schnitt eine Grimasse.»Schließlich sind Sie ein Offizier des Königs, Sir.»
Dancer rief:»Sicherlich ist da noch sonst wer zuständig?«Aber Bolithos Mutter zog schon an der Klingelschnur, das Gesicht blaß, doch entschlossen.
«Nein. Sie kommen immer zu uns. Ich lasse Corker zwei Pferde satteln. Du begleitest sie, John.»
Bolitho sagte ruhig, aber bestimmt:»Ich möchte lieber, daß er hier bei dir bleibt, Mutter. «Er drückte ihren Arm.»Es geht schon in Ordnung, wirklich. Ich bin nicht mehr der kleine Junge, der mit einer Stulle in der Tasche zur See gegangen ist. Das ist vorbei.»
Seltsam, wie leicht ihm die Umstellung fiel. Vor ein paar Minuten hatte er noch ins Bett gehen wollen. Jetzt war er hellwach, jeder Nerv gespannt und bereit, plötzlicher Gefahr zu begegnen. Aus Dancers Gesichtsausdruck ersah er, daß es diesem genauso ging.
Pendrith ließ sich vernehmen:»Ich habe den Jungen zurückgeschickt, er sollte bei dem Leichnam bleiben. Sie kennen die Stelle, Sir, es ist die kleine Bucht, wo Sie und Ihr Bruder im Dory [3] gekentert sind und eine gehörige Tracht Prügel dafür bezogen haben!«Er grinste vielsagend.
Ein Dienstmädchen erschien und nahm die Anweisung entgegen, Corker, den Kutscher, zu wecken.
Bolitho sagte:»Wir haben keine Zeit, die Uniformen anzuziehen, Martyn. Laß uns gehen, wie wir sind.»
Sie hatten irgendwelche Zivilkleider angezogen, die sie in Kisten und Schränken fanden. In einem Haus, das seit Generationen das Heim von Seeoffizieren war, gab es genug überzählige Röcke und Kniehosen.
In einer Viertelstunde waren sie abmarschbereit, die schläfrige Entspannung war wacher Gespanntheit gewichen. Wenn die Marine ihnen nichts anderes vermittelt hatte, das auf alle Fälle hatten sie gelernt. Die einzige Möglichkeit, auf einem Kriegsschiff am Leben zu bleiben, war stete Wachsamkeit. Draußen hörte man jetzt das Klappern von Pferdehufen, und Bolitho fragte:»Wer ist der Junge, der den Toten gefunden hat,
John?»
Pendrith hob die Schultern.»Der Sohn vom Schmied. «Er tippte mit dem Finger an die Stirn.»Er ist nicht ganz richtig im Kopf. «Zum Abschied küßte Bolitho seine Mutter auf die Wange. Ihre Haut war eiskalt.
«Geh' ins Bett, ich bin bald zurück. Morgen schicken wir jemanden zum Richter nach Truro oder zu den Dragonern. «Sie waren draußen und zu Pferde, bevor der wirbelnde Schnee ihren Ritt nur noch schwieriger machen konnte. Man sah kaum Lichter im Ort, die meisten Bewohner waren längst im Bett.
Dancer rief:»Wahrscheinlich kennst du die Leute hier fast alle, oder sie kennen dich, wie? Das ist der Unterschied zwischen hier und London!»
Bolitho steckte das Kinn in den Kragen und trieb sein Pferd durch das Schneegestöber. Daß Pendrith sich noch an den Vorfall mit dem Dory erinnerte. Sein Bruder Hugh und er hatten miteinander gewetteifert. Hugh war damals Midshipman gewesen, während er selbst auf sein erstes Schiff wartete. Ihr Vater war außer sich vor Wut, bei ihm etwas ganz Ungewöhnliches, und zwar nicht so sehr wegen des Unfalls, als vielmehr wegen der Angst, die ihre Mutter ausgestanden hatte. Es stimmte, sie waren beide verprügelt worden, damit sie den Vorfall so schnell nicht vergaßen.
Bald hörten sie die See, die zischend und donnernd gegen das felsige Vorland brandete. Alles wirkte unter diesem Schneemantel unheimlicher. Seltsame Gestalten ragten in der Dunkelheit auf, während die Bäume ihre weiße Last abwarfen, was Geräusche verursachte wie die Schritte eines hervorstürmenden Wegelagerers.
