The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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Er zog den Willys an den verunglückten Fahrzeugen vorbei, und sie holperten rüttelnd über die Böschung. Dave steuerte an derselben Stelle wieder auf die Straße wie zuvor der Richter, und sie sahen beide das schlammige Fischgrätenmuster der Reifen des Scout auf dem Asphalt. Auf dem nächsten Hügel sahen sie den Scout gerade über die Kuppe verschwinden.
»Hip-hip-hurrah!« rief Dave Roberts. »Nichts wie hinterher!«
Er trat das Gas durch, und der Willys beschleunigte langsam auf sechzig.
Vor der Windschutzscheibe hing ein silberner Regenschleier, mit dem die Scheibenwischer nicht einmal annähernd fertig wurden. Auf der Hügelkuppe sahen sie den Scout wieder, näher. Dave betätigte die Lichthupe. Augenblicke später leuchteten die Bremslichter des Scout auf.
»Na gut«, sagte Dave. »Wir geben uns freundlich. Damit er aussteigt. Dreh nicht wieder durch, Bobby Terry. Wenn wir das richtig machen, kriegen wir eine Suite im MGM Grand in Vegas. Versauen wir's, reißt er uns den Arsch auf. Also bau keine Scheiße. Laß ihn aussteigen.«
» O Gott, hätte er nicht durch Robinette fahren können?« jammerte Bobby Terry. Seine Hände umklammerten die Winchester. Dave schlug ihm auf die Hand. »Und das Gewehr nimmst du auch nicht mit.«
»Aber...«
»Schnauze! Lächle, verdammt noch mal!«
Bobby Terry fing an zu grinsen. Es war, als würde man einen mechanischen Jahrmarktclown grinsen sehen.
»Du bist zu nichts zu gebrauchen«, knurrte Dave. »Ich mach's. Bleib in dem verdammten Wagen sitzen.«
Sie waren jetzt auf Höhe des Scout, der mit zwei Rädern auf der Straße und mit zweien auf der weichen Böschung stand. Lächelnd stieg Dave aus. Er hatte die Hände in den Taschen seiner gelben Wetterjacke. In der linken Tasche steckte eine 38er Police Special. Der Richter kletterte vorsichtig aus dem Scout. Er trug ebenfalls eine gelbe Wetterjacke. Er ging behutsam, wie ein Mann, der eine zerbrechliche Vase trägt. In seinen Gelenken wütete die Arthritis wie ein Rudel Tiger. Er trug die Garand in der linken Hand.
»He, Sie wollen mich damit doch nicht erschießen?« fragte der Mann aus dem Willys mit einem freundlichen Grinsen.
»Wohl nicht«, sagte der Richter. Er sprach über das unablässige Zischen des Regens hinweg. »Sie müssen in Copperfield gewesen sein.«
»Das waren wir. Ich heiße Dave Roberts.« Er streckte die rechte Hand aus.
»Mein Name ist Farris«, sagte der Richter und streckte ebenfalls die rechte Hand aus. Er sah zum Beifahrerfenster des Willys und erblickte Bobby Terry, der sich herauslehnte und mit beiden Händen einen Fünfundvierziger auf ihn richtete. Regen tropfte vom Lauf. Sein totenblasses Gesicht war immer noch zu diesem mechanischen Jahrmarktsgrinsen verzerrt.
»Verdammt«, murmelte der Richter und zog die Hand in dem Augenblick aus Roberts' regenfeuchtem Griff, als Roberts durch die Tasche seiner Wetterjacke schoß. Die Kugel pflügte sich unterhalb des Magens durch den Leib des Richters, drehte sich, drückte sich platt und trat neben der Wirbelsäule wieder aus und hinterließ ein Loch, das so groß wie eine Untertasse war. Die Garand fiel ihm aus der Hand auf den Boden; er selbst wurde in die offene Fahrertür des Scout geschleudert.
Keiner hatte die Krähe bemerkt, die auf einen Telefondraht auf der anderen Straßenseite geflattert war.
Dave Roberts trat einen Schritt vor, um die Sache zu beenden. Als er sich in Bewegung setzte, feuerte Bobby Terry vom Beifahrersitz des Willys. Die Kugel traf Roberts am Hals und riß diesen größtenteils weg. Ein Blutschwall ergoß sich vorn über Roberts' Jacke und vermischte sich mit dem Regen. Er drehte sich zu Bobby Terry um; seine Kiefer arbeiteten in stummem, sterbendem Erstaunen, die Augen quollen aus den Höhlen. Er machte zwei schlurfende Schritte vorwärts, und das Erstaunen verschwand aus seinem Gesicht. Alles verschwand daraus. Er fiel tot um. Regen trommelte und putschte auf den Rücken seiner Wetter Jacke.
» O Scheiße, sieh dir das an!« schrie Bobby Terry völlig verzweifelt.
