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Der Wiedersacher

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Der Wiedersacher
Название: Der Wiedersacher
Автор: Hohlbein Wolfgang
Дата добавления: 16 январь 2020
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Der Wiedersacher - читать бесплатно онлайн , автор Hohlbein Wolfgang

Auf der Suche nach einer Tankstelle sto?en Brenner und Astrid auf ein seltsames, uraltes Kloster, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Doch allzuschnell holt sie die Gegenwart ein. ?ber ihren H?uptern bricht ein flammendes Inferno aus, als ein arabischer Terrorist und die US-Luftwaffe sich ein letztes Gefecht liefern. Danach geschehen Zeichen und Wunder: Menschen, die Brenner vergl?hen sah, sind noch am Leben, und ein unheimlicher Priester enth?llt ihm die unglaubliche Kunde, da? das Ende der Welt angebrochen sei und der Widersacher nun auf Erden wandle.

"Mit diesem neuen Roman wird Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein seine Fan-Gemeinde sicher noch vergr??ern k?nnen. Die irrwitzige Mischung aus Spannung, Fantasy und Horror l??t den Leser eintauchen in eine atemberaubene Lekt?re, von der man nicht so schnell los kommt." Berliner Morgenpost

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Irgend etwas schien nun wirklich mit der Zeit geschehen zu sein. Der Helikopter schoß, wie ein geworfener Stein von seinem eigenen Schwung noch ein Stück weitergetragen, über Salid und die beiden anderen hinweg, aber er stürzte nicht. Kenneally blieb Zeit genug, das Gewehr sinken zu lassen und sich zu Adrianus herumzudrehen, und als die Maschine endlich ihren Schwung aufgebraucht hatte und ihr Tonnengewicht wieder den normalen Gesetzen der Physik zu gehorchen begann, sah er sogar noch, wie Adrianus die Augen schloß und sich bekreuzigte. Die Zeit, die Hände zum Gebet zu falten, blieb ihm nicht.

Kenneally spürte nicht einmal mehr, was sein Bewußtsein auslöschte: der eigentliche Aufprall oder die Druckwelle der Explosion, die die Maschine einen Sekundenbruchteil später in einen lodernden Feuerball verwandelte.

Jemand ohrfeigte ihn; eine ebenso alte wie hirnrissige Methode, einen Bewußtlosen aufzuwecken, die hier und jetzt allerdings ihren Dienst tat. Brenner öffnete stöhnend die Augen und bewegte den Kopf hin und her, aber Salids Hand klatschte noch zweimal auf seine Wange; nicht so fest, daß es wirklich weh getan hätte, aber doch hartnäckig genug, um ihn daran zu hindern, wieder in die verlockende Umarmung der Ohnmacht zurückzugleiten.

Er erinnerte sich mit vollkommener Klarheit an das, was geschehen war, von dem ersten Entsetzen über die Anwesenheit des Hubschraubers, dem Aufpeitschen des Schnees vor seinen Füßen und dem Geräusch der Schüsse, das sie erst einen Sekundenbruchteil später erreichte. Doch es war eine seltsame losgelöste Erinnerung, wie aus der Sicht eines fernen Beobachters. Vielleicht war das, was er in den letzten Stunden erlebt hatte, einfach zuviel gewesen; vielleicht war er schließlich an einem Punkt angelangt, wo er nicht mehr handeln konnte. Er hatte nicht einmal gezuckt, als er sah, wie der Mann in der Seitentür des Helikopters direkt auf ihn anlegte, und er wußte, der nächste Schuß würde ihn treffen, konnte ihn gar nicht verfehlen. Dann hatte der Motor des Helikopters ausgesetzt …

Der Donner der Explosion, die ihn zu Boden geschleudert hatte, rollte noch immer als gebrochenes Echo über den Himmel, und Brenner spürte, wie ihm der Schnee eisig in den Kragen und die Jackenärmel rutschte und dort sofort zu schmelzen begann.

Brenner blinzelte, hob mühsam die rechte Hand, um die Schläge abzuwehren, und stellte zu seiner Überraschung fest, daß es nicht Salid war, der ihn schlug, wie er ganz instinktiv angenommen hatte. Das Gesicht, das sich über ihn beugte, gehörte Johannes. Er war sehr blaß und zitterte am ganzen Leib, aber seine Augen waren wieder klar.

»Alles okay?« fragte er.

Brenner hütete sich, zu nicken. Ihm war übel, und er war ziemlich sicher, daß das quälende Hämmern hinter seinen Schläfen zu einem entsetzlichen Schmerz explodieren würde, wenn er den Fehler beging, sich zu heftig zu bewegen, aber er signalisierte seine Zustimmung mit einem Senken und Heben der Lider. Johannes richtete sich erleichtert auf.

Er konnte nicht sehr lange bewußtlos gewesen sein; vielleicht nicht einmal eine Sekunde. Außerdem hatte sich auch Salid gerade erst aufgerichtet und kam humpelnd heran. Brenner war ziemlich sicher, daß ihn die Schüsse nicht getroffen hatten. Vielleicht hatte er sich weh getan, als er zu Boden gegangen war.

»Ist einer von euch verletzt?« fragte er.

»Nein«, antwortete Brenner mit zusammengebissenenZähnen. Äußerst behutsam hob er den Kopf, wartete auf die Schmerzexplosion zwischen seinen Schläfen und atmete erleichtert auf, als sie nicht kam. Der Schmerz ebbte im Gegenteil immer weiter ab und sank auf das Niveau eines zwar spürbaren, aber erträglichen Drucks. Durch diesen ersten Erfolg mutiger geworden, stemmte er sich in eine halb sitzende Position hoch und griff schließlich sogar nach Johannes' Hand, um sich ganz aufhelfen zu lassen.

