Die letzte Diagnose
Die letzte Diagnose читать книгу онлайн
ORBIT HOSPITAL ist ein Klinikum im All, das allen raumfahrenden Lebensformen der Galaxis medizinische Hilfe leistet. Es nimmt alle Gesch?pfe auf, ob sie ein Dutzend Gliedma?en haben oder gar keine, ob sie sich von Radioaktivit?t ern?hren oder Wasser atmen – von anderen exotischen Gewohnheiten und Bed?rfnissen ganz zu schweigen. Es ist ein ?kologisches Tollhaus und ein organisatorischer Irrwitz, aber es ist f?r alle da und es funktioniert. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes – lebensnotwendig.
Внимание! Книга может содержать контент только для совершеннолетних. Для несовершеннолетних чтение данного контента СТРОГО ЗАПРЕЩЕНО! Если в книге присутствует наличие пропаганды ЛГБТ и другого, запрещенного контента - просьба написать на почту [email protected] для удаления материала
»Sind Sie sich dessen wirklich sicher, Schwester?« stutzte Medalont. »Oder könnte es sein, daß Sie aufgrund subjektiver Faktoren in derAufregung ein wenig übertrieben haben? Ich meine, haben die wirklich sechs Minuten gebraucht? Keine gute Reaktionszeit.«
»Patient Hewlitt zeigte ebenfalls keine Reaktion«, fuhr Leethveeschi fort, »und ich habe die ganze Zeit auf die Uhr gesehen, während ich versuchte, ihn wiederzubeleben. Die Stationsuhr neigt eigentlich selten zu Übertreibungen.«
»Die Oberschwester hat recht und Sie auch, Doktor«, meldete sich der nidianische Assistenzarzt zu Wort, wobei er seinem Kollegen einen kurzen Seitenblick zuwarf. »Normalerweise müßte man das als eine unentschuldbar langsame Reaktionszeit ansehen, aber wir hatten unterwegs einen Unfall. Wir sind beim Eintreffen auf der Station mit einem Essenswagen zusammengestoßen, dessen Bedienungspersonal zwar sofort auswich, als es unsere Blinklichter sah, aber den Essenswagen einfach mitten im Weg stehen ließ. Zwar gab es keine Verletzten, aber das ganze Essen flog durch die Station und verteilte sich überall auf den in der Nähe stehenden Betten… «
»Patient Hewlitt hat sich einen ungelegenen Zeitpunkt für den Herzstillstand ausgesucht«, warf der kelgianische Assistenzarzt ein.
»… und uns gingen einige Minuten verloren, weil wir überprüfen mußten, ob die Geräte keinen Schaden genommen hatten«, fuhr der nidianische Arzt fort. »Ein Stromstoß, der das Herz eines Tralthaners wieder in Gang setzt, würde das eines Terrestriers zum Kochen bringen…«
»Jaja, ist ja gut«, winkte Medalont ungeduldig ab. »Jedenfalls haben Sie nach gut sechs Minuten den Patienten wiederbelebt. Haben Sie irgendwelche Anzeichen geistiger oder sprachlicher Verwirrung beim Patienten beobachtet, als er das Bewußtsein wiedererlangte?«
»Nein, nichts dergleichen«, antwortete der Nidianer. »Wir haben den Patienten gar nicht reanimiert, das muß Oberschwester Leethveeschi getan haben, noch bevor wir die Schläuche anschließen konnten. Der Patient schien in keiner Weise verwirrt zu sein. Als erstes forderte er die Oberschwester auf, sie solle damit aufhören, ihm auf den Brustkorb zu drücken, oder sie würde ihm noch die Rippen brechen. Seine Wortwahlwar ausgesprochen schlüssig, wohldurchdacht und klar und deutlich, wenn auch nicht besonders respektvoll.«
»Sie müssen schon entschuldigen, aber ich war die ganze Zeit davon ausgegangen, der Patient wäre durch Ihre Geräte zurückgeholt worden«, merkte Medalont an. »Sehr gute Arbeit, Oberschwester Leethveeschi. Ich hoffe nur, der Patient hat sich Ihnen gegenüber nicht zu respektlos verhalten.«
»Ach, ich habe schon weit Schlimmeres über mich ergehen lassen müssen«, erwiderte Leethveeschi ruhig. »Außerdem habe ich mich durch seine Reaktion eher erleichtert als beleidigt gefühlt.«
»Das kann ich gut verstehen«, pflichtete ihr der Chefarzt bei und bat dann den Nidianer, mit dem Bericht fortzufahren.
