The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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Du meinst, ein Fachidiot. Ich wette, ich weiß, woher seine Brandwunden stammen.
Lloyd sah auf die Uhr und richtete sich auf. »Da wir gerade von Indian Springs reden, ich muß hinfahren. Die Zeit reicht nur noch zum Duschen. Kommst du mit?«
»Diesmal nicht.«
Als die Dusche wieder rauschte, zog sie sich an. Bisher war es ihr immer gelungen, sich an- oder auszuziehen, wenn er nicht im Zimmer war, und so sollte es auch bleiben.
Sie schnallte sich das Messer um den Arm und schob es in die Klammer mit der Feder. Eine rasche Bewegung des Handgelenks, und sie hätte eine Zehnzollklinge in der Hand.
Nun, dachte sie, als sie die Bluse anzog, ein paarGeheimnisse muss ein Mädchen schon haben.
Am Nachmittag arbeitete sie in einem Trupp, der die Straßenlaternen wartete. Die Arbeit bestand darin, mit einem simplen Gerät zu prüfen, ob die Birnen noch intakt waren, und sie gegebenenfalls auszuwechseln, wenn sie ausgebrannt oder zur Zeit der Grippe in L. A. von Vandalen zertrümmert worden waren. Sie arbeiteten mit vier Leuten und benutzten einen Kirschenpflücker mit ausfahrbarer Plattform, mit dem sie von einer Laterne zur anderen und von Straße zu Straße rollten.
Am späten Nachmittag stand Dayna auf der Plattform des Kirschenpflückers, löste die Plexiglaskugel von einer der Straßenlaternen und überlegte, wie sympathisch ihr die Leute eigentlich waren, mit denen sie zusammenarbeitete, besonders Jenny Engstrom, eine energische und hübsche ehemalige Nachtklubtänzerin, die jetzt den Kirschenpflücker fuhr. Als Mädchen war sie der Typ, den Dayna gern als beste Freundin gehabt hätte, und sie wunderte sich darüber, daß Jenny auf der Seite des dunklen Mannes stand. Sie wunderte sich so sehr, daß sie es nicht wagte, Jenny um eine Erklärung zu bitten.
Die anderen waren auch in Ordnung. Sie fand, daß der Anteil der Dummen in Vegas größer war als in der Zone, aber keiner hatte Reißzähne, und sie verwandelten sich auch nicht in Fledermäuse, wenn der Mond aufging. Die Leute hier arbeiteten viel härter als die in der Zone. In der Freien Zone sah man die Leute zu jeder Tageszeit im Park Spazierengehen, und viele dehnten ihre Mittagspause auf zwei Stunden aus. So etwas passierte hier nicht. Von acht Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags arbeitete hier jeder, entweder in Indian Springs oder bei den Wartungstrupps hier in der Stadt. Und auch die Schule hatte wieder angefangen. In Vegas waren ungefähr zwanzig Kinder im Alter von vier (das war Daniel McCarthy, der Liebling aller, den die meisten Dinny nannten) bis fünfzehn. Sie hatten zwei Leute mit Lehrbefähigung gefunden, und an fünf Tagen in der Woche fand der Unterricht statt. Lloyd, der die Schule schon verlassen hatte, nachdem er die vorletzte Klasse zweimal wiederholt hatte, betonte immer wieder seinen Stolz auf die Bildungsmöglichkeiten, die es hier gab. Die Apotheken waren geöffnet und wurden nicht bewacht. Die Leute gingen ständig ein und aus... aber sie nahmen nichts Schlimmeres mit als ein paar Aspirin oder eine Flasche Gelusil. Ein Drogenproblern gab es im Westen nicht. Wer gesehen hatte, was mit Hector Drogan passiert war, kannte die Strafe für Sucht. Es gab keine Rieh Moffats. Alle waren freundlich und ehrlich. Und es war vernünftig, nichts Stärkeres als Flaschenbier zu trinken.
Deutschland im Jahre 1938, dachte sie. Die Nazis? Oh, das sind nette Leute. Sehr athletisch. Sie besuchen keine Nachtklubs, die Nachtklubs sind für die Touristen. Was machen sie? Sie machen Uhren.
War das ein fairer Vergleich, fragte sich Dayna unbehaglich und dachte an Jenny Engstrom, die sie so gerne hatte. Sie wußte es nicht... aber wahrscheinlich schon.
Sie prüfte die Birne in der Kuppel des Lichtmastes. Die war defekt. Sie schraubte sie aus, legte sie vorsichtig zwischen ihre Füße und schraubte ihre letzte neue ein. Gut, der Tag war ohnehin zu Ende. Es war...
Sie schaute nach unten und erstarrte.