Es dauerte eine volle Stunde, bis sie die kleine Bucht gefunden hatten, die kaum mehr war als eine Spalte in dem massiven Fels, mit einem winzigen, abschüssigen Stück Sandstrand. Der Sohn des Schmieds wartete auf sie mit einer Laterne, summte vor sich hin und stampfte in dem eiskalten, nassen Sand frierend von einem Fuß auf den anderen.
Bolitho stieg ab.»Halte mein Pferd, Martyn. «Das Tier war unruhig, wie Pferde oft in Gegenwart des Todes. Der Leichnam lag mit ausgestreckten Armen und offenem Mund auf dem Rücken.
Bolitho zwang sich, neben dem toten Zöllner niederzuknien.»Lag er so, Tim?»
«Aye, Sir. «Der Junge kicherte.»Ich suchte nach…«Er hob die Schultern.»Irgendwas.»
Bolitho wußte Bescheid über den Schmied des Ortes. Seine Frau hatte ihn schon seit langem verlassen, und er schickte seinen schwachsinnigen Sohn stets aus der Hütte, wenn er sich mit einer seiner zahlreichen Besucherinnen vergnügte. Es hieß, er hätte den Jungen in einem Wutanfall so geschlagen, daß er schon als Säugling den Verstand verlor.
Der Bursche fügte noch hinzu:»Seine Taschen sind leer, Sir.
Nicht eine Münze drin.«»Ist das der Mann, Dick?«rief Dancer. Bolitho stand auf.»Aye. Seine Kehle ist durchgeschnitten. «Die Küste Cornwalls war berüchtigt für ihre Schmuggler, aber die Zollbeamten wurden bei ihren Bemühungen, sie aufzustöbern und gefangenzunehmen, selten angegriffen. In Abwesenheit des Friedensrichters bedeutete dieser Zwischenfall, daß sie sich um Hilfe nach Truro oder sonstwohin wenden mußten. Bolitho erinnerte sich an des Jagdaufsehers Worte und sagte zu Dancer:»Nun, mein Freund, wir haben wohl doch nicht völlig dienstfrei.»
Dancer beruhigte die nervösen Pferde.»Es schien mir auch zu schön, um wahr zu sein.»
Bolitho befahl dem Jungen:»Geh ins Wirtshaus und bestell dem Wirt, er soll ein paar Leute wecken. Wir brauchen auch einen Karren. «Er wartete, bis der Schwachsinnige seine Worte begriffen hatte.»Kannst du das behalten?«Der Junge nickte ruckartig.»Ich denke schon. «Er kratzte sich den Kopf.»Ich warte hier schon lange, Sir. «Dancer reichte ihm etwas Geld herunter.»Das ist für deine Mühe, Tim.»
Als der junge Bursche von dannen stolperte, wobei er vor sich hin schwatzte, rief Bolitho ihm nach:»Aber gib's nicht deinem Vater!»
Dann sagte er:»Binde die Pferde lieber fest und hilf mir. Wir haben auflaufendes Wasser, der Leichnam wird sonst in einer halben Stunde fortgeschwemmt.»
Sie zogen den aufgedunsenen Körper den schrägen Strand hinauf, und Bolitho dachte an andere Männer, die er hatte sterben sehen, schreiend und fluchend, in der Hitze und dem Lärm des Gefechtes. Das war schrecklich genug. Aber so zu sterben wie dieser Mann, allein und verängstigt, um dann wie Abfall ins Meer geworfen zu werden, das schien ihm noch weit schrecklicher.
Bis endlich Unterstützung gekommen war, sie den Leichnam in die Kirche geschafft und sich danach im Wirtshaus gestärkt hatten, dämmerte bereits der Morgen.
Die Reiter und ihre Pferde waren bei der Heimkehr so leise wie möglich, aber Bolitho wußte, daß seine Mutter sie trotzdem hören und erwarten würde.
Als sie herbeieilte, um sie zu begrüßen, sagte er in bestimmtem Ton:»Nein, Mutter. Geh lieber wieder ins Bett!«Sie betrachtete ihn seltsam und lächelte dann.»Wie gut, wieder einen Mann im Haus zu haben«, sagte sie.