The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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»Ja«, sagte sie wieder. Sie fühlte sich schwach, ausgelaugt. So ging das Thema Tagebücher also zu Ende. Es war, als hätte sie es von dem Augenblick an gewußt, als sie den großen, verschmierten Daumenabdruck sah, und sie mußte sich immer wieder sagen, nicht ohnmächtig werden, bloß nicht ohnmächtig werden.
»Fran? Frannie? Alles in Ordnung?«
Larrys Stimme. Von weit her.
Der erste Satz in Harolds Hauptbuch lautete: In diesem herrlichen Sommer nach der Apokalypse wird es mein allergrößtes Vergnügen sein, endlich Mr. Stuart Redman, dieses Arschloch, umzubringen, und, wer weiß, vielleicht sie auch.
»Ralph? Ralph Brentner, bist du zu Hause? Huuu-huuu, jemand daheim?«
Sie stand auf den Eingangsstufen und sah zum Haus. Auf dem Hof standen keine Motorräder, nur ein paar Fahrräder neben dem Haus. Ralph hätte sie gehört, aber sie mußte an den Stummen denken. Den Taubstummen. Man konnte schreien, bis man schwarz wurde, und er würde sich nicht melden, obwohl er vielleicht da war.
Nadine nahm die Einkaufstasche von einer Hand in die andere, griff nach der Tür und stellte fest, sie war nicht abgeschlossen. Sie ging aus dem feinen Nieselregen hinein. Jetzt stand sie in einem kleinen Vorraum. Vier Stufen führten zur Küche hinauf, eine Treppe in den Keller hinunter, wo laut Harold Nick seine Wohnung hatte. Nadine setzte ihr freundlichstes Gesicht auf, ging nach unten und legte sich zurecht, was sie sagen würde, falls er zu Hause sein sollte.
Ich bin gleich reingekommen, weil ich dachte, daß du mein Klopfen nicht hören würdest. Wir möchten gern wissen, ob wir wegen des beschädigten Motors eine Spätschicht einlegen müssen. Hat Brad etwas gesagt?
Unten waren nur zwei Zimmer. Das eine war ein Schlafzimmer, so schlicht wie eine Mönchszelle. Das andere war ein Arbeitszimmer. Dort standen ein Schreibtisch, ein Sessel, ein Papierkorb und ein Bücherregal. Auf der Schreibtischplatte lagen viele lose Zettel, die sie müßig durchsah. Die meisten sagten ihr nicht viel - es waren wohl Nicks Äußerungen während eines Gesprächs ( wahrscheinlich schon, aber sollten wir ihn nicht fragen, ob das auch einfacher geht? stand auf einem). Auf anderen hatte er verschiedene Gedanken notiert. Einige erinnerten sie an die umrandeten Stellen in Harolds Hauptbuch, seine Wegweiser zu einem besseren Leben, wie er sie mit einem sarkastischen Lächeln genannt hatte.
Auf einem stand: Muß mit Glen über Volkswirtschaft reden. Weiss einer von uns, wie Handel anfängt? Warenknappheit? Ein veränderter Markt? Individuelle Fähigkeiten! Das mag ein Schlüsselwort sein. Was ist, wenn Brad Kitchner plötzlich nicht mehr umsonst arbeiten will? Oder der Doktor? Womit sollten wir ihn bezahlen? Hmmm. Auf einem anderen: Schutz der Gemeinschaft ist ein zweischneidiges Schwert.
Auf einem anderen: Immer wenn wir über Recht und Gesetz reden, habe ich Alpträume und denke an Shoyo. Ich sah sie sterben. Ich sah, wie Childress sein Essen durch die Zelle warf. Das Gesetz, das Gesetz, wie machen wir es nur mit dem gottverdammten Gesetz? Todesstrafe. Lustiger Gedanke. Wenn Brad den Strom erst wieder eingeschaltet hat, wie lange wird es dann dauern, bis jemand einen elektrischen Stuhl fordert?
Sie wandte sich von den Zetteln ab - widerwillig. Es war faszinierend, die Papiere eines Mannes durchzusehen, der nur in Schriftzeichen denken konnte (einer ihrer College-Professoren pflegte zu sagen, daß der Denkprozeß ohne Artikulation nie vollständig sein könne), aber sie hatte ihr Ziel hier unten schon fast erreicht. Nick war nicht hier, niemand war hier. Noch länger zu bleiben hieße, das Glück herauszufordern.