»Als klar war, daß Patient Hewlitt wieder bei vollem Bewußtsein war, haben wir ihm gemeinsam mit Oberschwester Leethveeschi gezielt ein paar Fragen gestellt, um herauszufinden, ob seine Gehirntätigkeit in Mitleidenschaft gezogen worden war. Wie Sie wissen, waren wir immer noch dabei, als Sie auf die Station zurückgekehrt sind, um ihm noch mehr dieser Fragen zu stellen. Den Rest kennen Sie ja.«
Medalont überlegte eine Weile, dann sagte er: »Und selbst nach dieser zweistündigen Befragung waren weder Gedächtnis- oder Redefunktionsstörungen noch physische Koordinationsschwierigkeiten festzustellen, und Patient Hewlitts Sensorenmeßgerät zeigte optimale Werte für sämtliche Körperfunktionen an, genauso wie in diesem Augenblick.«
»Aber jetzt sind wir schon viereinhalb Minuten über der Zeit, die zwischen der ersten Blutabnahme und dem Einsetzen des Herzstillstandes lag«, stellte Leethveeschi mit einer ebenso feucht plätschernden wie schlaffen Geste in Richtung der Stationsuhr fest.
Während der regen Unterhaltung des medizinischen Personals hatte Hewlitt die ganze Zeit darüber nachzudenken versucht, wie er sich bei der Oberschwester zum einen entschuldigen und zum anderen dafür bedanken könnte, daß sie ihm das Leben gerettet hatte, aber durch das, was dieseabscheuliche Kreatur gerade von sich gegeben hatte, waren sämtliche Gefühle der Dankbarkeit bei ihm wie weggeblasen.
»Was wird hier eigentlich gespielt?« platzte er heraus. »Stehen Sie hier alle bloß dumm herum, und warten Sie darauf, daß ich noch so einen verfluchten Herzanfall kriege? Oder sind Sie sogar enttäuscht, daß noch nichts in dieser Richtung passiert ist?«
Einen Augenblick lang herrschte absolute Stille, und mit Ausnahme der hudlarischen Schwester, die einen Tentakel auf Hewlitt zubewegte, ihn aber gleich darauf wieder zurückzog, rührte sich auch nichts.
»Wir sind alles andere als enttäuscht, Patient Hewlitt«, versicherte ihm schließlich Medalont und fügte einschränkend hinzu: »Wenngleich Ihre Einschätzung der Situation völlig korrekt ist. Der Herzstillstand muß durch etwas ausgelöst worden sein, und es besteht durchaus die Möglichkeit, wenn auch zugegebenermaßen nur eine sehr geringe, daß die von mir vorgenommene Blutentnahme dafür verantwortlich war. Obwohl Sie eigentlich keine Medikamente erhalten sollten, habe ich nicht daran gedacht, daß vor der Blutentnahme eine winzige Menge des Lokalanästhetikums routinemäßig injiziert wird, damit der Eingriff schmerzfrei erfolgt. Die genauen Zeitabläufe und äußeren Umstände haben wir mittlerweile nachvollzogen, bisher jedoch ohne Ergebnis, und das bedeutet, daß wir woanders nach der Ursache suchen müssen. Es sei denn… Sie bekommen übrigens wieder etwas mehr Farbe im Gesicht, Patient Hewlitt. Wie fühlen Sie sich jetzt?«
Wie ich mich fühle? Am liebsten würde ich dich auf der Stelle erwürgen, du Pfeife! fluchte Hewlitt in Gedanken und sagte dann laut: »Gut, Doktor.«
»Das bestätigen auch die Meßdaten«, merkte Leethveeschi an.
»In dem Fall sorgen Sie bitte dafür, daß die Überwachung durch das Sensorenmeßgerät aufrechterhalten wird und daß sich das Reanimationsteam in Reichweite aufhält, damit es innerhalb von zwei Minuten reagieren kann«, ordnete Medalont an, wobei er einen nach dem anderen ansah. »Und kümmern Sie sich darum, daß sich der Patient ersteinmal sammelt, bevor er die nächste Mahlzeit zu sich nimmt. Haben Sie keine Angst, Patient Hewlitt, was immer Ihnen auch fehlt, wir werden es herausfinden und dafür sorgen, daß Sie wieder gesund werden. Aber jetzt lassen wir Sie erst einmal allein.«
»Nicht ganz allein«, widersprach Braithwaite. »Ich würde nämlich gern mit dem Patienten noch ein paar Worte wechseln.«
»Wie Sie wünschen, Lieutenant«, willigte der Chefarzt ein, bevor er und die beiden Assistenzärzte sich zurückzogen. Leethveeschi und die hudlarische Schwester verweilten noch am Bett.
»Sie sollten sich davor hüten, etwas zu unternehmen, was unseren Patienten beunruhigen könnte!« ermahnte die Illensanerin Lieutenant Braithwaite in dem typisch autoritären Ton einer Oberschwester. »Und Sie sollten auch nichts fragen oder sagen, was möglicherweise einen weiteren Notfall auslösen könnte.«