Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien
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1789 — Auf Befehl des Gouverneurs der jungen britischen Kolonie Neus?dwales l?uft Kapit?n Richard Bolitho mit seiner Fregatte Tempest in den S?dpazifik aus. Ganz auf sich allein gestellt, soll er mit seinem Schiff in Polynesien patrouillieren und die bedrohten Versorgungsrouten zwischen den einsamen Handelsposten sichern. Doch in dem scheinbaren Inselparadies grassieren Fieberseuchen, unter der Mannschaft kommt es zu einer Meuterei, und von Piraten aufgewiegelte Eingeborene bilden eine weitere Bedrohung. Richard Bolitho ist in jeder Hinsicht gefordert …
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Die Eingeborenen kamen jetzt näher, und er hörte sie miteinander murmeln, mit merkwürdig menschenunähnlichen Lauten wie das Zwitschern von Vögeln.
Allday sagte:»Etwas nach links, Captain, sind noch mehr dieser Kerle. Die hier müssen auf Verstärkung gewartet haben, um ganz sicherzugehen. «Bolitho rief scharf:»Schnell jetzt, Jungs!«Er drehte sich um, als sich mehrere von der Hauptgruppe lösten und durch den tiefen Sand auf Viola und den hilflosen Evans zuliefen. Der verwundete Marinesoldat riß seine Muskete hoch und feuerte. Das Geschoß traf den ersten Eingeborenen in den Leib und schleuderte ihn blutüberströmt auf den hellen Sand.
Die plötzliche Bewegung und der Knall der Muskete wirkten wie ein Trompetensignal. Mit lautem Wut- und Haßgeschrei stürmten die Eingeborenen auf die Boote zu. Augenblicklich war die Luft von Speeren und Steinen erfüllt.
Sergeant Quare ließ sich auf ein Knie sinken und schoß. Die anderen folgten auf der Stelle. Die Wirkung trat sofort ein, und die Angreifer zogen sich schreiend und jaulend in das dichte Laub zurück und ließen drei der Ihren tot oder sterbend zurück.
Bolitho zog seine Pistole und schrie Pyper zu:»Schaffen Sie die Leute an Bord!»
Ein Speer sauste durch sein Blickfeld und schlug bebend in den nassen Sand ein.
Die zweite Angriffswelle mußte jeden Augenblick kommen. Er sah Blissett und einen anderen Seesoldaten neben Quare ihre Musketen neu laden. Ihr verwundeter Kamerad kam den Strand herab zu den Booten gehumpelt, mit von Schmerz und Anstrengung verzerrtem Gesicht. Orlando trug den stöhnenden und sich schwach wehrenden Evans auf den Armen, während der andere verletzte Seemann von Frazer und Lenoir in den Kutter gehoben wurde.»Da kommen sie wieder!»
Diesmal waren sie entschlossener. Felsbrocken und Steine regneten auf die schwankenden und benommenen Matrosen und Marinesoldaten herab, und Speere flogen gleichzeitig aus beiden Richtungen.
Bolitho warf seine Pistole weg und zog seinen Degen.»Schnell!»
Er drehte sich wie betäubt um, als der Marinesoldat neben Blissett mit einem gräßlichen Schrei, einen Speer tief in der Brust, auf die Seite fiel.»Hierher, Sir!»
Keen stand im Bug des Kutters, feuerte und winkte den anderen zu, ins Boot zu klettern. Bolitho sah Violas Haar über das Dollbord wehen und entdeckte, daß er und die Marinesoldaten als einzige noch auf dem Strand waren. Blissett versuchte, seinen Kameraden zum Wasser zu schleppen, aber Quare stieß ihn gegen die Schulter und schrie:»Laß ihn liegen. Mit ihm ist es vorbei. Nimm seine Muskete und pack dich, Junge!«Er schoß, während er das rief, und eine weitere dunkle Gestalt brach zusammen. Die nächsten Minuten erfüllte ein Durcheinander verzweifelter Mühen, fortzukommen, und tiefer Abscheu, als ihre Angreifer sich gegen den toten Marinesoldaten wendeten und auf ihn einhackten, bis nur noch ein unkenntliches Bündel übrigblieb.
Dann waren die Riemen ausgebracht, und der Kutter glitt schnell in tieferes Wasser. Das Schlagtempo zeigte deutlich ihren Horror und ihre Furcht.»Keine Kanus in Sicht, Sir.»
Bolitho nickte. Er war nicht fähig zu antworten, als er tief Luft einsog. Zu seinen Füßen bemerkte er das Netz mit Kokosnüssen, aber da sie den anderen Kutter hatten aufgeben müssen, hatten sie die Hälfte ihrer Lebensmittel-und Wasservorräte eingebüßt. Sergeant Quare sagte heiser:»Der Soldat Corneck war ein guter Mann, Sir. Er stammte aus meinem Nachbardorf.»
Blissett hing über einem Riemen. Die Augen brannten ihm. Er hatte für den toten Kameraden nie viel übrig gehabt, aber zuzusehen, wie er wie ein Stück geschlachtetes Vieh zerhackt wurde, erfüllte ihn mit brennendem Zorn und Abscheu.
