Der Wiedersacher
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Auf der Suche nach einer Tankstelle sto?en Brenner und Astrid auf ein seltsames, uraltes Kloster, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Doch allzuschnell holt sie die Gegenwart ein. ?ber ihren H?uptern bricht ein flammendes Inferno aus, als ein arabischer Terrorist und die US-Luftwaffe sich ein letztes Gefecht liefern. Danach geschehen Zeichen und Wunder: Menschen, die Brenner vergl?hen sah, sind noch am Leben, und ein unheimlicher Priester enth?llt ihm die unglaubliche Kunde, da? das Ende der Welt angebrochen sei und der Widersacher nun auf Erden wandle.
"Mit diesem neuen Roman wird Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein seine Fan-Gemeinde sicher noch vergr??ern k?nnen. Die irrwitzige Mischung aus Spannung, Fantasy und Horror l??t den Leser eintauchen in eine atemberaubene Lekt?re, von der man nicht so schnell los kommt." Berliner Morgenpost
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Vielleicht war es auch gut so, denn sonst hätten weder er noch Salid gesehen, was sich in diesem Augenblick unten auf der Straße abspielte. Noch während Salid auf ihn zusprang, um ihn vom Fenster wegzuzerren, wurde die Tür unter ihnen aufgerissen, und eine Gestalt in einem hellen Trenchcoat stolperte aus dem Haus. Sofort richtete sich der Scheinwerferstrahl direkt auf den Mann, der noch zwei, drei Schritte weitertaumelte und instinktiv die Hände vor das Gesicht riß.
Aus den Schatten auf der anderen Straßenseite stach grelles Mündungsfeuer. Die Gestalt wurde getroffen und zurückgeworfen, und im gleichen Moment fühlte sich auch Brenner von starken Händen gepackt und so wuchtig zu Boden geschleudert, daß ihm die Luft wegblieb. Dort, wo er gerade noch gestanden hatte, stoben plötzlich Holzsplitter und grauer Qualm aus dem Fensterrahmen.
»Untenbleiben! « Salid zerrte ihn grob an der Schulter mit sich, bis sie das Bett zwischen sich und das Fenster gebracht hatten, erst dann richtete er sich auf Hände und Knie hoch und gestattete auch Brenner, sich aufzusetzen.
»Sind Sie verrückt geworden?« schrie er. »Was sollte das? Wollen Sie sterben?«
»Sie … sie haben ihn einfach erschossen! « murmelte Brenner. »Es war einer von ihnen! Sie haben nicht einmal abgewartet, bis sie ihn erkennen konnten! «
Plötzlich erstrahlte das Zimmer in grellweißer Helligkeit, und gleichzeitig steigerte sich der Sturm, der durch das zerborstene Fenster hereinfauchte, zu einem tobenden Orkan. Der Helikopter näherte sich dem Haus.
»Raus hier!« schrie Salid. »Schnell!«
Brenner las die Worte nur von seinen Lippen ab; das Heulen der Rotorblätter verschlang jedes andere Geräusch. Aber er sah, wie die dem Fenster gegenüber liegende Wand plötzlich in einer weißgrauen Staubexplosion verschwand. Etwas traf das Bett hinter ihm und ließ es wie unter Faustschlägen erzittern, und wirbelnde weiße Federn mischten sich in die Staubwolke. Salid versetzte ihm einen Stoß, der ihn fast bis auf den Flur hinaus schlittern ließ, folgte ihm mit einem regelrechten Hechtsprung und robbte auf Händen und Knien bis zur nächsten Tür auf der gegenüber liegenden Seite. Erst dort richtete er sich wieder auf und gestikulierte Johannes und ihm hastig zu, ihm nachzukommen. Als Brenner ihm folgte und dabei einen Blick über die Schulter zurückwarf, sah er, wie die lautlose Zerstörung sich über das gesamte Zimmer ausbreitete, in dem sie gerade noch gewesen waren: das Waschbecken neben der Tür explodierte in Millionen Bruchstücke, dann zerbarsten das Bett und die übrigen Möbelstücke. So völlig absurd der Gedanke auch Brenner selbst erschien, es gab nur eine einzige Erklärung dafür: Irgend jemand feuerte mit einem Maschinengewehr durch das Fenster herein; wahrscheinlich aus dem Helikopter, der nun unmittelbar vor dem Haus schwebte.
Salid mußte ihn erneut am Arm packen und unsanft zu sich heranzerren, ersparte sich aber diesmal jeden Kommentar, sondern warf nur die Tür ins Schloß und eilte dann mit zwei gewaltigen Schritten zum Fenster. Nachdem er sich mit einem raschen Blick davon überzeugt hatte, daß von dort keine unmittelbare Gefahr drohte, drehte er sich wieder zu Brenner und Johannes herum und sah sie nacheinander und kopfschüttelnd an. »Hört mir zu«, sagte er. »Ich bringe euch hier heraus, aber das geht nur, wenn ihr tut, was ich sage. Keine Extratouren und keine Fragen. Die Jungs da draußen meinen es ernst! «
Brenner hatte das unangenehme Gefühl, daß diese Worte im Grunde nur ihm galten, aber es war Johannes, der antwortete:
»Aber das ist doch … Wahnsinn! « stammelte er. »Sie können nicht einfach auf uns schießen. Wir haben nichts getan! « »Ich fürchte, das interessiert die Männer dort draußen nicht«, erwiderte Salid ernst.
