The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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Mr. Sullivan schlief wahrscheinlich schon, und wenn er aufwachte, würde er unangenehm werden. Es war nicht ihre Schuld, daß sie ihn wecken würde. Er sollte froh sein, daß er die beste Pflege bekam, die die Regierung zu bieten hatte, und obendrein noch umsonst. Und wenn er sich heute nacht wieder wie ein »alter Furz« benahm, würde sie ihm das auch sagen.
Der Zeiger rückte auf Mitternacht; es wurde Zeit.
Sie verließ die Schwesternstation und ging den Flur entlang zu dem weißen Raum, wo man sie zuerst absprühen und ihr dann in den Anzug helfen würde. Auf halbem Wege spürte sie ein Kitzeln in der Nase. Sie zog ein Taschentuch aus der Tasche und nieste dreimal leise. Sie steckte das Taschentuch wieder weg.
Sie war in Gedanken schon bei dem launischen Mr. Sullivan und maß dem Niesen keinerlei Bedeutung bei. Wahrscheinlich nur Heuschnupfen. An die Anweisung in der Schwesternstation, wo in großen roten Buchstaben stand: MELDEN SIE ALLE ERKÄLTUNGSSYMPTOME, AUCH DIE GERINGFÜGIGSTEN, SOFORT IHREM VORGESETZTEN, dachte sie nicht einmal. Die Ärzte fürchteten, daß sich die Krankheit dieser armen Menschen aus Texas, was immer es sein mochte, auch außerhalb der luftdichten Räume verbreiten könnte, aber Patty wußte auch, daß nicht einmal das kleinste Virus in das versiegelte Innere der weißen Anzüge eindringen konnte.
Dennoch steckte sie auf dem Weg zum weißen Raum einen Pfleger, einen Arzt, der gerade gehen wollte, und eine andere Schwester an, die ebenfalls ihre mitternächtliche Runde begonnen hatte. Ein neuer Tag hatte angefangen.
16
Einen Tag später, am 13. Juni, donnerte ein großer weißer Connie in einem anderen Teil des Landes über die US 180 nach Norden. Er fuhr zwischen neunzig und hundert Meilen, der korinthweiße Lack glänzte in der Sonne, das Chrom blitzte. Auch die Heckscheiben reflektierten die Sonne und spiegelten sie tückisch. Die Spur, die der Connie hinter sich gelassen hatte, seit Poke und Lloyd ihn irgendwo südlich von Hachita gestohlen und den Besitzer ermordet hatten, war verschlungen und ziemlich sinnlos. Die US 81 hinauf zur US 80, dann über die Mautstraße, bis Poke und Lloyd anfingen, nervös zu werden. Sie hatten in den letzten sechs Tagen sechs Leute umgebracht, darunter den Besitzer des Continental, seine Frau und seine widerliche Tochter. Aber nicht wegen der Morde waren sie auf der Interstate kribbelig. Wegen Rauschgift und Waffen. Fünf Gramm Hasch, eine Schnupftabakdose aus Blech mit Gott weiß wie vi el Kokain und sechzehn Pfund Marihuana. Außerdem zwei Achtunddreißiger, drei Fünfundvierziger, eine 35jer Magnum, die Poke seinen >Pokerisierer< nannte, sechs Schrotflinten - zwei mit abgesägten Läufen - und eine SchmeisserMaschinenpistole. Mord lag ein wenig über ihren intellektuellen Fähigkeiten, aber sie wußten genau, daß sie Ärger bekommen würden, wenn die Arizona State Police sie mit einem gestohlenen Wagen voll Stoff und Schießeisen erwischte. Zu allem Überfluss waren sie Staaten-Flüchtlinge. Schon seit sie Nevadas Grenze überschritten hatten.
Staaten-Flüchtlinge. Hörte sich gut an, fand Lloyd Henreid. Nimm das, dreckige Ratte. Friß blaue Bohnen, dreckiger Bulle. Sie waren also bei Deming nach Norden abgebogen und fuhren auf der 180; sie hatten Hurley und Bayard und die etwas größere Stadt Silver City passiert, wo Lloyd eine Tüte Hamburger und acht Milchshakes gekauft (warum, in Gottes Namen, hatte er acht verdammte Dinger gekauft? Bald würden sie Schokolade pissen) und dabei die Bedienung so leer und doch heiter angestarrt hatte, daß sie noch Stunden später nervös war. Ich glaube, dieser Mann hätte mich genausogut umbringen wie anstarren können, sagte sie ihrem Chef an diesem Nachmittag.
Hinter Silver City waren sie durch Cliff gedröhnt, wo die Straße wieder nach Westen bog, genau die Richtung, in die sie nicht wollten. Durch Buckhorn, und dann waren sie wieder im Land, das Gott vergessen hatte; eine zweispurige Asphaltstraße führte zwischen Beifuß und Sand hindurch, im Hintergrund Berge und Tafelland, immer dieselbe alte Leier, so daß man sich einfach rauslehnen und draufkotzen wollte.
»Benzin wird knapp«, sagte Poke.
»Nicht, wenn du nicht so verdammt schnell fahren würdest«, sagte Lloyd. Er trank einen Schluck von seinem dritten Milchshake, würgte, ließ das Fenster herunter und warf den ganzen Müll zusammen mit den Milchshakes, die sie noch nicht angerührt hatten, nach draußen.
