Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio
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Richard Bolitho ist Leutnant geworden und l?uft 1774 als Dritter Offizier auf der Fregatte 'Destiny' nach Rio de Janeiro aus. Ihr Auftrag ist die Suche nach einem verschwundenen Goldtransporter, denn die Admiralit?t in London bef?rchtet, da? mit diesem Gold der Aufstand in den jungen amerikanischen Kolonien unterst?tzt wird. Am schweren Borddienst unter einem harten Kommandanten, am j?hen Tod guter Freunde, aber auch an einer ersten Liebe reift Richard Bolitho zu dem Mann heran, der den sp?teren Seehelden schon ahnen l??t. Dieser Roman steht chronologisch an vierter Stelle der inzwischen auf dreiundzwanzig Titel angewachsenen marinehistorischen Romanserie um den Seehelden Richard Bolitho.
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Dumaresq fuhr fort:»Eines ist sicher: Kommodore Anson mag ein mutiger Mann gewesen sein, aber was ihm für die Gesunderhaltung seiner Besatzungen einfiel, war mehr als bescheiden. «Er schaute seinen rundlichen Schiffsarzt an und erlaubte seinen Zügen, sich zu entspannen.»Anders als bei uns. Aber vielleicht hatte er keine erfahrenen Ärzte, die ihn beraten konnten.»
Einige kicherten, und Bolitho nahm an, die Bemerkung war zur allgemeinen Entspannung eingeflochten worden.
Dumaresq fuhr fort:»Mag dem gewesen sein, wie es will, jedenfalls hatte Anson innerhalb von drei Jahren alle Schiffe seines Geschwaders außer der Centurion eingebüßt und dreizehnhundert seiner Leute auf See bestattet. Die meisten starben an Seuchen, Skorbut und schlechter Ernährung. Es ist anzunehmen, daß man Anson vor ein Kriegsgericht gestellt hätte, auch wenn er ohne weitere Zwischenfälle heimgekommen wäre.»
Rhodes rutschte auf seinem Stuhl, und seine Augen glänzten, als er Bolitho zuflüsterte:»So etwas habe ich mir doch gedacht, Dick.»
Ein Blick von Dumaresq unterband, was Rhodes sonst noch hatte mitteilen wollen.
Der Kommandant schnippte unsichtbaren Staub von seiner Weste.»Anson stieß auf ein spanisches Schatzschiff, das mit Goldbarren im Schätzwert von über einer Million Guineen heimwärts segelte.»
Bolitho erinnerte sich dunkel, daß er etwas von dem Vorfall gelesen hatte. Anson hatte das Schiff nach kurzem Gefecht genommen. Er hatte seine Aktion zeitweise sogar unterbrochen, damit die Spanier ein Feuer, das in ihrer Takelage ausgebrochen war, löschen konnten. Er war nämlich erpicht darauf gewesen, das Schatzschiff — die Nuestra Senora de Covadonga — intakt in die Hand zu bekommen. Prisengerichte und die Gewaltigen der Admiralität hatten seit langem auf solch einen Erfolg gewartet, der ihnen wichtiger war als die Menschenleben, die seinetwegen verloren wurden.
Dumaresq hob den Kopf und gab seine entspannte Haltung einen Augenblick auf. Auch Bolitho hörte den Ruf vom Ausguck im Masttopp, der ein entferntes Segel in Richtung Nord meldete. Sie hatten es schon zweimal an diesem Tag gesichtet, denn es war unwahrscheinlich, daß sich mehr als ein fremdes Schiff auf diesem abgelegenen Kurs befand.
Der Kommandant zuckte mit den Schultern.»Später. «Er verbreitete sich nicht weiter darüber, sondern fuhr fort:»Bis vor kurzem war nicht bekannt, daß damals ein zweites Schatzschiff nach Spanien unterwegs war. Es war die Asturias, und sie war größer als Ansons Prise und schwerer beladen. «Er warf dem Arzt einen Blick zu.»Ich sehe, Sie haben davon gehört?»
Bulkley lehnte sich zurück und verschränkte die Hände über seinem ansehnlichen Bauch.»Das habe ich, Sir. Die Asturias wurde von einem britischen Freibeuter unter dem Kommando eines jungen Mannes aus Dorset, Kapitän Piers Garrick, angegriffen. Sein königlicher Kaperbrief rettete ihn mehrmals vor dem Galgen, an dem er als gemeiner Pirat gelandet wäre, und heute ist er Sir Piers Garrick, ein hochangesehener Mann und bis vor kurzem Inhaber mehrerer Regierungsämter in der Karibik.»
Dumaresq lächelte ingrimmig.»Das ist wahr, aber ich empfehle, daß Sie Ihre sonstigen Vermutungen auf den Bereich der Offiziersmesse beschränken. Die Asturias wurde nie gefunden, und Garricks Freibeuter wurde bei der Auseinandersetzung so schwer beschädigt, daß er ebenfalls aufgegeben werden mußte.»
Er schaute irritiert in die Runde, als der Posten vor der Kajüte durch die Tür rief:»Midshipman der Wache, Sir!»
Bolitho konnte sich die Aufregung auf dem Achterdeck vorstellen: Sollten sie die Zusammenkunft unter ihren Füßen stören und Duma-resqs Unwillen in Kauf nehmen? Oder sollten sie das Verhalten des fremden Schiffes einfach in die Logkladde eintragen und das Beste hoffen?