»Aber das kann nicht sein! « antwortete Johannes. Seine Stimme zitterte und war schrill und mißtönend. Er war kurz davor, in Panik auszubrechen. »Wir haben nichts damit zu tun! Wir sind nur – «
»Unschuldige?« Salid lachte hart. »Gerade Sie sollten doch wissen, daß es so etwas wie Unschuld nicht gibt. «
»Hören Sie auf! « keuchte Johannes. Er trat auf Salid zu und hob die Hände, als wolle er sich auf ihn stürzen. »Wir haben mit dem Ganzen nichts zu tun! Sie jagen Sie, aber nicht uns! «
»Sind Sie sicher?« fragte Salid leise.
Johannes starrte ihn an. »Was … was meinen Sie damit?« »Vielleicht wissen wir alle drei schon zuviel«, erwiderte Salid. Er schwieg einen Moment, und als er weitersprach, war seine Stimme hörbar leiser geworden. »Verzeihen Sie. Ich … rede wahrscheinlich Unsinn. Es tut mir leid, daß ich Sie in diese Situation gebracht habe. Ich würde mich stellen, wenn ich genau wüßte, daß ich Sie und Brenner damit rette, aber ich fürchte, das würde nichts nutzen.« Er machte eine Handbewegung zurTür hin. »Sie haben gesehen, was passiert ist.« Johannes' Lippen begannen zu beben. Seine Augen wurden noch größer. Sie waren jetzt fast schwarz vor Furcht. »Sie … Sie meinen – «
»Er meint, daß die Männer dort draußen dafür sorgen werden, daß keiner von uns das Haus lebend verläßt«, unterbrach ihn Brenner. Er hatte nicht die Kraft, Johannes bei diesen Worten direkt anzusehen, aber er las in Salids Augen, daß er der Wahrheit damit wohl ziemlich nahe gekommen war.
»Warum?« fragte er.
Salid sah ihn für die Dauer eines langen Atemzuges schweigend und mit einer Mischung ausTrauer und Ernst an.
Er drehte sich zum Fenster und warf einen sichernden Blick nach draußen, ehe er antwortete.
»Ein amerikanischer CIA-Agent, der mir seit langem auf der Spur ist. Ich kenne nicht einmal seinen Namen. Er hat die Leute aufgehetzt.«
»Unsinn!« sagte Brenner. Er gestikulierte fast wütend in Richtung des Fensters. »Was geht dort draußen vor, Salid? Wer sind diese Männer? Warum jagen sie Sie wirklich?«
»Haben Sie keine Nachrichten gehört?« fragte Salid. »Die Katastrophe vor drei Tagen war meine Schuld. Wenigstens ist das die offizielle Version.«
»Und was war es?«
»Ein harmloses Glasröhrchen mit einer farblosen Flüssigkeit in einem angeblich drucksicheren Behälter, aus dem Safe einer geheimen amerikanischen Airforce-Basis«, erklärte Salid. »Der Behälter muß mit dem Kloster in die Luft gegangen sein. Ein Zeug, wie es die Amerikaner nach eigenen Angaben überhaupt nicht besitzen.«
»Das ist kein Grund, hier einen Krieg vom Zaun zu brechen«, behauptete Brenner. »Mein Gott, wir sind hier nicht im Wilden Westen! Sie schießen mit Maschinengewehren! Sie … sie fliegen einen Hubschrauberangriff auf ein Wohnhaus, mitten in einer Großstadt! «
Zu seiner Verblüffung lächelte Salid. »Oh, ich verstehe«, sagte er. »Sie meinen, nicht einmal die CIA würde es wagen, so etwas zu tun? Aus Angst vor diplomatischen Verwicklungen?« Er lachte. Umständlich legte er die Maschinenpistole auf das Bett, griff in die Innentasche seiner Jacke und zog drei eng zusammengefaltete, schreibmaschinenbeschriftete Blätter heraus, die offensichtlich roh aus einem Hefter herausgerissen worden waren, denn ihre linke Kante war ausgefranst. Brenner konnte den Text nicht identifizieren, aber er hätte schon so gut wie blind sein müssen, um den leuchtendroten diagonalen Streifen und den grellen Aufdruck TOP SECRET darin zu übersehen.
»Sie würden noch ganz andere Dinge riskieren als ein paar diplomatische Konsequenzen, um zu verhindern, daß das hier an die Öffentlichkeit dringt«, sagte Salid.
»Wieso?« fragte Johannes. Er wollte nach den Blättern greifen, aber Salid zog rasch die Hand zurück und griff erneut in die Jackentasche. Diesmal zog er ein Feuerzeug hervor.
»Der Beweis«, antwortete er. »Der Grund, aus dem ich in Ihr kaltes Land gekommen bin. Diese drei harmlosen Blätter würden ausreichen, um einen Krieg auszulösen, glauben Sie mir.«
»Was steht darauf?« fragte Johannes.
Salid schüttelte den Kopf. »Es ist besser, wenn Sie das nicht zu genau wissen.« Und damit ließ er das Feuerzeug aufschnappen und hielt die Flamme an die Blätter. Das Papier kräuselte sich und wurde braun, fing aber nicht sofort Feuer, so daß Salid seinen Versuch insgesamt dreimal wiederholen mußte, ehe die Blätter mit gelben, heftig rußenden Flämmchen zu brennen begannen. Ein beißender Gestank nach schmorendem Kunststoff begann sich im Zimmer auszubreiten.