Der Wiedersacher
Der Wiedersacher читать книгу онлайн
Auf der Suche nach einer Tankstelle sto?en Brenner und Astrid auf ein seltsames, uraltes Kloster, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Doch allzuschnell holt sie die Gegenwart ein. ?ber ihren H?uptern bricht ein flammendes Inferno aus, als ein arabischer Terrorist und die US-Luftwaffe sich ein letztes Gefecht liefern. Danach geschehen Zeichen und Wunder: Menschen, die Brenner vergl?hen sah, sind noch am Leben, und ein unheimlicher Priester enth?llt ihm die unglaubliche Kunde, da? das Ende der Welt angebrochen sei und der Widersacher nun auf Erden wandle.
"Mit diesem neuen Roman wird Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein seine Fan-Gemeinde sicher noch vergr??ern k?nnen. Die irrwitzige Mischung aus Spannung, Fantasy und Horror l??t den Leser eintauchen in eine atemberaubene Lekt?re, von der man nicht so schnell los kommt." Berliner Morgenpost
Внимание! Книга может содержать контент только для совершеннолетних. Для несовершеннолетних чтение данного контента СТРОГО ЗАПРЕЩЕНО! Если в книге присутствует наличие пропаганды ЛГБТ и другого, запрещенного контента - просьба написать на почту [email protected] для удаления материала
»Warum tun Sie das?« fragte Brenner verblüfft.
Salid wedelte mit den brennenden Papieren, um den Flammen mehr Sauerstoff zuzuführen. »Weil es keine Rolle mehr spielt«, sagte er. »Nichts spielt mehr eine Rolle, wenn wir das nicht aufhalten, was aus dem Kloster entkommen ist. «
Er wartete, bis die Flammen fast seine Finger versengten, dann ging er zum Waschbecken und ließ die brennenden Papierstücke hineinfallen. Der Gestank nach brennendem Kunststoff war so intensiv geworden, daß Brenner husten mußte.
»Es wird nichts nutzen«, sagte Brenner leise. »Wenn diese Papiere wirklich so brisant sind, wie Sie behaupten, dann – « »reicht allein der Verdacht aus, Sie könnten ihren Inhalt kennen, um Sie auch aus dem Weg zu räumen«, fiel ihm Salid ins Wort. »Ich weiß. Und es tut mir leid. Aber ich kann es nicht ändern. Ich kann nur versuchen, Sie einigermaßen heil hier herauszubringen. «
»Hier herausbringen?« Johannes schrie fast. »Da draußen wartet eine ganze Armee auf uns! Sie haben gesehen, was passiert ist. Sie schießen auf ihre eigenen Leute! Wir sind tot, sobald wir das Haus verlassen! «
»Ich weiß«, antwortete Salid. »Aber ich habe auch nicht vor, etwas so Dummes zu tun. «
»Sondern?« fragte Johannes verblüfft.
Salid nahm seine Waffe wieder vom Bett auf. Mit einer routinierten Bewegung zog er das Magazin heraus, kontrollierte es und schob es wieder an seinen Platz. »Wir werden auf sie warten«, sagte er. »Hier.«
Heidmann erwachte, als sie die Trage in den Krankenwagen hoben. Er hatte entsetzliche Schmerzen, aber obwohl sein erster Gedanke pures Entsetzen über den Umstand war, aus der barmherzigen dunklen Umarmung der Bewußtlosigkeit wieder zurück in diese Hölle aus Qual und Pein geschleudert worden zu sein, begriff er fast im gleichen Moment doch noch etwas anderes, viel Schlimmeres: Jeder einzelne Nerv in seinem Körper schien in Flammen zu stehen. Er verspürte eine Qual, die er sich bisher nicht einmal hatte vorstellen können, aber nur bis zur Brust hinab. Der Schmerz hörte unmittelbar unterhalb seines Herzens schlagartig auf – nein, nicht schlagartig: wie abgeschnitten.
Er wußte sofort, was das bedeutete.
Obwohl er Höllenqualen litt, arbeiteten seine Gedanken doch mit einer selten gekannten Schärfe. Zwei der Kugeln hatten ihn getroffen: Die erste hatte ihm die Waffe aus der Hand geprellt und gleich noch das letzte Glied des kleinen Fingers mitgenommen. Die zweite hatte seinen Brustkorb dicht unterhalb des Herzens durchschlagen und war in seinem Rückgrat steckengeblieben.
Er erinnerte sich auch an alles, jedes noch so winzige Detail, jeden einzelnen Gedanken, der ihm durch den Kopf geschossen war, während er sich drüben im Haus aufgehalten hatte, und er wußte mit unerschütterlicher Sicherheit, daß dies alles wirklich geschehen war; der Gedanke, es als Halluzination abzutun, war verlockend, aber er wollte sich nicht einstellen. Auch wenn es gegen jede Logik war, gegen alles, was er jemals zu wissen geglaubt und gelernt hatte – es war geschehen.
Er öffnete die Augen. Im ersten Moment sah er nichts als rote Nebel, dann gerannen sie zu einem verschwommenen Bild, das nach einer weiteren Sekunde etwas klarer wurde, wenn auch nicht richtig. Er blickte in ein blasses Gesicht unter schweißverklebtem dunklem Haar, das sich tief über ihn beugte. Die signalrote Jacke und die geschickten, kundigen Bewegungen, mit denen sich der Mann an ihm zu schaffen machte, identifizierten ihn als Arzt. Er wirkte fast erschrocken, als Heidmann die Augen öffnete und ihn ansah, aber der Ausdruck machte schon nach einer Sekunde dem vorsichtiger Erleichterung Platz.
