Der Stolz der Flotte: Flaggkapitan Bolitho vor der Barbareskenkuste
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1797 — Im Krieg gegen Bonaparte wird die britische Flotte durch die Gro?e Meuterei gel?hmt. Nur die «Euralyus» unter Flaggkapit?n Bolitho schafft es, dem Feind bei seinem Griff nach Nordafrika in den Arm zu fallen. Arabische Piraten, ein Schiffbruch und der weit ?berlegene Feind hindern Bolitho nicht, dem tief in seinem Stolz getroffenen England wieder Vertrauen in seine Flotte zu schenken.
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Bolitho nahm seinen Hut.»Ich weiß, Sir.»
Die zusammengepferchte Welt jenseits dieser paneelverkleideten Schottenwand! Auf See, in der Schlacht, kämpften und starben sie, ohne auch nur eine Frage zu stellen. Die ständigen Anforderungen der harten Disziplin und die Gefahr ließen wenig Raum. Aber wenn der Funke einmal die latente Kraft in diesen Männern zündete, dann konnte alles mögliche passieren; dann hatte es keinen Zweck zu sagen, man hätte nichts gewußt oder wäre ihnen zu fern gewesen.
Als er wieder auf dem Achterdeck war, merkte er die Veränderung. Wie konnte man auch erwarten, daß so etwas geheim bleibt? Neuigkeiten breiteten sich auf einem vollgestopften Schiff aus wie ein Waldbrand, ohne daß jemand sagen konnte, wie das möglich war.
Er winkte Keverne und sagte knapp:»Gehen Sie bitte nach achtern zu Captain Rook. «Das brünette Gesicht Kevernes erstarrte zu einer erwartungsvollen Maske.»Sie werden dann die Leutnants und die höheren Deckoffiziere über die allgemeine Lage informieren. Sie sind für das Schiff verantwortlich, bis ich wieder an Bord bin. Veranlassen Sie, daß die Kranken und Verwundeten an Land gebracht werden, aber nicht in unseren Booten — verstanden?»
Keverne öffnete den Mund, schloß ihn aber wieder und nickte nur.
«Ich sage Ihnen jetzt, was los ist«, fuhr Bolitho fort.»Es gehen Gerüchte um von einer Meuterei in der Nore-Flotte. Falls ein Fremder versucht, an Bord zu kommen, ist er abzuweisen. Ist das nicht möglich, so wird er festgenommen und sofort in Einzelhaft gesteckt.»
Keverne faßte an seinen Degengriff.»Wenn ich so einen verdammten See-Advokaten [10] erwische, dann werde ich ihm schon zeigen, wo es langgeht, Sir. «Gefährlich blitzten seine Augen.
Unbewegt sah Bolitho ihm ins Gesicht.»Sie werden tun, was ich befehle, Mr. Keverne. Nicht mehr und nicht weniger. «Er wandte sich um und schaute nach Alldays untersetzter Gestalt aus. Er stand bei den Netzen.»Lassen Sie sofort meine Bootsbesatzung antreten.»
«Sie nehmen Ihr eigenes Boot, Sir?«fragte Keverne.
«Wenn ich denen nicht trauen kann«, erwiderte Bolitho kalt,»nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben — dann ist die Lage völlig aussichtslos.»
Ohne ein weiteres Wort schritt er die Treppe hinunter zur Fallreepspforte, wo bereits die Ehrenwache wartete. Unten lag auch schon das schwankende Boot.
Er blieb noch einen Moment stehen und sah auf sein Schiff zurück und auf die Mannschaft, die bereits geschäftig Bahren aufriggte und den Kranken die Niedergänge hinaufhalf. Seiner Gewohnheit nach hatte er dafür gesorgt, daß jeder Mann, der neu an Bord kam, Dienstkleidung faßte. Darin war er anders als manche geizigen Kommandanten, die ihre Männer in den Lumpen herumlaufen ließen, die sie angehabt hatten, als sie in der Stadt oder auf dem Dorf gepreßt worden waren. Doch im Moment fand er keinen Trost beim Anblick der weiten Hosen, der karierten Hemden, der gesunden Gesichter und der allgemeinen Geschäftigkeit. Auf Kleidung und anständiges Essen, wenn es nur irge nd verfügbar war, hatten sie ein Recht; das war keine Gnade, die ein gottähnlicher Kommandant austeilte. Und es war wenig genug Gegenleistung für das, was die Männer gaben.
Er verdrängte diese Gedanken, lüftete den Hut zum Achterdeck und zur Ehrenwache hin und kletterte dann hinunter in die Gig, welche Allday absichtlich zwischen den Kutter und den turmhohen Schiffsrumpf manövriert hatte.
«Legt ab!«Allday blinzelte in die Sonne und paßte genau auf, daß die Gig klar von dem anderen Boot und der Bordwand kam.
«Rudert an! Zu. gleich!»
