Strandwolfe: Richard Bolithos gefahrvoller Heimaturlaub
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Dezember 1773: Nach vierzehn strapazi?sen Monaten auf See an Bord der Gorgon kehrt Midshipman Richard Bolitho zur?ck nach England. W?hrend das Linienschiff in Plymouth im Dock zur dringend notwendigen ?berholung liegt, will er Weihnachten bei seinen Eltern in Falmouth verbringen. Doch daraus wird nichts, denn an der K?ste Cornwalls treiben ?belste Strandr?uber, die gezielt Schiffsstrandungen herbeif?hren, ihr Unwesen. F?r Richard Bolitho hei?t es, deren t?dlichem Spuk ein Ende zu setzen…
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«Gerefft, Sir?»
Die Augen Hughs ruhten einen Augenblick auf ihm.»Abwarten.»
Bolitho lief nach vorn in den plumpen Bug. Es schien unglaublich, daß die Avenger so viel Zeug fahren konnte, und das an einem einzigen Mast und bei diesem Wind! Er lauschte auf das metallische Klicken der Fallen, als die Männer ihr ganzes Gewicht in die Spillspaken legten. Er stellte sich vor, wie der Anker, mit seinen Flunken im Boden eingegraben, darauf wartete, herausgebrochen zu werden. In Augenblicken wie diesen malte er sich das oft aus. Er schreckte aus seinen Gedanken, als sein Bruder mit scharfer Stimme rief:»Mr. Bolitho! Mehr Leute ans Großsegel! Das wird harte Arbeit!»
Gloag schlug seine riesigen Hände zusammen wie Bretter.»Wind hat einen Strich geschralt, Sir!«Er grinste in den peitschenden Gischt, von seinem Gesicht strömte das Wasser.»Soll uns nur recht sein.»
Bolitho kletterte über ungewohnte Geschütztaljen und dickes Tauwerk, vorbei an ihm fremden Seeleuten und Unteroffizieren, bis er ganz vorn am Steven war. Er sah die gespannte Ankertrosse, die durch die Klüse hereinpolterte, als sich jetzt mehr Leute in die Handspaken legten. Auf beiden Seiten des Vorderstevens schäumte der Gezeitenstrom vorbei, als sei die Avenger schon in voller Fahrt.
Der Bootsmann kam nach vorn und stellte sich neben ihn.»Die richtige Nacht für unsere Zwecke, Sir!«Er erklärte es nicht weiter, sondern beschrieb einen alles umfassenden Kreis mit seiner Faust. Dann schrie er:»Ist kurzstag, [6] Sir!«Nun schien alles auf einmal zu passieren, als der Anker allmählich auf und nieder [7] kam und die Leute sich auf das Großsegel warfen, als hinge von dessen gewaltigem Baum ihr Leben ab. Bolitho mußte zur Seite springen, als das Vorsegel plötzlich freibrach und sich donnernd aufbäumte, aber sofort wieder von den Männern zusammengeschlagen und unter Kontrolle gebracht wurde.
Pyke rief nach achtern:»Anker ist frei, Sir!«Die Wirkung war überraschend. Großsegel und Fock füllten sich knallend, die Avenger legte sich unter dem Druck von Wind und Strom ruckartig auf die Seite und schien seitwärts in ihr sicheres Verderben zu gleiten.
Gloag brüllte heiser:»Schoten dicht, Mr. Pyke, lebhaft!«Bolitho fühlte sich plötzlich überflüssig und im Wege, als die Männer jetzt hierhin und dorthin sprangen, blind gegenüber dem Spritzwasser, das gurgelnd und schäumend über die Leereling rauschte.
Und dann, ebenso plötzlich, war alles vorüber. Die Avenger lag höher am Wind als jedes Schiff, das er bisher gesehen hatte, nachdem das riesige Großsegel und die flossenförmige Fock dichtgeschotet waren, wie Gloag befohlen hatte, und war so dicht, daß sie beinahe mittschiffs standen. Bolitho suchte sich einen Weg durch das Getümmel der arbeitenden Seeleute nach achtern, bis er an die lange Ruderpinne kam, an der drei Männer breitbeinig standen, weder Segel noch Kompaß aus den Augen lassend. Schaum wirbelte unter dem Heck hervor, und Bolitho sah, daß Dancer ihm vom Vordeck aus zugrinste — wie ein Schuljunge mit einem neuen Spielzeug.
Hugh blickte ihn ebenfalls an, die Lippen zu einem Strich zusammengepreßt.
«Nun?«Hughs Frage war zugleich auch eine Drohung.
Bolitho nickte.»Ein Klasseschiff, Sir! Sie fliegt wie ein Vogel!»
