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Der Wiedersacher

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Der Wiedersacher
Название: Der Wiedersacher
Автор: Hohlbein Wolfgang
Дата добавления: 16 январь 2020
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Der Wiedersacher - читать бесплатно онлайн , автор Hohlbein Wolfgang

Auf der Suche nach einer Tankstelle sto?en Brenner und Astrid auf ein seltsames, uraltes Kloster, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Doch allzuschnell holt sie die Gegenwart ein. ?ber ihren H?uptern bricht ein flammendes Inferno aus, als ein arabischer Terrorist und die US-Luftwaffe sich ein letztes Gefecht liefern. Danach geschehen Zeichen und Wunder: Menschen, die Brenner vergl?hen sah, sind noch am Leben, und ein unheimlicher Priester enth?llt ihm die unglaubliche Kunde, da? das Ende der Welt angebrochen sei und der Widersacher nun auf Erden wandle.

"Mit diesem neuen Roman wird Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein seine Fan-Gemeinde sicher noch vergr??ern k?nnen. Die irrwitzige Mischung aus Spannung, Fantasy und Horror l??t den Leser eintauchen in eine atemberaubene Lekt?re, von der man nicht so schnell los kommt." Berliner Morgenpost

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Salid runzelte die Stirn. »Dort war niemand.«

Ein seltsames Gefühl begann sich in Brenner aus zubreiten. Nicht wirklich Angst, sondern etwas, das vielleicht schlimmer

war: ein Gefühl von Unwirklichkeit, das die ganze Zeit über tief in ihm bereits dagewesen war, ohne daß er sich seiner bewußt wurde. Er hatte gesehen, wie der Mann zurückgetaumelt und gestürzt war. Er schwieg.

Salid starrte einen Moment lang überlegend zu Boden, dann drehte er sich vollends zu ihm und Johannes um und zog die Pistole aus dem Gürtel. »Können Sie damit umgehen?« fragte er.

Brenner blickte die Waffe mit einem Ausdruck an, als hielte Salid ihm eine giftige Schlange entgegen. »Niemals.«

»Ich erwarte nicht, daß Sie sich den Weg freischießen«, antwortete Salid ernst. »Manchmal hilft es schon, einfach in die Luft zu schießen.«

Er machte eine auffordernde Bewegung mit der Waffe, aber Brenner wich im Gegenteil einen Schritt zurück und schüttelte entschlossen den Kopf. »Das kann ich nicht«, sagte er. Und dann noch einmal und noch entschlossener: »Niemals! «

Salid sah für einen Moment ziemlich wütend aus, aber er sagte nichts, sondern zog nur die Unterlippe zwischen die Zähne und schob die Pistole wieder unter seinen Gürtel zurück. Unschlüssig sah er sich um, und wieder hatte Brenner das Gefühl, daß Salid im Grunde ebensowenig wie Johannes oder er wußte, was er tun sollte. Brenner war jetzt fast sicher, daß Salids Stärke zum größtenTeil darin bestand, auf jede nur vorstellbare Situation zu reagieren und ganz instinktiv immer das Richtige zu tun. Vielleicht war der meistgesuchte Terrorist der Welt tatsächlich so einzufangen: indem man einfach nichts tat und ihm so keine Gelegenheit gab, auf irgend etwas zu reagieren.

Brenner bewegte sich unschlüssig an ihm vorbei zurTür. Er hatte fast Angst, wieder auf den Flur hinauszublicken, obwohl er ganz genau wußte, was er dort sehen würde; nämlich nichts. Aber möglicherweise war es gerade das, was ihn erschreckte. Er verstand von Salids Handwerk genau so viel, wie er aus Kriminalromanen und einschlägigen Hollywood-Filmen aufgeschnappt hatte – was im Klartext vermutlich kaum weniger als nichts bedeutete – , aber selbst ihm war klar, daß die beiden Männer dort draußen die Gelegenheit kaum ungenutzt hätten verstreichen lassen, sie zu überraschen. Wenn sie es nun trotzdem getan hatten, mußte es einen Grund dafür geben. Aber welchen?

Er trat neben Salid und legte die Handfläche gegen denTürrahmen.

Um ein Haar wäre er der Länge nach auf den Flur hinausgefallen. Das Holz gab unter seinen Fingern nach und zerfiel regelrecht zu Staub. Kleinere Splitter fielen zu Boden, dann löste sich ein fast armlangerTeil desTürrahmens und stürzte polternd auf den Korridor hinaus. Er zerbrach in winzige Bruchstücke, als er auf dem Boden aufprallte. Brenner kippte haltlos nach vorne, und Salid griff gedankenschnell zu und fing ihn auf, als er das Gleichgewicht zu verlieren drohte. Dabei streifte seine Schulter abermals denTürrahmen und brach dabei ein weiteres Stück heraus.

»He, he, immer langsam«, sagte Salid. »Wir kommen schon früh genug hier raus.«

Brenner bedankte sich mit einem flüchtigen Nicken für Salids Hilfe, fand mit einem ausladenden Schritt sein Gleichgewicht vollends wieder und maß den Türrahmen mit einem verwirrten Blick. Das Haus war alt und in einem vollkommen verwahrlosten Zustand, aber er hatte den Rahmen kaum berührt …

Zögernd streckte er die Finger aus und tastete über das zersplitterte Holz. Es fühlte sich sonderbar an; weich, feucht und auf eine unangenehme Weise klebrig, eine fast breiige Masse, die schon unter ihrem eigenen Gewicht fast zusammensank. Für einen Moment hatte er das Gefühl, daß sich unter seinen Fingern etwas bewegte, aber als er genauer hinsah, gewahrte er nichts.

