Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos
Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos читать книгу онлайн
1804 — Im Herbst steht England allein gegen die Flotten Frankreichs und Spaniens. Wieder einmal h?ngt die Drohung einver Invasion ?ber der Insel. Um die Spanier zu schw?chen, wird Vizeadmiral Sir Richard Bolitho in die Karibik entsandt, wo er deren reichbeladenen Sibergaleeren kapern soll. Dabei k?mpft Bolitho so todesmutig, als h?tte er nichts mehr zu verlieren. Die Zerr?ttung seiner Ehe und seine drohende Erblindung haben ihn in tiefe Depressionen gest?rzt…
Внимание! Книга может содержать контент только для совершеннолетних. Для несовершеннолетних чтение данного контента СТРОГО ЗАПРЕЩЕНО! Если в книге присутствует наличие пропаганды ЛГБТ и другого, запрещенного контента - просьба написать на почту [email protected] для удаления материала
Bolitho sagte nichts. Der Generalinspekteur konnte ihm eine zusätzliche Last bei seiner Aufgabe sein. Es schien absurd, jemanden mit so hochtrabend klingendem Titel zu einer Inspektionsreise nach Westindien zu schicken, wenn England, allein im Kampf gegen Frankreich und die Flotten Spaniens stehend, täglich eine Invasion erwartete.
Bolithos Instruktionen besagten klar, daß er Viscount Somervell ohne Verzögerung zu treffen hätte, auch wenn dies bedeutete, daß er sich sofort zu einer anderen Insel begeben mußte, Jamaika eingeschlossen.
Doch der Gesuchte befand sich hier. Immerhin etwas.
Bolitho fühlte sich müde. Er hatte die meisten Offiziere und Beamten des Stützpunkts kennengelernt, zwei Schoner besichtigt, die für die Navy umgebaut wurden, und war bei den Batterien gewesen, wobei Jenour und Glassport Mühe gehabt hatten, mit ihm Schritt zu halten.
Er lächelte schwach. Dafür büßte er jetzt.
Glassport wartete, bis er an seinem Wein nippte, und bemerkte dann:»Es gibt einen kleinen Empfang für Sie heute abend, Sir Richard. «Er unterbrach sich, als er in die grauen Augen blickte.»Kaum dem Anlaß angemessen, aber er wurde erst arrangiert, nachdem man Ihr. äh, Flaggschiff gemeldet hatte.»
Bolitho merkte das Zögern. Noch einer, der an seinem Schiff zweifelte.
Glassport mochte eine Absage befürchtet haben, denn er haspelte weiter:»Viscount Somervell erwartet Sie.»
«Verstehe. «Ein Wink zu Jenour.»Informieren Sie den Kommandanten.»
Als der Leutnant sich abmeldete, sagte Bolitho:»Mein Bootssteurer soll es ihm ausrichten. Sie bleiben bei mir.»
Jenour nickte. Er lernte heute eine ganze Menge.
Bolitho wartete, bis Yovell ihm den nächsten Stapel Papiere brachte. Glassport sah ihm beim Umblättern zu.
Dies also war der Mann hinter der Legende, ein zweiter Nelson, sagten manche. Doch alle Welt wußte, daß Nelson höherenorts nicht sehr beliebt war. Er war der richtige Mann, um eine Flotte zu fuhren. Notwendig. Aber hinterher? Glassport studierte Bolithos gesenkten Kopf, die Strähne über dem Auge. Ein ernstes, empfindsames Gesicht, dachte er, das man sich in den Gefechten, über die er soviel gelesen hatte, schwer vorzustellen vermochte. Er wußte, Bolitho war mehrmals schwer verwundet worden und am Fieber fast gestorben. Aber insgesamt waren das nicht viele Informationen. Ritter des Bath-Ordens, aus einer guten alten Seefahrerfamilie stammend — und England sah in ihm einen Helden: all das, was Glassport gern gewesen wäre und gehabt hätte. Warum war er nach Antigua gekommen? Es bestand wenig oder gar keine Aussicht für ein Unternehmen zur See, selbst vorausgesetzt, die einzelnen Flottillen wurden verstärkt und ein Ersatz für die.
Er erschrak, als Bolitho gerade diesen Punkt berührte, als könnten die grauen, zwingenden Augen Gedanken lesen.
«Die Spanier haben uns die Fregatte Consort weggenommen?«Es hörte sich wie ein Vorwurf an.
«Vor zwei Monaten, Sir Richard. Sie strandete unter Beschuß. Einer meiner Schoner konnte den größten Teil ihrer Besatzung abbergen, ehe der Feind bei ihr war. Der Schoner machte seine Sache gut. Ich dachte, daß.»
«Und der Kommandant der Consort!».
«Befindet sich in St. John's, Sir Richard. Steht zur Verfügung des Kriegsgerichts.»
«Wirklich?«Bolitho erhob sich und wandte sich an den eintretenden Jenour.»Wir begeben uns nach St. John's.»
Jenour schluckte hart.»Gibt es eine Kutsche, Sir Richard?«Hilfesuchend schaute er Glassport an.
Bolitho griff zum Degen.»Aber bestimmt zwei Pferde, mein Junge.»
