Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos
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1804 — Im Herbst steht England allein gegen die Flotten Frankreichs und Spaniens. Wieder einmal h?ngt die Drohung einver Invasion ?ber der Insel. Um die Spanier zu schw?chen, wird Vizeadmiral Sir Richard Bolitho in die Karibik entsandt, wo er deren reichbeladenen Sibergaleeren kapern soll. Dabei k?mpft Bolitho so todesmutig, als h?tte er nichts mehr zu verlieren. Die Zerr?ttung seiner Ehe und seine drohende Erblindung haben ihn in tiefe Depressionen gest?rzt…
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Bolitho schwang sich ins Want und fühlte bei jedem Schritt die Webeleinen unter sich zittern, während das große Signalglas wie ein schwerer Köcher gegen seine Hüfte schlug. Es war leichter als gedacht, aber auf der Marssaling ließ er es genug sein. Die Marines hier oben machten ihm Platz, knufften einander und grinsten. Bolitho kannte den Korporal bei Namen, einen grimmig aussehenden Mann, der Wilderer gewesen war, ehe er in das Korps der Seesoldaten eintrat. Keinen Moment zu früh, hatte Major Adams dunkel angedeutet.
«Wo ist die Upholder, Korporal Rogate?»
«Dort drüben, Sir, an Backbord!»
Bolitho stützte das lange Teleskop auf und sah die Rahen und das kleine Achterdeck der Brigg in sein Blickfeld gleiten. Gestalten bewegten sich schief an Deck, indes das Schiff so weit überholte, daß man den im frühen Sonnenschein glänzenden Kupferboden erblickte. Bolitho wartete, bis sich Hyperion im Seegang aufrichtete und der Kreuzmast nicht mehr zitterte. Dann enthüllte das scharfe Glas jenseits von Upholder eine bräunliche Segelpyramide: die wartende Thor.
Er setzte das Fernglas ab und ordnete seine Gedanken. War er von Anfang an entschlossen gewesen, den Angriff selbst zu führen? Wenn die Sache schiefging, würde man ihn gefangennehmen oder… Er verzog den Mund. Das Oder war es nicht wert, daran zu denken.
Bolitho wußte sehr wohl, auch wenn er einen anderen Offizier mit dem Kommando betraute und der Angriff mißglückte, würde man ihm die Schuld zuschreiben. Die nächsten Monate waren für England zu wichtig, besonders für die Flotte. Und Führerschaft und Vertrauen gingen Hand in Hand. Aber für die meisten Seeleute unter seinem Befehl war er noch ein Fremder und mußte ihr Vertrauen erst erwerben. Gehörte Todessehnsucht etwa auch zu seinen Motiven? Unwillig verwarf er den Gedanken.
Er richtete sein Augenmerk wieder auf die stämmige Brigg, wie sie sich duckte und über die steilen Wellen stieg. In Gedanken sah er bereits das Land. Der Ankerplatz von La Guaira bestand hauptsächlich aus einer offenen Reede vor der Stadt. Sie wurde durch mehrere Forts verteidigt. Einige davon waren wegen der kommenden und gehenden Schatzschiffe ganz neu angelegt. Obwohl La Guaira nur etwa sechs Meilen von der Hauptstadt Caracas entfernt war, konnte man diese einzig über eine gewundene und etwa viermal so lange Bergstraße erreichen.
Sobald man die Hyperion und ihre Begleitschiffe von Land aus sichtete, würden die Spanier schleunigst die Hauptstadt benachrichtigen. Aber wegen der damit verbundenen Verzögerung könnte La Guaira ebensogut eine Insel sein, dachte Bolitho. Alle die von Handelsschiffen und Blockadebrechern gesammelten Informationen wiesen darauf hin, daß man die gekaperte Fregatte Consort nach Puerto Cabello gebracht hatte, siebzig Meilen weiter westlich an der Küste. Sie hatte er absichtlich als sein Motiv herausstellen lassen. Doch wenn die Spanier nicht glaubten, daß die britischen Kriegsschiffe allein wegen der Fregatte gekommen waren? Es hing so viel von Prices Karten und Beobachtungen ab — und vor allem vom Glück.
Er schaute zum Deck hinunter und biß sich auf die Lippen. Auch vor neun Jahren, als er die alte Hyperion geführt hatte, hätte er keinen Untergebenen mit einer solchen Mission beauftragt. Er wandte sich an die Seesoldaten.»Bald gibt es Arbeit für euch, Kinder.»
Als er sich von der Saling hinunterschwang, sah er immer noch ihre grinsenden Gesichter vor sich. Es war ja so leicht: ein gutes Wort, ein Lächeln, und sie würden für ihn sterben. Das machte ihn traurig und bescheiden zugleich.
Bis er unten ankam, war er sich über alles klar geworden.
«Gut denn, in einer Stunde ändern wir Kurs nach Südwest. Upholder und Tetrarch sollen dichter unter Land kreuzen. Wir selbst wollen den Dons nicht so nahekommen, daß sie unsere Stärke erkennen.»