Sie ging wieder nach oben. Harold hatte ihr gesagt, daß sie sich wahrscheinlich im Wohnzimmer versammeln würden. Es war ein riesiges, mit einem dicken weinroten Teppich ausgelegtes Zimmer, das von einem freistehenden Kamin beherrscht wurde, dessen Abzug wie eine Felssäule durch die Decke führte. Die Westwand war ein einziges großes Panoramafenster, durch das man eine herrliche Aussicht auf die Flatirons hatte. Sie kam sich den Blicken ausgesetzt wie ein Käfer an der Wand vor. Sie wußte, daß die Außenseite der Thermoplexscheibe isoliert war, so daß man draußen ein Bild wie in einem Spiegel sah, aber der psychologische Eindruck war trotzdem, entblößt zu sein. Sie wollte es schnell hinter sich bringen. An der Südseite des Zimmers fand sie, was sie suchte, einen großen Schrank, den Ralph nicht ausgeräumt hatte. Im Schrank hingen Mäntel, und in der hinteren Ecke lagen Schuhe und Wollsachen und Handschuhe fast einen Meter hoch aufgestapelt.
Rasch nahm sie die Lebensmittel aus der Einkaufstasche. Sie waren nur Tarnung und bildeten nur eine Schicht. Unter den Dosen mit Tomatenpüree und Sardinen stand der Hush-Puppies-Schuhkarton mit Dynamit und Walkie-talkie darin.
»Wird es auch funktionieren, wenn ich den Karton in den Schrank stelle?« hatte sie gefragt. »Wird die zusätzliche Wand die Wucht der Explosion nicht mindern?«
»Nadine«, hatte Harold geantwortet, »wenn das Gerät funktioniert, und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, dann zerstört es das ganze Haus und die nähere Umgebung. Du mußt es irgendwohin stellen, wo es vor der Sitzung nicht gefunden wird. Ein Schrank wäre gut. Die zusätzliche Wand wird wie Schrapnellsplitter wirken. Ich verlasse mich ganz auf dein Urteil, Liebes. Es wird sein wie in dem alten Märchen vom tapferen Schneiderlein. Sieben auf einen Streich. Nur haben wir es in diesem Fall mit sieben politischen Fliegen zu tun.«
Nadine stellte den Schuhkarton in die Schrankecke und versteckte ihn unter den Sachen. Dann machte sie die Schranktür zu. Da. Fertig. So oder so.
Sie verließ rasch das Haus, ohne sich noch einmal umzusehen, und versuchte die innere Stimme zu ignorieren, die Stimme, die ihr sagte, sie solle umkehren und die Drähte zwischen den Sprengkapseln und dem Walkie-talkie lösen. Denn war es nicht Wahnsinn, der vor ihr lag, vielleicht weniger als zwei Wochen entfernt? War Wahnsinn nicht die logische Konsequenz?
Sie stellte die Tasche mit den Lebensmitteln auf den Gepäckträger der Vespa und trat den Starter. Und während der ganzen Fahrt sagte die Stimme in ihr: Du wirst sie doch nicht dort stehen lassen? Du wirst doch die Bombe nicht dort stehen lassen?
In einer Welt, in der schon so viele sterben mußten...
Sie legte sich in die Kurve, sah abe r kaum, wohin sie fuhr. Tränen nahmen ihr die Sicht.
... ist es die größte Sünde, einem Menschen das Leben zu nehmen.
In diesem Fall sieben Menschenleben. Nein, mehr, denn das Komitee wollte sich von Angehörigen verschiedener Unterkomitees Bericht erstatten lassen.
An der Ecke Baseline und Broadway hielt sie an und dachte, sie würde umkehren und zurückfahren. Sie zitterte am ganzen Körper. Sie spürte, wie eine Schwärze sich um ihre Augen legte. Es war, als würde ein dunkler Vorhang langsam zugezogen, der in einer leichten Brise flatterte. Hin und wieder kam ein stärkerer Windstoß, der Vorhang bewegte sich heftiger, und sie sah an seinem Saum ein wenig Licht, einen kleinen Ausschnitt dieser verlassenen Straßenkreuzung.
Aber immer wieder verdeckte der Vorhang ihr die Sicht, bis sie zuletzt ganz darin eingehüllt war. Sie war blind, sie war taub, sie hatte keinen Tastsinn mehr. Die denkende Kreatur, das Nadine-Ego, trieb in einem warmen schwarzen Kokon wie Meerwasser, wie Fruchtwasser.
Und sie spürte, wie er in sie hineinkroch.
Ein Schrei baute sich in ihr auf, aber sie hatte keinen Mund, mit dem sie schreien konnte.
Penetration: Entropie.
Sie wußte nicht, was diese beiden Worte zusammengenommen bedeuteten; sie wußte nur, daß sie richtig waren.
Sie hatte noch niemals so etwas empfunden. Später fielen ihr Vergleiche ein, um es zu beschreiben, aber sie verwarf sie einen nach dem anderen wieder.