Sein plötzlicher Eifer überraschte ihn selber. War er lediglich ein Ablenkungsmanöver von anderen Sorgen?» Sie sind doch aus Hampshire, richtig?»
Jenour nickte.»Jawohl, das heißt.»
«In Hampshire kann man reiten. Zwei Pferde — sofort!»
Glassport starrte vom einen zum andern.»Aber der Empfang, Sir Richard. «Er schien entsetzt.
«Der Ausflug wird mir Appetit machen. «Bolitho lächelte.»Ich bin rechtzeitig zurück.»
Bolitho musterte forschend sein Gesicht im Wandspiegel, dann strich er sich die lose Strähne aus der Stirn. Im Spiegel sah er auch Allday und Ozzard, die ihn besorgt beäugten, während sich Stephen Jenour nach ihrem Ritt das Hinterteil massierte.
Der Ausflug war heiß und staubig gewesen, aber zunächst unerwartet heiter. Allein schon die Gesichter der Passanten, als sie an ihnen vorüber durch den diesigen Sonnenschein galoppierten, waren sehenswert.
Nun war es dunkel, die Dämmerung setzte auf den Inseln früh ein. Bolitho musterte sich sorgfältig, während sein Ohr schon den Klang der Violinen und das dumpfe Gemurmel aus dem Salon auffing, in dem der Empfang stattfand. Ozzard hatte ihm frische Strümpfe von Bord gebracht, Allday den Repräsentationsdegen und ihn gegen das alte Erbstück, das Bolitho trug, ausgewechselt.
Bolitho seufzte. Die meisten Kerzen wurden durch hohe Sturmgläser geschützt, daher war die Beleuchtung nicht zu grell.
So blieben vielleicht sein zerknittertes Hemd und die Schmutzflecken, die der Sattel auf seinen Breeches hinterlassen hatte, unbemerkt. Sie hatten keine Zeit gefunden, noch zur Hyperion zurückzukehren. Verdammter Glassport und sein Empfang! Bolitho hätte viel lieber in seiner Kajüte alles durchdacht, was der Fregattenkommandant ihm mitgeteilt hatte.
Commander Matthew Price war für die Führung eines so schönen Schiffes noch reichlich jung. Die Consort mit ihren sechsunddreißig Geschützen hatte sich zwischen einigen Untiefen vor Venezuela durchgewunden, als sie von einer Küstenbatterie unter Feuer genommen wurde. Unglücklicherweise stand sie so dicht unter Land, daß sie auf Grund geriet. Es war schon so, wie Glassport berichtet hatte: Ein Schoner hatte den Großteil der Besatzung abgeborgen, mußte sich aber davonmachen, als ein spanisches Kriegsschiff auf der Bildfläche erschien.
Commander Price saß in seinem Alter noch auf keiner Kapitänsplanstelle, und wenn das Kriegsgericht gegen ihn entschied, was sehr wahrscheinlich war, mußte er alles verlieren. Bestenfalls würde man ihn zum Leutnant zurückstufen. Der schlimmste Fall war nicht auszudenken.
Während Price in einem kleinen, regierungseigenen Haus die Verhandlung erwartete, hatte er viel zu bedenken. Nicht zuletzt, daß Gefangenschaft oder gar der Tod im Gefecht besser für ihn gewesen wären. Denn sein Schiff war wieder flottgemacht worden und gehörte nun zum Geschwader Seiner Allerkatholischsten Majestät in La Guaira auf dem spanischen Festland. Fregatten aber waren ihr Gewicht in Gold wert, und England bedurfte ihrer immer dringender. Als Bolitho noch im Mittelmeer diente, waren zwischen Gibraltar und der Levante nur sechs Fregatten verfügbar gewesen. Der Vorsitzende der Kriegsgerichtsverhandlung würde dies bei seinen Erwägungen nicht ignorieren können.
In seiner Verzweiflung hatte der junge Kommandant den Vizeadmiral gefragt, was wohl bei der Verhandlung herauskommen würde. Bolitho hatte ihm gesagt, er müsse erwarten, die Spitze des Degens auf dem Tisch gegen sich gerichtet zu sehen. Sein Schiff aufs Spiel zu setzen, war eine Sache, es an den verhaßten Feind zu verlieren, war eine völlig andere. Er konnte Price nichts vormachen, das Urteil vermochte er nicht zu beeinflussen. Price hatte viel riskiert, um die spanische Stärke zu erkunden. Zusammen mit dem, was Bolitho schon wußte, konnten seine Informationen äußerst wertvoll sein. Aber dem Kommandanten der Consort würde das jetzt nicht helfen. Eine Standuhr schlug.
Bolitho sagte:»Ich glaube, es ist Zeit. Sind unsere Offiziere schon da?»
Jenour nickte und zuckte zusammen, als der Schmerz wieder durch seine Schenkel und Hüften schoß. Der Admiral war ein prächtiger Reiter, und das gleiche hatte er auch von sich selbst gedacht. Bolithos kleiner Scherz über die Leute aus Hampshire hatte ihn angespornt, doch zu keiner Zeit hatte er Bolithos Tempo halten können. Er entgegnete:»Der Erste Leutnant traf mit ihnen ein, als Sie sich umkleideten, Sir Richard.»