Alle nickten beifällig, nur Segelmeister Penhaligon lächelte sauer. Bolitho setzte hinzu:»Oder unsere Schwäche. Thor soll sich zusammen mit Vesta in Luv von uns halten. Geben Sie mir Bescheid, wenn es hell genug ist, um zu signalisieren.»
Er schritt zum Poopdeck und blieb noch einmal stehen.»Kapitän Haven, einen Augenblick, wenn ich bitten darf.»
In der großen Kajüte fiel das zunehmende Sonnenlicht durch das getrocknete Salz auf den Heckfenstern und malte seltsame Muster auf den Boden. Das Schiff hatte bereits vor Tagesanbruch klar zum Gefecht gemacht. In Bolithos Unterkunft waren Vorhänge, Verkleidungen und spanische Wände abgenommen und das Mobiliar zur Sicherheit in die unteren Räume gebracht worden. Er musterte die schwarzen Rohre der Neunpfünder vor den geschlossenen Stückpforten zu beiden Seiten der Kajüte. Diese zwei Schönen hatten nun den Raum für sich.
Haven stand breitbeinig da, den Hut in beiden Händen. Bolitho hatte ihm den Rücken zugekehrt und sah durch das verschmierte Glas auf die See hinaus.
«Ich habe die Absicht, mich in der Abenddämmerung auf Thor einzuschiffen«, begann Bolitho.»Sie übernehmen die Hyperion, zusammen mit Vesta und Tetrarch. Beim ersten Tageslicht morgen früh sollten Sie vor Puerto Cabello stehen. Der Feind wird überzeugt sein, daß Sie einen Angriff beabsichtigen. Man wird Ihre volle Kampfkraft nicht erkennen — bisher sind wir noch unentdeckt geblieben.»
Er drehte sich um und sah gerade noch rechtzeitig, daß der Kommandant seinen Hut zerknüllte. Bolitho hatte einen Gefühlsausbruch oder Gegenvorschlag erwartet, doch Haven sagte nichts, sondern starrte ihn nur an, als ob er sich verhört hätte.
Bolitho sprach ruhig weiter.»Es gibt keinen anderen Weg. Wenn wir ein Schatzschiff kapern oder vernichten wollen, geht das nur, während es vor Anker liegt. Denn wir haben zu wenig Schiffe für eine ausgedehnte Suche, sollte es an uns vorbeischlüpfen.»
Haven schluckte hart.»Sie wollen selbst mit nach La Guaira gehen, Sir? In meinem Leben habe ich so was noch nicht gehört.»
«Mit Gottes Hilfe und einem bißchen Glück, Kapitän Haven, sollte ich bei den Untiefen westlich von La Guaira stehen, wenn Sie Ihre Scheinattacke gegen Puerto Cabello fahren. «Er sah ihn fest an.»Setzen Sie aber nicht Ihre Schiffe aufs Spiel. Sollte ein feindlicher Verband erscheinen, werden Sie das Unternehmen abbrechen und sich entfernen. Noch ist der Wind ein stetiger Nordwest. Mr. Penhaligon glaubt aber, daß er räumen wird, das wäre zu Ihrem Vorteil.»
Haven sah sich um, als suche er einen Ausweg.»Er könnte sich irren, Sir.»
Bolitho erklärte achselzuckend:»Ich würde nicht wagen, anderer Meinung zu sein als er. «Doch sein Versuch, die Spannung zu durchbrechen, war vergeblich; Haven stieß hervor:»Wenn ich zum Rückzug gezwungen werde, wer wird mir glauben, daß.»
Bolitho verbarg seine Enttäuschung.»Ich lasse Ihnen die entsprechenden Befehle schriftlich ausstellen. Man wird Ihnen keine Schuld geben.»
«Danke. Aber ich habe es nicht nur zu meinem eigenen Besten erwähnt, Sir.»
Bolitho setzte sich.»Ich wünsche dreißig Seeleute aus Ihrer Mannschaft, ferner einen Offizier, den sie gut kennen und der sie kommandiert.»
Haven reagierte rasch.»Darf ich den Ersten Leutnant vorschlagen, Sir?»
Ihre Blicke trafen sich. Bolitho bejahte, das hatte er erwartet.»Einverstanden.»
Draußen an Deck erklangen Befehle, und Haven wollte zur Tür. Bolitho rief ihn abrupt zurück:»Ich bin noch nicht fertig.»
Havens Betragen brachte ihn fast um seine Selbstbeherrschung.»Wenn der Feind mit einer Übermacht gegen Sie vorgeht, haben Sie keine Möglichkeit, meinen Rückzug aus La Guaira zu decken.»
Haven hob trotzig das Kinn.»Wie Sie meinen, Sir Richard.»
«In diesem Falle schreiben Sie uns ab und übernehmen die Führung der Flottille.»
«Darf ich fragen, was Sie tun werden, Sir?»
Bolitho erhob sich.»Das, wozu ich hergekommen bin.»
Er ahnte, daß Allday hinter der Tür mithörte. Nun, er wußte, weshalb er ihn nicht zur Thor begleiten sollte.