Die Leute aus Indian Springs kamen von der Bushaltestelle. Alle sahen beiläufig nach oben, so wie Leute eben nach oben schauen, wenn sich oben etwas abspielt. Das Gratis-Zirkus -Syndrom. Dieses Gesicht, das zu ihr hochsah.
Dieses breite, lächelnde, erstaunte Gesicht.
Gott im Himmel, ist das Tom Cullen?
Salziger Schweiß lief ihr in die Augen, so daß sie doppelt sah. Als sie sich die Augen ausgewischt hatte, war das Gesicht verschwunden. Die Leute von der Bushaltestelle waren schon ein ganzes Stück die Straße hinuntergegangen, ließen ihre Frühstücksbehälter baumeln, sprachen und scherzten miteinander. Dayna suchte den Mann, den sie für Tom gehalten hatte, aber von hinten war er schwer zu erkennen...
Tom? Würden sie Tom schicken?
Sicherlich nicht. Das war so verrückt, das war fast...
Fast vernünftig.
Aber sie konnte es einfach nicht glauben.
»He, Jürgens!« schrie Jenny frech. »Bist du da oben eingeschlafen oder spielst du an dir rum?«
Dayna beugte sich über das niedrige Geländer der Plattform und schaute in Jennys nach oben gewandtes Gesicht. Sie zeigte ihr den Finger. Jenny lachte. Dayna schraubte die letzte Birne ein, und als sie es geschafft hatte, war auch schon Feierabend. Auf der Rückfahrt in die Garage war sie schweigsam und in sich gekehrt... so schweigsam, daß Jenny eine Bemerkung machte.
»Ich glaube, ich hab' einfach nichts zu sagen«, meinte Dayna halb lächelnd.
Das konnte nicht Tom Cullen gewesen sein.
Oder doch?
»Wach auf! Wach auf! Verdammt, wach auf, du Miststück!«
Sie erwachte aus einem trüben Schlaf, als sie einen Fußtritt in den Rücken bekam, der sie aus dem runden Bett auf den Fußboden schleuderte. Sie war sofort wach und blinzelte verwirrt. Lloyd stand vor ihr und sah sie mit kalter Wut an. Whitney Horgan. Ken DeMott. Ace High. Jenny. Aber auch Jennys gewöhnlich freundliches Gesicht war leer und kalt.
»Jen...?«
Keine Antwort. Dayna kam auf die Knie und war sich vage ihrer Nacktheit bewußt; die kalten Gesichter der Leute um sie herum nahm sie deutlicher wahr. Lloyds Gesichtsausdruck war der eines Mannes, der betrogen wurde und diesen Betrug entdeckt hatte.
»Zieh dich an, verdammt, du verlogene Schnüfflerin!«
Träume ich das?
Okay, es war also kein Traum. Vor Entsetzen verkrampfte sich ihr der Magen, aber sie hatte es geahnt. Sie waren dem Richter auf die Spur gekommen und jetzt ihr. Er hatte es ihnen gesagt. Sie sah auf die Uhr auf dem Nachttisch. Es war kurz nach vier Uhr morgens. Die Stunde der Gestapo, dachte sie.
»Wo ist er?« fragte sie.
»In der Nähe«, sagte Lloyd böse. Sein Gesicht war blaß und glänzend. Im offenen V seines Hemdkragens sah Dayna das Amulett. »Du wirst sehr bald wünschen, daß er weit weg wäre.«
»Lloyd?«
»Was ist?«
»Ich habe dir eine Geschlechtskrankheit angehängt. Ich hoffe, er fault dir ab.«
Er trat sie gegen das Brustbein; sie fiel auf den Rücken.
»Ich hoffe, er fault dir ab, Lloyd.«
»Halt's Maul und zieh dich an.«
»Raus mit euch. Ich zieh' mich nicht vor Männern an.«
Wieder trat Lloyd sie, diesmal an den Bizeps des rechten Oberarms. Die Schmerzen waren entsetzlich, ihr Mund verzog sich zu einem zitternden Bogen, aber sie schrie nicht.
»Steckst in der Scheiße, Lloyd, was? Hast mit Mata Hari geschlafen?« Sie grinste ihn mit Tränen des Schmerzes in den Augen an.
»Komm, Lloyd«, sagte Whitney Horgan. Er sah Mordlust in Lloyds Augen, trat rasch auf ihn zu und legte ihm die Hand auf den Arm.
»Wir gehen ins Wohnzimmer. Jenny kann aufpassen, wenn sie sich anzieht.«
»Und wenn sie nun aus dem Fenster springt?«
»Die Gelegenheit wird sie nicht haben«, sagte Jenny. Ihr breites Gesicht war tot und leer, und jetzt merkte Dayna zum ersten Mal, daß sie eine Pistole an der Hüfte trug.