Dumaresq sagte:»Soll hereinkommen!«Er schien seine Stimme nicht ein bißchen zu heben, und doch drang sie mühelos bis zum vorderen Teil der Kajüte.
Es war Midshipman Cowdroy, ein sechzehn Jahre alter Bursche, den Dumaresq schon einmal wegen unnötiger Strenge gegen Leute seiner Wache bestraft hatte.
Er sagte:»Meldung von Mr. Slade, Sir: Der Ausguck hat das fremde Segel wieder in nördlicher Richtung gesichtet. «Er schluckte vor Aufregung und schien unter dem Blick des Kommandanten zusammenzuschrumpfen.
Dumaresq sagte schließlich:»Verstanden. Aber wir werden nichts unternehmen. «Als die Tür sich hinter Cowdroy geschlossen hatte, setzte er hinzu:»Obwohl ich annehme, daß der Fremde nicht rein zufällig hinter uns hersegelt.»
Auf der Back wurde die Schiffsglocke angeschlagen. Dumaresq fuhr unbeirrt fort:»Nach neuesten, zuverlässigen Informationen ist der größte Teil des Schatzes noch vorhanden: eineinhalb Millionen in Goldbarren.»
Sie starrten ihn an, als hätte er eine ungeheuerliche Obszönität von sich gegeben.
Rhodes faßte sich als erster.»Und wir sollen ihn finden, Sir?»
Dumaresq lächelte ihn an.»Wie Sie es ausdrücken, klingt es sehr einfach, Mr. Rhodes, und vielleicht finden wir ihn auch einfach so. Aber solch ein riesiger Schatz hat sicherlich bereits einiges Aufsehen erregt. Die Dons werden ihn als rechtmäßiges Eigentum reklamieren. Ein Prisengericht wird dagegen vielleicht argumentieren, daß das Schiff bereits von Garrick erobert war, bevor es flüchten und sich verbergen konnte. Der Goldschatz sei damit Eigentum Seiner Britischen Majestät. «Er senkte die Stimme.»Und dann gibt es noch andere, die gern die Hand darauf legen und einen Fall daraus machen würden, der uns nichts als Unheil bringen dürfte. So, meine Herren, jetzt wissen Sie Bescheid. Unser Auftrag heißt nach außen hin, daß wir einen Auftrag des Königs erledigen. Aber wenn die Nachricht von dem Schatz sich plötzlich überall herumgesprochen hat, möchte ich wissen, wer dahintersteckt.»
Palliser erhob sich, vergaß dabei aber nicht, den Kopf einzuziehen, der sonst an die Decksbalken gestoßen wäre. Die übrigen taten es ihm nach.
Dumaresq wandte sich um und schaute auf die glitzernde See, die sich achteraus bis zum Horizont erstreckte.
«Wir segeln zunächst nach Rio. Dort hoffe ich, mehr zu erfahren.»
Bolitho hielt den Atem an. Südamerika, Rio de Janeiro, das lag über fünftausend Meilen von Falmouth entfernt. So weit weg von zu Hause war er noch nie gewesen.
Als sie Anstalten machten zu gehen, sagte Dumaresq:»Mr. Palliser und Mr. Gulliver bleiben noch hier.»
Palliser rief Bolitho nach:»Übernehmen Sie bitte meine Wache, bis ich Sie ablöse!»
Sie verließen die Kajüte, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Ihr ferner Bestimmungsort würde den Matrosen ziemlich gleichgültig sein. Ob nah oder fern, überall war Ozean, immer blieb das Schiff sich gleich. Da mußten Segel gesetzt, getrimmt, geborgen werden — was auch geschah, am harten Leben des Seemanns änderte sich nicht viel, ob nun England oder die Arktis ihr Ziel war. Aber wenn erst das Gerücht über einen Goldschatz im Schiff herum war, mochte sich manches ändern.
Als er zum Achterdeck hinaufstieg, bemerkte Bolitho, daß die Leute, die sich zur Wachablösung versammelten, ihn neugierig anschauten, aber wegsahen, wenn sein Blick auf sie fiel. Es hatte den Anschein, daß sie schon alles wußten.
Slade berührte seinen Hut:»Die Wache ist angetreten, Sir.»
Er war ein harter Steuermannsmaat und bei vielen Leuten unbeliebt, besonders bei denen, die seinen hohen Anforderungen an seemännisches Können nicht gerecht wurden.
Bolitho wartete, daß die Leute am Ruderrad abgelöst wurden, der übliche Vorgang bei Übergabe einer Wache. Ein Blick dann nach oben zum Stand der Segel und Rahen, Überprüfung des Kompasses und der Notizen, die der Midshipman der Wache mit Kreide auf eine Schiefertafel geschrieben hatte.
Gulliver kam an Deck und preßte die Handflächen zusammen wie immer, wenn er nervös war.
Slade fragte:»Schwierigkeiten, Sir?»
Gulliver sah ihn nachdenklich an. Es war zu kurze Zeit her, daß er selber sich noch in Slades Stellung befunden hatte, um die Bemerkung als harmlos anzusehen. Wollte Slade sich damit beliebt machen? Oder sollte anklingen, daß er sich schon den Offizieren der Messe zugehörig fühlte?