»Was haben Sie?« fragte Johannes. Er war näher gekommen und betrachtete den geborstenen Türrahmen mit ebensolchem Erstaunen wie Brenner.

»Nichts«, antwortete Brenner rasch. Nach einer Sekunde fügte er mit einem nervösen Lächeln hinzu: »Wahrscheinlich nur ein bißchen zuviel Vertrauen zu diesem Bauwerk.«

Auch Salid streckte die Hand aus und befühlte das gesprungene Holz. Nachdenklich nahm er ein wenig der weißlichen Masse, die unter der abblätternden Lackschicht zum Vorschein kam, zwischen Daumen und Zeigefinger und zerrieb sie. Er roch daran, zuckt schließlich mit den Schultern und wischte sich die Finger an den Hosenbeinen ab. Brenner und Johannes sahen ihn fragend an, aber Salid zuckte nur noch einmal mit den Schultern.

»Wenn wir hier in Amerika oder Australien wären, würde ich auf Termiten tippen«, sagte er. »Aber so etwas gibt es hier wohl nicht. Wahrscheinlich ist diese Bruchbude einfach nur alt.« Er lachte leise. »Wer weiß – vielleicht bricht sie gleich zusammen, und wir können in dem ganzen Durcheinander bequem entkommen. «

Auch Brenner lächelte – flüchtig und genauso unecht, wie Salids Lachen geklungen hatte – , betrachtete den Türrahmen aber noch einmal und genauer. Der Lack war an zahllosen Stellen gerissen, und der seltsame Zersetzungsprozeß schien sich darunter fortzusetzen. Möglicherweise war Salids Scherz weniger komisch, als er hatte sein sollen. Wenn sich das ganze Haus in einem ebensolchen Zustand befand wie diese Tür, würde es vielleicht wirklich zusammenbrechen, wenn hier drinnen mehr abgefeuert wurde als ein Pistolenschuß. Aber das war absurd! »Also los«, sagte Salid. »Gehen wir nach unten.«

Er entsicherte seine Waffe und trat zum zweitenmal geduckt auf den Flur hinaus; obwohl er ihn gerade erst abgesucht hatte, auf die gleiche, fast übervorsichtige Weise. Geduckt huschte er durTeppe, ließ sich auf ein Knie herabsinken und starrte einen Moment lang konzentriert in die Dunkelheit hinunter, ehe er Brenner und Johannes zu sich heranwinkte.

Brenner folgte ihm mit klopfendem Herzen. Obwohl er sich Mühe gab, sich so leise wie möglich zu bewegen – was vermutlich höchst überflüssig war – , erreichte er nicht annähernd Salids Schnelligkeit und Eleganz. Im Vergleich zu dem Palästinenser bewegte er sich ungeschlacht wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen, was ihm auch prompt einen kritischen Blick Salids eintrug. Er wollte ein Wort der Entschuldigung vorbringen, aber Salid schnitt ihm mit einer hastigen Handbewegung das Wort ab und deutete zugleich in die Dunkelheit am Fuße derTreppe hinunter. Brenner mußte nur einen Moment lauschen, um zu begreifen, was Salid meinte. Sie waren nicht allein im Haus. Jemand bewegte sich dort unten.

Das hieß, Brenner war nicht ganz sicher, ob es tatsächlich jemand war und nicht vielmehr etwas. Er hörte Geräusche, aber es waren nicht die, die er erwartet hatte. Etwas raschelte. Ein Knistern und Kollern, leise und unauffällig, aber trotzdem ungemein präsent, als käme es aus keiner bestimmten Quelle, sondern aus allen Richtungen zugleich. Ein Geräusch, das ihn an Erbsen erinnerte, die eine Treppe hinunterkullerten, oder an eine Kunststoffschüssel voller Popcorn, in der ungelenke Kinderhände gruben. Etwas schien sich am Fuße derTreppe zu bewegen, aber wenn es überhaupt da war und nicht nur seiner Phantasie entsprang, so konnte er nicht sagen, was.

»Was ist das?« fragte Johannes. Er war nahezu lautlos hinter Brenner aufgetaucht und hatte sich wie Salid auf ein Knie herabgelassen, und wie er wirkte er sehr angespannt, zugleich aber auch erstaunlich ruhig. Ohne daß es Brenner aufgefallen war – und vermutlich auch, ohne daß er selbst es überhaupt wußte – , hatte sich wieder die gleiche, fast unheimliche Veränderung an ihm vollzogen wie schon einmal. Brenner war plötzlich sicher, daß es auch diesmal wieder Johannes sein würde, der richtig reagierte, sollten sie in eine gefährliche Situation geraten, und nicht er. Für eine Sekunde verspürte er ein zwar vollkommen widersinniges, aber nichtsdestotrotz sehr heftiges Neidgefühl.

Salid deutete ein Achselzucken an. »Keine Ahnung«, sagte er, sehr leise und ohne den Blick von der auf so unheimliche Weise lebendig gewordenen Dunkelheit am Fuße derTreppe zu nehmen. Seine Augen waren schmal, und Brenner fragte sich, ob der Palästinenser vielleicht tatsächlich dort unten mehr sah als er selbst. Vermutlich. Vielleicht sah Salid nicht einmal viel mehr, aber ganz bestimmt konnte er mit dem Gesehenen mehr anfangen.

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