Der Richter dachte: Meine Arthritis ist weg. Wenn ich am Leben bliebe, würde ich die ganze Zunft in Erstaunen versetzen. Das Heilmittel gegen Arthritis ist eine Kugel in den Bauch. O Gott, sie haben mich hier erwartet. Ob Flagg es ihnen gesagt hat? Das muss er, Gott schütze die anderen, die das Komitee ausgeschickt hat.
Die Garand lag auf der Straße. Er bückte sich danach und spürte, wie ihm die Gedärme aus dem Leib quellen wollten. Ein seltsames Gefühl. Nicht sehr angenehm. Nicht darauf achten. Er packte das Gewehr. War es entsichert? Ja. Er hob es langsam auf. Es schien tausend Pfund zu wiegen.
Endlich nahm Bobby Terry den fassungslosen Blick von Daves Leiche und sah, daß der Richter gerade auf ihn schießen wollte. Der Richter saß auf der Straße. Seine Jacke war von der Brust bis zum Saum rot von Blut. Er hatte den Lauf der Garand aufs Knie gelegt. Bobby schoß, verfehlte aber. Die Garand entlud sich mit einem Donnerhall; zersplittertes Glas spritzte Bobby Terry ins Gesicht. Er hielt sich für tödlich getroffen und schrie auf. Dann sah er, daß die linke Hälfte der Windschutzscheibe verschwunden und er noch im Rennen war.
Der Richter korrigierte mühsam und verschob den Lauf der Garand auf seinem Knie um etwa zwei Grad. Bobby Terry, der mittlerweile völlig die Nerven verloren hatte, schoß dreimal in schneller Folge. Die erste Kugel riß ein Loch in die Seite des Scout. Die zweite traf den Richter über dem rechten Auge. Ein Fünfundvierziger ist eine große Waffe und kann auf kurze Entfernung Unangenehmes bewirken. Diese Kugel zertrümmerte dem Richter den Schädel und wirbelte die Knochensplitter in den Scout. Sein Kopf flog nach hinten, und Bobby Terrys dritte Kugel traf den Richter einen halben Zentimeter unter der Unterlippe und schlug ihm die Zähne in den Mund, von wo er sie mit seinem letzten Atemzug einsaugte. Kinn und Unterkiefer zersplitterten. Sein Finger krümmte sich im Todeskampf um den Abzug der Garand, aber die Kugel sauste in den weißen, verregneten Himmel.
Stille senkte sich herab.
Regen prasselte auf die Dächer von Scout und Willys. Auf die Jacken der beiden Toten. Das waren die einzigen Geräusche, bis die Krähe mit heiserem Krächzen vom Telefonkabel startete. Das schreckte Bobby Terry aus seiner Lähmung. Langsam stieg er aus, immer noch den rauchenden 45er in der Hand.
»Ich habe es geschafft!« sagte er selbstbewußt in den Regen.
»Kaltgemacht. Man glaubt es nicht. Schießerei am O.K. Corral. In die vollen. Der olle Bobby Terry hat ihm den Arsch weggeschossen.«
Aber dann dämmerte ihm mit wachsendem Entsetzen, daß er dem Richter nicht nur den Arsch weggeschossen hatte.
Der Richter war sterbend in den Scout zurückgesunken. Jetzt packte Bobby Terry ihn an den Aufschlägen seiner Jacke, riß ihn hoch und sah in das, was von den Zügen des Richters übriggeblieben war. Eigentlich nur die Nase. Und um ehrlich zu sein, auch die war in keinem besonders guten Zustand.
Es hätte irgendwer sein können.
Und in einer Vision des Grauens hörte Bobby Terry Flagg sagen: Ich will ihn unbeschädigt zurückschicken.
Herr im Himmel, dies konnte irgendwer sein. Es war, als hätte er absichtlich genau das Gegenteil von dem getan, was der Wandelnde Geck befohlen hatte. Zwei Treffer direkt ins Gesicht. Sogar die Zähne waren weg.
Regen prasselte, prasselte.
Hier drüben war es aus. Er wagte nicht, nach Osten zu gehen, und er wagte nicht, im Westen zu bleiben. Er würde entweder mit nacktem Rücken einen Telefonmast reiten... oder Schlimmeres.
Gabes Schlimmeres?
Solange dieses grinsende Gespenst hier herrschte, hatte Bobby Terry daran nicht den geringsten Zweifel. Was also war zu tun? Er strich sich mit den Händen durchs Haar, betrachtete das verwüstete Gesicht des Richters und versuchte zu denken. Süden. Das war die Lösung. Süden. Keine Grenzposten mehr. Nach Mexiko, und wenn es dann nicht weit genug war, nach Guatemala oder Panama oder vielleicht sogar ins elende Brasilien. Nur raus aus diesem Schlamassel. Kein Osten, kein Westen, nur Bobby Terry, der vor dem Wandelnden Geck so weit weglaufen mußte, wie seine Siebenmeilenstiefel ihn trugen...