Bolitho beobachtete die verschiedenen Reaktionen der einzelnen und verglich sie mit seinen eigenen. Eine geringfügige Warnung hatte sie davor bewahrt, daß sie alle wie Corneck endeten. Wenige Minuten später mochte er den Befehl zum Entladen der Boote, ein Feuer anzuzünden gegeben haben. Über die ganze Länge des Bootes begegnete er ihrem Blick. Sie wickelte eine Binde um Jenners Kopf. Durch einen Felsbrocken hatte er eine böse Verletzung davongetragen. Sie wirkte sehr ruhig, aber ihre Augen waren feucht von unterdrückten Gefühlen. Wenn der verwundete Marinesoldat nicht so schnell gehandelt hätte, wäre sie vielleicht von den Eingeborenen gepackt und fortgezerrt worden, ehe es jemand verhindern konnte. Schon bei dem Gedanken überkam ihn Übelkeit.
Der einzige Vorteil war, daß sie jetzt mehr Leute im Boot hatten, um die Riemen zu bedienen und dadurch den anderen öfter eine kleine Ruhepause zu gönnen. Dagegen… Er sah Evans an, der kaum noch bei Bewußtsein war, und Penneck, den Kalfaterer der Tempest, der eine tiefe Halswunde von einem Speer davongetragen hatte. Er nahm die Rumflasche heraus, spürte, wie sich aller Augen auf sie richteten, sah, wie Big Tom Frazer sich abwandte, um seine Gier zu verbergen.
«Je einen Schluck für Evans und Penneck. «Und über die
Köpfe der Leute hinweg sah er sie an.»Und, glaube ich, für die Lady.»
Keen sagte heiser:»Aye, Sir. Sie vor allem.»
Doch sie schüttelte den Kopf.»Nein. Für Rum habe ich mich noch nie erwärmen können.»
Verschiedene Männer lachten, zunächst unterdrückt, doch dann in einer schier unbeherrschbar aufbrausenden Woge, der niemand Herr zu werden in der Lage schien. Bolitho berührte Keens Schulter.»Sie sollen es sich ruhig von der Seele schaffen. Es steht ihnen noch genug bevor. «Er sah, wie Pyper mit den anderen einstimmte, wie sich sein Gelächter in hilflose Tränen verwandelte, die ihm unbeachtet wie Regen übers Gesicht rannen. Nach einer Weile rissen sie sich zusammen, manche überrascht, andere beschämt, aber keiner machte eine Bemerkung über ihr Verhalten. Die Riemen begannen sich wieder zu heben und zu senken, und nach einer weiteren Stunde war die kleine Bucht im Dunst versunken, der die hinter ihnen liegenden Inseln wie mit einem Schleier verhüllte.
Dann ruhten sie sich aus, verteilten Verpflegung, tranken Wasser, blickten das Meer ringsum und einander in dumpfer Ergebenheit an.
Voraus und zu beiden Seiten wurden die Inseln seltener und kleiner. Sie würden wieder landen müssen, um Wasser zu finden und Nahrungsmittel zu sammeln. Und die ganze Zeit über begleitete die Sonne sie, strahlte sengend auf sie herab, verbrannte ihre Entschlossenheit, ihren Willen zu überleben. Und als die Nacht schließlich kam, brachte sie keine Linderung. Denn nach dem Schock ihres Erlebnisses auf der Insel und der Hitze des langen Tages schien die Luft kalt wie Eis, so daß die nicht an den Riemen Eingesetzten sich schaudernd vor Kälte eng zusammendrängten. Am nächsten Tag zeigte sich trotz aller Vorsicht wieder die gleiche Gefahr. Hinter der üppigen Vegetation einer Insel verfolgten wachsame Augen ihre behutsame Annäherung. Als sie sich bereitmachten, das Boot auf den Strand zu ziehen, wurden sie wieder angegriffen, zurückgetrieben und fast bewußtlos geschlagen von einem Hagel fliegender
Felsbrocken und Steine, bis sie gezwungen waren, sich in tieferes Wasser zurückzuziehen.
Bolitho beobachtete Keen und Pyper bei der Verteilung der Verpflegung und suchte auf den Gesichtern der anderen nach Anzeichen von Unmut oder Mißtrauen. Die Rationen mußten genau gleich groß sein. Nur eine Spur von Gier oder Begünstigung, und diese loyalen und disziplinierten Männer konnten wie blutgierige Wölfe übereinander herfallen. Wenn es ihnen nur gelungen wäre, sich vor ihrer Abfahrt mehr Lebensmittel zu beschaffen. Doch falls Raymond erfahren hätte, was sie beabsichtigten, sei es von seinen Wachen oder aus dem Dorf, wären sie nicht einmal bis zur Pier gekommen.
Blissett griff nach seiner Muskete.»Bitte um Feuererlaubnis, Sir. «Er beobachtete einen kreisenden Seevogel. Seine Augen waren plötzlich lebendig vor Jagdeifer.
Bolitho nickte.»Aber warten Sie, bis wir näher sind. Sonst bekommt unser Freund die Beute. «Er sah sich nach der verräterischen Rückenflosse um. Jetzt konnte er sich ohne Furcht oder Neugier mit ihr abfinden. Sie war nur ein Teil des Ganzen, ein Risiko mehr.