»Hüah! Hüah!« schrie Poke. Er fing an, mit dem Gaspedal zu spielen. Der Connie schoß vorwärts, fiel zurück, schoß vorwärts.
»Reit sie, Cowboy!« brüllte Lloyd.
»Hüah! Hüah!«
»Willst du rauchen?«
»Rauch, solange du hast«, sagte Poke. »Hüah! Hüah!«
Zwischen Lloyds Füßen stand eine große grüne Tüte auf dem Boden. Sie enthielt die sechzehn Pfund Marihuana. Er griff hinein, holte eine Handvoll heraus und fing an, einen Bomber-Joint zu drehen.
»Hüah! Hüah!« Der Connie schlingerte hin und her über den Mittelstreifen.
»Laß den Scheiß!« schrie Lloyd. »Ich verschütte alles.«
»Wo das herkommt, ist noch mehr... Hüah!«
»Komm, wir müssen den Stoff verkaufen, Mann. Wir müssen den Stoff verkaufen, sonst werden wir erwischt und landen in irgendeinem Kofferraum.«
»Okay, Sportsfreund.« Poke fuhr wieder normal, aber sein Gesicht war verdrossen. »Es war deine Idee, deine Scheißidee.«
»Du warst begeistert davon.«
»Ja, aber ich hab' nicht gewußt, daß wir um ganz verdammt Arizona rumfahren müssen. Wie sollen wir denn so jemals nach New York kommen?«
»Wir schütteln die Verfolger ab, Mann«, sagte Lloyd. In Gedanken sah er, wie sich die Türen der Polizeigaragen auftaten und Tausende 1940er Funkstreifenwagen in die Nacht fuhren. Scheinwerfer, die über Ziegelwände huschten. Kommen Sie raus, Canarsie, wir wissen, daß Sie da drin sind.
»Verdammte Scheiße«, sagte Poke immer noch verdrossen. »Wir haben echt ganze Arbeit geleistet. Weißt du, was wir außer Stoff und Kanonen noch haben? Sechzehn Piepen und dreihundert verdammte Kreditkarten, die wir vor lauter Schiß nicht benützen. Scheiß drauf, wir haben nicht mal genug Geld zum Tanken.«
»Der Herr gibt's den Seinen«, sagte Lloyd und klebte den Bomber mit Spucke zu. Er steckte ihn mit dem Zigarettenanzünder am Armaturenbrett an. »Scheißleben.«
»Wenn du das Zeug verkaufen willst, warum rauchen wir es dann?« fragte Poke, den der Gedanke, daß der Herr den Seinen gibt, nicht sehr beruhigen konnte.
»Dann verkaufen wir eben ein paar getürkte Gramm. Komm schon, Poke. Rauch eine.«
Das verfehlte auf Poke nie seine Wirkung. Er lachte wiehernd und nahm den Joint. Die vollgeladene Schmeisser stand auf ihrem Stativ zwischen ihnen. Der Connie schoß weiter die Straße entlang. Die Benzinanzeige stand auf ein Achtel.
Poke und Lloyd hatten sich vor einem Jahr in der Brownsville Minimal Security Station kennengelernt, einer Arbeitsfarm in Nevada. Brownsville hatte eine 3,6 Hektar große bewässerte Anbaufläche und einen Gefängniskomplex, der aus einzelnen Hütten bestand, alles lag etwa sechzig Meilen nördlich von Tonopah und etwa achtzig nordöstlich von Gabbs. Eine üble Institution für kurze Haftstrafen. Obwohl Brownsville eine Farm sein sollte, wuchs hier wenig. Karotten und Salat bekamen eine Portion sengende Sonne, kicherten resigniert und gingen ein. Hülsenfrüchte und Unkraut konnten hier überleben, aber die staatliche Legislative war geradezu besessen von der Idee, daß hier eines Tages Sojabohnen wachsen würden. Günstigstenfalls könnte man über Brownsvilles vorgeblichen Zweck sagen, daß die Wüste sich unchristlich lange Zeit ließ, um zu erblühen. Der Gefängnisleiter (der sich gern »Boß« nennen ließ) war stolz darauf, ein Brutalo zu sein und stellte nur Leute ein, die er seinerseits für Brutalos hielt. Er erzählte Grünschnäbeln gerne, dass Brownsville vorwiegend deshalb »Minimum Security « - unterste Sicherheitsstufe - war, weil es, wenn es um Flucht ging, wie in dem Song war: noplace to run to, baby, noplace to hide. Ein paar versuchten es trotzdem, aber die meisten wurden nach zwei oder drei Tagen wieder zurückgebracht, mit Sonnenbrand, halbblind und bereit, dem Boß ihre eingeschrumpften Rosinen von Seelen für ein Glas Wasser zu verkaufen. Einige lachten irre, und ein junger Mann, der drei Tage draußen gewesen war, behauptete, er habe ein paar Meilen südlich von Gabbs ein großes Schloß gesehen, ein Schloss mit einem Graben. Der Graben, sagte er, wurde von Kobolden bewacht, die auf großen schwarzen Pferden ritten. Als ein paar Monate später ein Erweckungsprediger in Brownsville seine Show abzog, fand er in demselben jungen Mann seinen gläubigsten Anhänger.