Salid beobachtete ihr Tun mit sichtbarer Überraschung, aber er sagte nichts dazu, sondern maß Johannes nur mit einem prüfenden Blick, ehe er sich mit einer ruckhaften Bewegung herumdrehte und auf die Klostermauern wies.

»Gehen wir. «

Kein Wort über das, was geschehen war. Kein Blick auf den zerstörten Hubschrauber, der zwanzig Meter hinter ihnen in einer Rauch– und Flammensäule hinter den Büschen flackerte. Was geschehen war, war geschehen, und es war gleich, wie und weshalb. Offenbar hatte sich Salid endgültig in die Rolle eingefunden, die andere, stärkere Mächte ihm und den beiden anderen in diesem Geschehen zugedacht hatten. Oder er hatte einfach Angst davor, zu viele Antworten zu erhalten.

»Schaffen Sie's?« Obwohl es Johannes gewesen war, der ihm auf die Füße half, wandte sich Brenner mit einem fragenden Blick und einer entsprechenden Geste an den jungen Geistlichen. Johannes zitterte noch immer am ganzen Leib, was vielleicht einfach an der Kälte lag, die trotz des Gluthauches, den das brennende Hubschrauberwrack ausstrahlte, immer grausamer zu werden schien. Aber da war noch ein anderes, düstereres Feuer, das tief in Johannes' Augen loderte und das Brenner mehr denn je erschreckte. Sein Geist war aus der Verbannung seiner ganz privaten Hölle zurückgekehrt, aber er hatte etwas mitgebracht. Brenner wollte nicht wissen, was es war.

Sie näherten sich dem Kloster. Der Weg war weiter, als Brenner geglaubt hatte, denn die Nacht und das unwirkliche Licht verzerrten die Dimensionen, und dazu kam, daß sie mittlerweile alle am Ende ihrer Kräfte angelangt waren, so daß sie gute zehn Minuten brauchten, um den gemauertenTorbogen zu erreichen. Brenner war so erschöpft, daß er sich gegen die Wand sinken ließ und die Augen schloß, um Kraft zu sammeln.

Auch Salid ließ sich erschöpft in die Hocke sinken und rang hörbar nach Atem. Seine Hände zitterten so stark, daß er das Gewehr fallenließ, es aber hastig wieder aufraffte und so fest an sich preßte, daß es schon fast komisch wirkte. Wie er so dahockte, zusammengekauert und die Waffe fest mit beiden Händen gegen die Brust gepreßt, erinnerte er Brenner an einen Zwerg, der endlich seinen Schatz gefunden hatte.

Brenner zählte in Gedanken bis fünfundzwanzig – das war vielleicht mehr von ihrer kostbaren Zeit, als er opfern durfte, aber das Minimum, das er brauchte, wenn er auch nur noch einen einzigen Schritt tun wollte. Als er die Augen wieder öffnete, hatte sich Salid zu einer einigermaßen normalen Haltung aufgerichtet. Johannes stand neben ihm und sah sich aus weit aufgerissenen Augen um. Brenner fragte sich, ob er in der fast vollkommenen Dunkelheit, die in dem Torgewölbe herrschte, überhaupt etwas sehen konnte. Er selbst war so gut wie blind. Salids und Johannes' Gestalten waren schemenhaft in dem grauen Licht zu erkennen, das durch die gegenüber liegende Toröffnung hereinfiel, aber die Dunkelheit hinter ihnen konnte ebensogut die Schwärze des Weltalls sein. Oder des Nichts.

»Wohin jetzt?« fragte Salid.

Brenner setzte zu einer Antwort an, ehe ihm klar wurde, daß die Frage Johannes gegolten hatte, nicht ihm. Der Jesuit sah Salid allerdings nur verständnislos an.

»Woher … wieso fragen Sie mich das?«

Salid blinzelte. Er sah verwirrt aus, dann verblüfft, mit einer Spur von Unmut. »Ich denke, Sie kennen sich hier aus«, sagte er scharf.

»Ich war niemals zuvor hier.«

»Sie sagten, sie kennen das Geheimnis dieses Klosters.« Salid erhob sich mit einem Ruck und trat fast drohend auf Johannes zu.

»Ich kenne sein Geheimnis, aber ich kenne diesen Ort nicht«, antwortete Johannes. »Ich war niemals hier.« »Moment mal«, sagte Salid. »Sie wollen sagen, daß – «

»Es ist gut«, sagte Brenner leise. »Lassen Sie ihn in Ruhe. Ich weiß den Weg.« Er wußte ihn nicht, aber er war überzeugt davon, daß er ihn finden würde. Jemand – etwas – hatte sie hierhergeführt. Bestimmt nicht, um sie im allerletzten Moment im Stich zu lassen.

Salid gab sich mit dieser Antwort allerdings nicht zufrieden. Er trat einen weiteren Schritt auf Johannes zu, und für einen ganz kurzen, aber furchtbaren Moment schien er sich vor Brenners Augen wieder in den Mann zurückzuverwandeln, der er den Großteil seines Lebens über gewesen war: ein Killer, der Menschenleben auslöschte, wie andere eine Zigarette ausdrückten, und der das Wort Gewissen nicht einmal kannte.

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