»Sie sind wach«, sagte er. »Das ist sehr gut. Sie dürfen sich nicht bewegen, haben Sie das verstanden?«
Heidmann wollte antworten, aber der Arzt hob rasch die Hand und machte eine verneinende, warnende Geste. Wersuchen Sie nicht, zu reden. Geben Sie mir ein Zeichen mit den Augen, wenn Sie mir antworten wollen.«
Heidmann senkte die Lider, und ein flüchtiges, rasch vergängliches Lächeln huschte über die Züge des Arztes. »Haben Sie Schmerzen?« fragte er.
Heidmann blinzelte zur Antwort. Der Arzt drehte den Kopf und sagte etwas zu jemandem, den Heidmann von seiner Position auf der Liege aus nicht sehen konnte, dann nahm er eine Schere und begann zuerst, Heidmanns Mantel, dann seine Jackenärmel aufzuschneiden. »Ich werde Ihnen etwas gegen die Schmerzen geben«, sagte er. »Aber es ist wichtig, daß Sie wach bleiben. Und Sie dürfen sich nicht bewegen, unter gar keinen Umständen. Haben Sie das verstanden.«
Heidmann beantwortete die Frage mit einem Blinzeln. Er war in seinem Leben noch niemals ernstlich krank gewesen, geschweige denn verletzt worden, aber er hatte Situationen wie diese zur Genüge miterlebt, um zu wissen, daß es besser war, wenn er wirklich genau tat, was der Arzt von ihm verlangte. Aber es ging nicht nur um ihn. Er mußte ihm sagen, was sich dort drüben im Haus abspielte. Unbedingt. Doch allein der Versuch, seine Stimmbänder zu bewegen, bereitete ihm neue, unerträgliche Qualen.
Der Arzt stieß ihm eine Nadel in die linke Armvene und drückte den Kolben der Spritze herunter. Heidmann spürte beides hundertmal intensiver, als ihm lieb gewesen wäre, aber es dauerte auch nur einen kurzen Moment, bis sich eine kribbelnde Woge wohltuender Betäubung in seinem Arm auszubreiten begann und rasch weiter nach oben stieg. Der Schmerz verging nicht ganz, sank aber doch auf ein beinahe erträgliches Maß herab.
»Das ist das Stärkste, was ich Ihnen geben kann«, sagte der Arzt mit einemTon echten Bedauerns in der Stimme. »Machen Sie sich keine Sorgen, Sie kommen durch.«
Als ob es darum ginge! Heidmann dachte in diesem Moment nicht an sich. Er war kein Held. Das war er nie gewesen. Er hätte niemals von sich selbst geglaubt, daß er imstande wäre, sein eigenes Leben zu riskieren, um das eines anderen zu retten, aber nun war es ihm egal, was mit ihm geschah. Er mußte die Männer dort draußen warnen. Niemand durfte in dieses Haus gehen. Was dort drüben wartete, war schlimmer als derTod. Er versuchte es, aber seine Stimmbänder versagten ihm auch jetzt den Dienst. Die kribbelnde Linie, hinter der der Schmerz seine absolute Herrschaft über seinen Körper verloren hatte, hatte seine Schulter erreicht und begann sich nun langsam in seinem Brustkorb auszubreiten. Vielleicht konnte er reden, wenn das Medikament seine volle Wirkung entfaltet hatte.
Der Arzt verabreichte ihm eine zweite Injektion, warf ihm einen langen, besorgten Blick zu und richtete sich dann ein wenig auf.
»Was ist da vorne los?« rief er, lauter und mit sehr scharfer Stimme. »Wieso fahren wir nicht? Der Mann muß ins Krankenhaus! «
Er bekam keine Antwort, aber nur einen Augenblick später wurde die Hecktür des Krankenwagens unsanft aufgerissen. Heidmann hörte aufgeregte Stimmen, die offenbar miteinander stritten, dann konnte er hören, wie jemand in den Krankenwagen stieg und näher kam.
»Was soll das?« fragte der Arzt aufgebracht. »Was fällt Ihnen ein? Sehen Sie nicht, daß der Mann schwer verletzt ist? Sie haben hier nichts zu suchen! «
»Es tut mir leid, Herr Doktor«, sagte der Eindringling. »Aber ich muß mit dem Patienten reden. «
»Das kommt überhaupt nicht in Frage!« erwiderte der Arzt zornig. »Der Mann wird mit niemandem reden. Er muß ins Krankenhaus. Sofort. «
»Bitte, Herr Doktor – machen Sie es nicht unnötig schwer. Es dauert wirklich nur einen Moment, aber es ist sehr wichtig. « Heidmann erkannte die Stimme jetzt, aber es gelang ihm im ersten Moment nicht, ihr einen Namen oder ein Gesicht zuzuordnen. Dann wußte er, wer es war: Kenneally. Die Erkenntnis erfüllte ihn mit einer Mischung aus Erleichterung und Staunen. Er hatte ganz automatisch angenommen, daß der CIA-Agent Smith' Schicksal geteilt hatte und ebenfalls tot war.
Der Arzt wollte erneut auffahren, aber Kenneally schnitt ihm mit einer herrischen Geste das Wort ab. Er tat noch mehr: Mit einer scheinbar mühelosen Bewegung ergriff er den Arzt am Handgelenk, zog ihn in die Höhe und bugsierte ihn zur Tür hin, wo bereits zwei weitere Männer warteten. Ohne auf die lautstarken Proteste und die heftige Gegenwehr des Arztes zu reagieren, ergriffen sie ihn an beiden Armen und zerrten ihn davon.