Dann, als die Gig Fahrt aufnahm und die Riemen sich im exakten Gleichtakt hoben und senkten, blickte er auf Bolithos Rücken hinunter und kniff die Lippen zusammen. Er kannte Bolithos Stimmungen beinahe besser als seine eigenen und konnte sich recht wohl vorstellen, was dieser jetzt dachte. Meuterei in dem Dienst, den er liebte und für den er alles hingegeben hatte! Durch den Bootsmann des Kutters, einen ehemaligen Schiffskameraden, wußte Allday Bescheid. Wie konnte auch ein solches Geheimnis länger als ein paar Minuten Geheimnis bleiben?
Sein Auge glitt über Bolithos straffe Schultern mit den komischen neuen Goldepauletten und über das jettschwarze Haar unter dem Dreispitz. Der hat sich kaum verändert, dachte er, obwohl er uns alle durch eine Gefahr nach der anderen getragen hat!
Wütend starrte er den Bugmann an, der nicht aufpaßte und einer Möwe nachsah, die voraus nach einem Fisch herabschoß, und überdachte dann, was den Captain von Rechts und Gottes wegen in Fal-mouth hätte erwarten sollen: seine reizende Frau und sein Kind, die ihn froh willkommen hießen. Statt dessen hatte er nichts als Ärger und mußte wieder einmal anderer Leute Arbeit neben seiner eigenen machen.
Jetzt trommelten Bolithos Finger im Takt auf den Degengriff. All-day entspannte sich etwas, als er das sah. Sie beide hatten viel zusammen erlebt und geleistet. Dieser Degen faßte das alles weit besser zusammen, als Worte oder Gedanken es könnten.
Die Gig schwang herum und glitt in den Schatten der Pier, der Bugmann schlug den Haken ein, Allday nahm seinen Hut ab, Bolitho stand auf, kletterte über das Dollbord und die abgetretenen, wohlbekannten Stufen hinauf.
Er hätte Allday gerade jetzt gern bei sich gehabt, aber es wäre falsch gewesen, die Gig ohne Aufsicht zu lassen.
«Sie kehren zum Schiff zurück, Allday. «Er sah Besorgnis in des Bootsführers Augen aufblitzen und fügte gelassen hinzu:»Ich weiß ja, wo Sie sind, wenn ich Sie brauche.»
Allday blieb noch einen Moment stehen und sah Bolitho nach, der zwischen zwei salutierenden Milizsoldaten auf den Kai trat. Halblaut murmelte er:»Bei Gott, Käpt'n, wir brauchen Sie!»
Dann sah er auf die müßigen Rudergasten hinunter und knurrte:»Na, ihr faulen Hunde, laßt mal sehen, ob ihr dieses Boot heute noch in Fahrt kriegt!»
Der Schlagmann, ein abgehärteter Vollmatrose mit dickem rotem
Haar, sagte mit zusammengebissenen Zähnen:»Haste Angst, wir kriegen was von der Schweinerei zu hören?»
Allday sah ihn an, ohne eine Miene zu verziehen. Also wußten sie es schon. Er grinste.»Ein Wort ist wie Dung, Mann. Es muß breitgestreut werden, wenn's wirken soll. «Und etwas leiser:»Also liegt es an uns, daß das nicht geschieht — oder?»
Als er sich umschaute, war Bolitho bereits außer Sicht. Was mochte wohl zu Hause auf ihn warten?
II Der Besucher
Ein paar Minuten lang stand Bolitho reglos und starrte auf sein Haus. Er war absichtlich nicht durch die Stadt gegangen, sondern hatte den enggewundenen, angenehm ländlich duftenden, heckenumwachsenen Feldweg genommen. Nun stand er im hellen Sonnenschein und spürte, wie still es war, und wie hart das Land gegen seine Schuhsohlen drückte. Es war alles so anders als an Bord, es fehlten die ständigen Geräusche, die ständige Bewegung. Diese Erkenntnis überraschte und erfreute ihn sonst jedesmal. Diesmal allerdings war es nicht dasselbe. Mit halbem Ohr lauschte er auf das freundliche Summen der Bienen, das ferne Gebell eines Schäferhundes, der die Herde umkreiste; aber seine Augen ruhten auf dem Haus. Kantig und kompromißlos stand es vor dem Himmel und den sanften Hängen, die es umgaben und zur Landzunge hinunterführten.
Mit einem Seufzer schritt er weiter, seine Schuhe wirbelten Staub auf, und er blinzelte in die grelle Sonne. Als er das breite Tor in der Steinmauer durchschritten hatte, stockte er wieder — er hätte lieber nicht herkommen sollen, dachte er.
Doch als die Doppeltür oben an den Treppenstufen aufging und er Ferguson erblickte, seinen einarmigen Verwalter, und die beiden Dienstmädchen hinter ihm, die ihn begrüßen wollten, da war ihr Lächeln so aufrichtig erfreut, daß er für den Augenblick seine eigenen trüben Gedanken vergaß und gerührt war.