The Stand. Das letze Gefecht
The Stand. Das letze Gefecht читать книгу онлайн
Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
Внимание! Книга может содержать контент только для совершеннолетних. Для несовершеннолетних чтение данного контента СТРОГО ЗАПРЕЩЕНО! Если в книге присутствует наличие пропаганды ЛГБТ и другого, запрещенного контента - просьба написать на почту [email protected] для удаления материала
Er setzte sich in seinen Lieblingssessel und machte die Augen zu. Als sein Herz langsamer schlug, ging er zum Kamin, nahm den losen Stein heraus und holte das HAUPTBUCH. Es beruhigte ihn. In einem Hauptbuch verzeichnete man Schulden, Außenstände und Kapitalerträge. In einem Hauptbuch wurde letztendlich alles abgerechnet.
Er setzte sich wieder, schlug die Seite auf, wo er aufgehört hatte, zögerte und schrieb dann: 14. August 1990. Er schrieb fast anderthalb Stunden lang; sein Kugelschreiber füllte Zeile für Zeile, Seite für Seite. Sein Gesicht war beim Schreiben abwechselnd grimmig amüsiert und düster rechtschaffen, entsetzt und erfreut, verletzt und heiter. Als er fertig war, las er durch, was er geschrieben hatte (» Dies sind meine Briefe an die Welt/die mir nie geschrieben hat...«) und massierte sich dabei abwesend die schmerzende rechte Hand.
Er verbarg das Hauptbuch wieder unter dem lockeren Stein. Er war ruhig; er hatte alles aus sich herausgeschrieben; er hatte sein Entsetzen und seine Wut auf die Seiten fließen lassen, und sein Wille war stark. Das war gut. Manchmal machte der Vorgang des Schreibens ihn unruhig, und dann wußte er, daß er falsch geschrieben hatte oder ohne die Anstrengung, welche erforderlich war, die stumpfe Kante der Wahrheit dahingehend zu schleifen, dass sie schneiden konnte - daß sie Blut fließen ließ. Aber heute abend konnte er das Buch ruhig und gelassen zurücklegen. Wut und Angst und Hilflosigkeit waren wohlbehalten in das Buch übertragen worden, und darüber kam ein Stein, der alles fernhielt, während er selbst schlief.
Harold zog eine Jalousie hoch und sah auf die stumme Straße hinaus. Während er die Flatirons betrachtete, dachte er ruhig darüber nach, daß er nahe daran gewesen war, es einfach doch zu tun, einfach den Achtunddreißiger herauszuziehen und alle vier umzunieten. Das hätte es ihrem stinkenden, selbstgefälligen Ad-hocKomitee gezeigt. Wenn er mit ihnen fertig gewesen wäre, hätten sie nicht einmal eine beschlußfähige Mehrheit mehr übrig gehabt. Aber im letzten Augenblick hatte ein letzter Faden der Vernunft gehalten, anstatt zu reißen. Er war imstande gewesen, die Waffe loszulassen und dem falschen Halunken die Hand zu drücken. Wie, das wußte er nicht, aber es war Gott sei Dank gelungen. Ein Genie erkennt man an seiner Fähigkeit, den rechten Zeitpunkt abzuwarten - und das würde er.
Jetzt war er müde; es war ein langer und ereignisreicher Tag gewesen.
Während er sich das Hemd aufknöpfte, schaltete Harold zwei der drei Gaslampen aus und nahm die letzte, um ins Schlafzimmer zu gehen. Als er durch die Küche ging, blieb er wie angewurzelt stehen. Die Tür zum Keller stand offen.
Er ging hin, hob die Eampe hoch und schritt die ersten drei Stufen hinunter. Angst schlich sich in sein Herz und vertrieb die Ruhe.
»Wer ist da?« rief er. Keine Antwort. Er sah das Hockeyspiel. Die Poster. In der hinteren Ecke ein paar buntgestreifte Krocketschläger in ihrem Gestell.
Er ging noch drei Stufen hinunter. »Ist da jemand?«
Nein, er hatte nicht das Gefühl. Aber das vertrieb die Angst nicht. Er ging ganz nach unten und hielt die Lampe hoch über den Kopf; auf der anderen Seite des Zimmers folgte ein monströser SchattenHarold, so riesig und schwarz wie der Affe in der Rue Morgue, seinem Beispiel.
War da etwas auf dem Fußboden da drüben? Ja. Eindeutig. Er ging an der Autorennbahn vorbei zum Fenster, durch das Fran eingestiegen war. Auf dem Fußboden lag hellbrauner Staub. Harold stellte die Lampe daneben. Mitten im Staub, so deutlich wie ein Fingerabdruck, war der Abdruck eines Turn- oder Tennisschuhs... kein Waffel- oder Zickzackmuster, sondern eine Anordnung von Kreisen und Linien. Er sah ihn an, brannte ihn sich ins Gedächtnis ein, dann kickte er den Staub zu einer Wolke auf und verwischte den Abdruck. Im Licht der Coleman-Lampe wirkte sein Gesicht wie das einer Wachsfigur.
»Das werdet ihr büßen«, sagte Harold leise. »Wer von euch es auch war, das werdet ihr büßen! Ja, das werdet ihr!«
Er ging wieder die Treppe hinauf und durchsuchte das ganze Haus nach weiteren Spuren des Eindringlings. Er fand keine. Er gelangte zuletzt ins Wohnzimmer und war nicht mehr müde. Er glaubte schon, daß jemand - vielleicht ein Kind - aus Neugier eingebrochen war, als ihn plötzlich der Gedanke HAUPTBUCH wie eine Explosion durchzuckte. Das Motiv für den Einbruch war so klar, so entsetzlich, daß er es fast völlig übersehen hätte.
Er lief zum Kamin, entfernte den Stein und riß das HAUPTBUCH heraus. Zum ersten Mal begriff er, wie gefährlich das Buch war. Wenn jemand es fand, war alles aus. Das sollte gerade er am besten wissen; hatte nicht alles mit Frans Tagebuch angefangen? Das HAUPTBUCH. Der Fußabdruck. Bedeutete letzterer, dass ersteres entdeckt worden war? Natürlich nicht. Aber wie konnte er Gewißheit bekommen? Es gab keine Möglichkeit, das war die pure, höllische Wahrheit der Sache.
Er legte den Stein wieder an seinen Platz und nahm das Buch mit ins Schlafzimmer. Zusammen mit dem Smith & Wesson-Revolver legte er es unter das Kopfkissen und dachte, er sollte es verbrennen. