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Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos

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Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos
Название: Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos
Автор: Kent Alexander
Дата добавления: 16 январь 2020
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Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - читать бесплатно онлайн , автор Kent Alexander

1804 — Im Herbst steht England allein gegen die Flotten Frankreichs und Spaniens. Wieder einmal h?ngt die Drohung einver Invasion ?ber der Insel. Um die Spanier zu schw?chen, wird Vizeadmiral Sir Richard Bolitho in die Karibik entsandt, wo er deren reichbeladenen Sibergaleeren kapern soll. Dabei k?mpft Bolitho so todesmutig, als h?tte er nichts mehr zu verlieren. Die Zerr?ttung seiner Ehe und seine drohende Erblindung haben ihn in tiefe Depressionen gest?rzt…

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Das Land lag als grünes Panorama vor den Heckfenstern. Antigua. Schon der Name war für ihn wie ein Stich ins Herz. Er beschwor so viele Erinnerungen herauf, so viele Gesichter und Stimmen.

Es war hier in English Harbour gewesen, wo er als eben beförderter Commander sein allererstes Schiff übernommen hatte: die kleine wendige Korvette Sparrow. Eine ganz andere Art von Schiff, aber damals war der Krieg mit den rebellierenden Amerikanern auch ganz anders gewesen. Wie lange schien das alles schon zurückzuliegen! Die Schiffe und Gesichter von damals, der Schmerz und die Freuden der Jugend.

Er bedachte ihre Überfahrt von England. Man konnte sich keine schnellere wünschen: dreißig Tage. Die alte Hyperion hatte reagiert wie ein Vollblut und einen Konvoi von Handelsschiffen begleitet. Mehrere davon waren vollgestopft mit Soldaten: Verstärkungen oder Ersatz für die englischen Kompanien in der Karibik. Eher letzteres, dachte er düster. Soldaten starben hier draußen wie die Fliegen an dem einen oder anderen Fieber, ohne jemals den Knall einer französischen Muskete gehört zu haben.

Bolitho trat langsam an die Heckfenster, seine Augen gegen die grelle Sonne abschirmend. Wieder wurde er sich seines Grolls bewußt, seiner Abneigung gegen diese Garnison und seiner Verärgerung darüber, daß die Situation Diplomatie und Prunk verlangen würde, die aufzubieten er keine Lust hatte. Es hatte bereits mit dem vorgeschriebenen Salut begonnen. Sie wechselten Schuß um Schuß mit der nahen Küstenbatterie, über der sich die Unionsflagge in der feuchten Hitze nicht einmal kräuselte.

Er sah das Wachboot über seinem eigenen Spiegelbild dahingleiten, die Ruder eingelegt, während der Bootsoffizier auf das Ankern des Zweideckers wartete.

Ohne selbst oben an Deck zu sein, konnte Bolitho sich alles ausmalen: die Männer an den Brassen und Fallen, andere, die zu beiden Seiten auf den großen Rahen auslegten, um die gewaltigen Segel zu bändigen und zu falten, was von Land dann so aussah, als ob jeder Streifen Leinwand durch den Griff einer einzigen Hand verschwunden sei.

Land! Für den Seemann war es immer ein Traum, ein neues Abenteuer.

Bolitho warf einen Blick auf seine Galauniform, die auf einer Stuhllehne bereit hing. Als er vor Jahren hier das Kommando auf der Sparrow erhielt, hätte er nie eine Admiralsuniform für sich erwartet. Tod durch Unglücksfall oder durch eine Kanonenkugel, das ja, sogar Versagen. Denn Mangel an Gelegenheit sich auszuzeichnen oder die Gunst eines Admirals zu gewinnen, machte jede Beförderung zu einer schwer zu nehmenden Hürde.

Nun aber war der Admiralsrock eine Realität, geschmückt mit zwei Goldepauletten und den dazugehörenden Silbersternen. Und doch. Er strich die Haarsträhne über seinem rechten Auge zurück. Wie die tiefe Narbe auf seiner Stirn, wo ein Entermesser sein Leben beinahe beendet hätte, hatte sich nichts verändert. Nicht einmal die Ungewißheit.

Er hatte geglaubt, er würde in seine Rolle hineinwachsen, obgleich der Schritt vom Kommandanten zum Flaggoffizier der größte von allen war. Sir Richard Bolitho, Ritter des Bath-Ordens, Vizeadmiral der Roten Flotte und nach Nelson der jüngste auf der Admiralsliste. Er lächelte schwach. Der König hatte sich nicht einmal an seinen Namen erinnert, als er ihn adelte. Bolitho hatte es hingenommen, daß er nicht mehr mit dem täglichen Borddienst konfrontiert war, auch nicht auf den Schiffen, die seine Flagge trugen. Als Leutnant hatte er oft achtern die ferne Gestalt des Kommandanten gemustert, mit Ehrfurcht, wenn auch nicht immer mit Respekt. Als er dann selbst Kommandant war, hatte er oft wachgelegen, besorgt dem Wind und den Bordgeräuschen lauschend, und sich eisern zurückgehalten, um nicht an Deck zu stürzen, wenn er dachte, der Wachoffizier wäre den Gefahren nicht gewachsen. Es war ihm schwergefallen, Aufgaben an andere zu übertragen; aber wenigstens war er auf seinem eigenen Schiff gewesen. Für die Besatzung eines Kriegsschiffes kam der Kommandant gleich nach dem Herrgott. Und einige sagten unfreundlicherweise, daß dem nur wegen Gottes höherem Dienstalter so sei.

Doch als Flaggoffizier, als Admiral, hatte er über allem zu stehen, Kommandanten seines Geschwaders zu kontrollieren und ihre Kräfte dort einzusetzen, wo sie die beste Wirkung erzielten. Seine Macht war größer, aber auch seine Verantwortung. Nur wenige Flaggoffiziere erlaubten sich jemals zu vergessen, daß Admiral Byng wegen Feigheit von einem Exekutionskommando an Deck seines eigenen Flaggschiffes erschossen worden war.

Vielleicht hätte er sich mit dem hohen Rang und dem neuen Adelstitel zufriedengegeben und wäre seßhaft geworden, wenn sein Privatleben glücklicher gewesen wäre. Doch sofort wies er diese Gedanken von sich. Er tastete nach seinem linken Auge, massierte das Lid und starrte gezielt auf die vorbeischwenkende grüne Küste. Gottlob, er sah sie wieder scharf und klar. Doch das würde nicht so bleiben. Der Arzt in London hatte ihn gewarnt: Sein Auge benötige Ruhe, Behandlung und regelmäßige Fürsorge. Das hätte aber bedeutet, daß er an Land bleiben — schlimmer noch, daß er einen Posten im Innendienst der Admiralität annehmen mußte.

Warum also hatte er seine weitere Verwendung auf See erbeten, fast gefordert? Drei seiner Vorgesetzten hatten ihm bedeutet, daß er schon vor seinem letzten großen Sieg einen Posten in London mehr als verdient gehabt hätte. Und dennoch hatte er gefühlt, daß sie froh waren, als er ihre Angebote ablehnte.

Schicksal — das mußte es wohl sein. Er drehte sich in der großen Kajüte um und musterte die niedrige weiße Decke, die grünen Lederstühle, die Lamellentüren, die zu seinem Schlafraum führten oder auf den Vorraum hinaus, wo ein Wachtposten seinen Privatbereich rund um die Uhr abschirmte.

Er konnte sich gut an das letzte Mal erinnern, als er die Hyperion mit Mühe nach Plymouth gebracht hatte. An die starrende Menge, die sich am Ufer drängte, und an das Jubelgeschrei, mit dem man den heimkehrenden Sieger empfing. So viele waren gefallen, noch mehr für ihr Leben verkrüppelt nach dem Triumph über Lequillers Geschwader in der Biskaya. Und er dachte auch an die Eroberung seines großen HundertKanonen-Flaggschiffs Tornado, das er später als Flaggkapitän eines anderen Admirals führen sollte.

Aber es war dieses Schiff, dessen er sich am besten entsann: die Hyperion mit ihren vierundsiebzig Geschützen. Er war zu ihrem Liegeplatz in Plymouth gegangen, um ihr zum letztenmal Lebewohl zu sagen, wie er jedenfalls glaubte. Da lag sie, zerschlagen und von Kugeln aufgerissen, Takelage und Segel zerfetzt, die gesplitterten Decks von Blut befleckt. Es hieß, sie würde nie wieder kämpfen. Während sie sich bei schlechtem Wetter heimwärtsgequält hatte, sah es mehrmals so aus, als würde sie doch noch sinken. Als er sie im Dock so daliegen sah, hatte er fast gewünscht, sie hätte ihren Frieden auf dem Meeresgrund gefunden. Im weiteren Verlauf des Krieges, der sich verschärfte und ausweitete, hatte man sie zu einem schwimmenden Vorratslager gemacht. Mastenlos, ihre einstmals so belebten Batteriedecks mit Kisten und Kästen vollgepackt, war sie zu einem Teil des Arsenals geworden.

Die Hyperion war das erste Linienschiff gewesen, das Bolitho kommandierte. Damals wie heute war er im Herzen ein Mann der wendigeren Fregatten geblieben. Die Vorstellung, Kommandant eines Zweideckers zu werden, hatte ihn entsetzt. Aber er hatte trotzdem nicht gezögert, wenn auch aus anderen Gründen. Von einem Fieber heimgesucht, das ihn in der Südsee fast umgebracht hätte, war er an Land stationiert gewesen und hatte Mannschaften rekrutiert. Die Französische Revolution fegte wie ein Flächenbrand über den Kontinent. Als ob es gestern gewesen wäre, entsann er sich auch des Tages, als er sein Schiff in Gibraltar betreten hatte. Die Hyperion war alt und müde gewesen, trotzdem hatte sie ihn fasziniert, als hätten sie einander auf irgendeine Weise gebraucht.

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