The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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Er riß ihr die Hände weg. Sie zuckte zusammen und versuchte, sie wieder vor die Augen zu legen.
»Sieh mich an.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Verdammt noch mal, sieh mich an, Rita.«
Schließlich sah sie ihn an, aber so ängstlich, als rechnete sie damit, daß er sie nicht nur mit Worten, sondern auch mit den Fäusten bearbeiten würde. Wie ihm momentan zum Teil zumute war, käme ihm das genau recht.
»Ich will dir mal ein paar Tatsachen erklären, weil du sie ganz offensichtlich nicht begreifst. Tatsache ist, daß wir vielleicht zwanzig oder dreißig Meilen zu Fuß gehen müssen. Tatsache ist, daß deine aufgescheuerte Haut sich entzünden könnte, und du könntest eine Blutvergiftung bekommen und sterben. Tatsache ist, du mußt endlich den Arsch bewegen und mir helfen.«
Er hatte sie am Oberarm festgehalten und sah, daß seine Daumen fast in ihrem Fleisch verschwunden waren. Seine Wut ließ nach, als er sie losließ und die roten Stellen sichtbar wurden. Er trat ein Stück zurück, fühlte sich wieder unsicher, von der niederschmetternden Einsicht erfüllt, daß er völlig überzogen reagiert hatte. Larry Underwood schlägt wieder zu. Wenn er so verdammt schlau war, warum hatte er dann nicht vorher ihre Schuhe überprüft?
Weil, das ihr Problem ist, sagte eine mürrische Stimme in ihm zur Verteidigung.
Nein, das stimmte nicht. Es war seinProblem gewesen. Sie wußte es nicht. Wenn er sie mitnehmen wollte (und erst heute hatte er sich überlegt, wieviel einfacher das Leben wäre, wenn er sie nicht mitgenommen hätte), dann war er ganz einfach für sie verantwortlich.
Einen Scheißdreck bin ich, sagte die mürrische Stimme. Seine Mutter: Du willst nur immer nehmen, Larry.
Die Oralhygienikerin, die ihm aus dem Fenster nachgerufen hatte: Ich dachte, du bist ein netter Kerl! Du bist kein netter Kerl!
Dir fehlt etwas, Larry. Du willst nur immer nehmen.
Das ist eine Lüge. Das ist eine gottverdammte Lüge!
»Rita«, sagte er, »es tut mir leid.«
Sie setzte sich mit der ärmellosen Bluse und der weißen Hose auf den Gehweg, ihr Haar sah grau und alt aus. Sie senkte den Kopf und hielt sich den verletzten Fuß. Sie sah ihn nicht an.
»Es tut mir leid«, wiederholte er. »Ich... hör zu, ich hatte kein Recht, so mit dir zu reden.« Er hatte natürlich das Recht, aber das spielte keine Rolle. Wenn man sich entschuldigt, konnte man die Dinge bereinigen. Das war der Lauf der Welt.
»Geh nur weiter, Larry«, sagte sie, »laß dich von mir nicht aufhalten.«
»Ich hab' gesagt, daß es mir leid tut«, sagte er mit leicht verdrossener Stimme. »Wir werden dir neue Schuhe und weiße Socken besorgen. Wir...«
»Nichts werden wir. Geh.«
»Rita, es tut mir leid...«
»Wenn du das noch einmal sagst, schreie ich. Du bist ein Drecksack, und ich akzeptiere deine Entschuldigung nicht. Und jetzt geh.«
»Ich habe doch gesagt...«
Sie warf den Kopf zurück und kreischte. Er ging einen Schritt zurück und sah sich um, ob jemand sie gehört hatte, ob vielleicht ein Polizist herbeirannte, um zu sehen, was für entsetzliche Dinge dieser junge Bursche der alten Dame zufügte, die mit ausgezogenen Schuhen auf dem Gehweg saß. Kulturelle Konditionierung, dachte er abwesend, zum Schreien komisch.
Sie hörte auf zu schreien und sah ihn an. Sie winkte mit der Hand, als wäre er eine lästige Fliege.
»Hör besser auf«, sagte er, »oder ich gehe wirklich.«
Sie sah ihn nur an. Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, senkte den Blick und haßte sie, weil sie ihn so weit gebracht hatte.
»Also gut«, sagte er. »Viel Spaß, wenn du vergewaltigt und ermordet wirst.«
Er schulterte das Gewehr und ging weiter, jetzt nach links zur von Autos verstopften Einfahrt der 495, die zum Tunnel hinunterführte. Er sah, daß es am Ende der Einfahrt zu einem schlimmen Unfall gekommen war; der Fahrer eines Mayflower-Möbelwagens hatte versucht, sich in den Verkehrsstrom einzufädeln, Autos lagen um ihn herum wie umgeworfene Kegel. Ein ausgebrannter Pinto lag fast unter dem Lastwagen. Der Fahrer des Lasters hing halb aus der Fahrerkabine, sein Kopf hing herab, die Arme baumelten herunter. Getrocknetes Blut und Kotze klebten fächerförmig unter ihm an der Tür.