Der Bootsmann stapfte an die Luvreling und starrte zu der verschwommenen Küstenlinie hinüber.
«Aye, Mr. Bolitho. Und ich wette, ein paar Teufel beobachten diesen Vogel jetzt ganz genau!»
Das Land schob sich rasch vorbei, und Bolitho sah, wie der Gischt von den Kämmen der Brecher gepeitscht wurde und in langen Streifen davonstob, als sie sich jetzt der gefährlichen Landzunge näherten.
Pyke schrie durch die trichterförmig gehaltenen Hände:»Klar zum Auf entern!«Er blickte in des Kommandanten starres Gesicht, als erwarte er einen Widerruf seiner Forderung nach noch mehr Tuch. Als dieser jedoch nichts sagte, fügte er herzhaft hinzu:»Und einen Extraschluck für denjenigen, der als erster wieder unten ist!»
Bolitho versuchte, sich jeden Teil des jetzt rasch dunkler werdenden Decks einzuprägen, bis er glaubte, es auch bei völliger Dunkelheit den eifrigen Seeleuten gleichtun zu können in diesem Gewirr von Tauwerk und Blöcken, die dem Schiff erst das Leben verliehen.
Hugh und Master Gloag schienen zufrieden, als sie die arbeitenden Seeleute und die Segelstellung beobachteten und gelegentlich einen Blick auf den Kompaß warfen. Was für einen Riesenschritt ich doch noch vor mir habe, dachte Bolitho: vom Fähnrichslogis zu einem Platz auf dem Achterdeck. Sein Bruder war mit einundzwanzig Jahren schon auf einem ganz anderen Niveau. In wenigen Jahren hatte er dieses erste, winzige Kommando vielleicht schon vergessen und kommandierte wahrscheinlich seine eigene Fregatte. Die Avenger jedoch spielte für ihn trotzdem eine lebenswichtige Rolle, vorausgesetzt, daß er sich aus weiteren Affären heraushielt und seinen Degen privat in der Scheide ließ. »Mr. Bolitho!»
Hughs Stimme schreckte ihn auf.
«Ich habe vorhin gesagt, daß ich an Bord keine Passagiere brauche! Also bewegen Sie sich gefälligst und schicken Sie mehr Leute nach vorn. Wir setzen den Klüver, sobald die Toppsgasten oben sind.»
Als die Dämmerung allmählich tiefer Dunkelheit wich, warf sich die Avenger gegen die steiferen Kämme der offenen See. Stampfend schleuderte ihr Bug ganze Bretter aus Gischt beiseite, wenn er sich von der schwindelnden Höhe eines Wogenkammes in das tiefe Wellental stürzte. Schließlich ging sie über Stag und wies mit ihrem Steven nach Süden.
Stunde um Stunde trieb Hugh seine Besatzung an, bis sie zum Umfallen müde war. Das nasse, gefrierende Segeltuch, eisenhart und unnachgiebig, machte den Fäusten der vom Salzwasser geblendeten Männer schwer zu schaffen, und das ständige Donnern der prallen Segel übertönte sogar das Toben der See. Das Kreischen der Blöcke, wenn das aufgequollene Tauwerk durchgeholt wurde, das Stampfen der Füße an Deck, ein gelegentlicher Kommandoruf vom Achterdeck, alles zusammen vereinigte sich zu einem gewaltigen Chor der Anstrengung. Selbst der jugendliche Kommandant des Kutters mußte schließlich zugeben: zuviel war zuviel. Zögernd und widerstrebend befahl er, Toppsegel und Klüver für den Rest der Nacht zu bergen.
Schließlich kroch die Freiwache keuchend und zerschunden zu einer kurzen Atempause unter Deck. Manch einer von ihnen schwor, er werde nie wieder den Fuß an Bord setzen, sobald sie erst im Hafen waren. Doch das schworen sie immer. Und gewöhnlich kamen sie dann doch wieder zurück. Andere waren zu erschöpft, um überhaupt noch denken zu können, und ließen sich in ihrem Logis einfach fallen. Dort lagen sie dann inmitten des im Brackwasser hin und her schwappenden Gemisches aus nassen Kleidungsstücken und losem Tauwerk, bis der nächste Ruf ertönte:»Alle Mann an Deck zum Segelbergen!«Darauf brauchten sie nie lange zu warten.
Als Bolitho endlich in seiner Behelfskoje lag, hin und wieder hochgeschleudert vom wilden Stampfen des Schiffes, dachte er daran, wie sich der Urlaub wohl gestaltet hätte, wenn er Dancers Einladung nach London gefolgt wäre.
Ein Lächeln spielte um seine Lippen, bevor er in tiefen Schlaf fiel. Das wäre ein Unterschied wie Tag und Nacht gewesen.