Larry drehte sich um und war überzeugt, daß Rita ihm entweder folgen oder dastehen und ihn vorwurfsvoll ansehen würde. Aber Rita war verschwunden.
»Hol dich der Teufel«, sagte er nervös und beleidigt. »Ich habe versucht, mich zu entschuldigen.«
Einen Augenblick konnte er nicht weiter; er fühlte sich von Hunderten von wütenden toten Augen gepfählt, die ihn aus den vielen Autos anstarrten. Ihm fielen ein paar Zeilen von Bob Dylan ein: » I waited for you inside the frozen traffic... when you knew I had some other place to be... but where are you tonight, sweet Marie?«
Vor sich sah er dichten Verkehr auf vier nach Westen führenden Fahrspuren im dunklen Halbrund des Tunnels verschwinden und bemerkte mit einem Anflug von Grauen, daß die Neonlampen im Tunnel nicht brannten. Als würde er in einen Autofriedhof gehen. Sie würden warten, bis er in der Mitte war, und dann würden sie alle anfangen, sich zu bewegen... lebendig zu werden ...er würde hören, wie sich die Autotüren öffneten und leise wieder schlössen... ihre leisen, schlurfenden Schritte...
Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus. Über ihm krächzte ein Vogel, und Larry schrak zusammen. Du bist albern, sagte er sich. Kindisches Zeug, weiter nichts. Du mußt nur auf dem Fußgängerweg bleiben und wirst in Null Komma nichts...
... von den wandelnden Toten erwürgt.
Er leckte sich die Lippen und versuchte zu lachen. Es hörte sich schlimm an. Er ging fünf Schritte zu der Stelle, wo die Einfahrt sich in den Highway einfädelte, und blieb dann stehen. Links von ihm stand ein Caddy, ein El Dorado, und eine Frau mit schwarzem Trollgesicht starrte ihn an. Sie drückte die Nase am Fenster platt. Blut und Rotz waren an der Scheibe herabgelaufen. Der Mann, der den Caddy gefahren hatte, hing über dem Steuer, als würde er etwas auf dem Boden suchen. Alle Fenster des Caddy waren geschlossen; da drinnen mußte es wie in einem Treibhaus sein. Wenn er die Tür aufmachte, würde die Frau herausfallen und auf dem Pflaster zerplatzen wie ein Sack verrotteter Melonen, und der Gestank würde warm und süß sein, naß und von Fäulnis erfüllt.
Und so würde es auch im Tunnel stinken.
Larry drehte sich unvermittelt um, stapfte den Weg zurück, den er gekommen war, und spürte, wie der Wind, den er selbst erzeugte, den Schweiß auf seiner Stirn abkühlte.
»Rita! Rita, hör zu! Ich will...«
Die Worte erstarben, als er wieder oben an der Einfahrt angekommen war. Rita war immer noch verschwunden. Die 39. Straße schrumpfte zu einem Punkt zusammen. Er lief vom südlichen Gehweg zum nördlichen hinüber, zwängte sich zwischen Stoßstangen hindurch und kletterte über Motorhauben, die so heiss waren, daß man fast Blasen an den Händen bekommen konnte. Aber der nördliche Gehweg war ebenfalls verlassen. Er hob die Hände trichterförmig an den Mund und rief: »Rita! Rital«
Die einzige Antwort war ein totes Echo: » Rita.. .ita.. .ita...«
Gegen vier Uhr hatten sich dunkle Wolken über Manhattan zusammengezogen, und Donner grollte über den Steinschluchten der Stadt. Gabelförmige Blitze zuckten auf die Häuser herab. Es war, als würde Gott versuchen, die wenigen Überlebenden zu erschrecken, damit sie aus ihren Verstecken kamen. Das Licht war gelb und seltsam geworden, was Larry überhaupt nicht gefiel. Sein Magen war verkrampft; als er eine Zigarette anzündete, zitterte sie so in seiner Hand wie die Kaffeetasse heute morgen in Ritas. Er saß am Straßenende der Einfahrt und lehnte sich an die unterste Stange des Geländers. Den Rucksack hatte er auf dem Schoß, und die doppelläufige 30er lehnte neben ihm am Geländer. Er hatte geglaubt, sie würde sich ängstigen und früher oder später wieder zu ihm zurückkommen, aber das hatte sie nicht getan. Vor fünfzehn Minuten hatte er es aufgegeben, sie zu rufen. Das Echo machte ihn nervös.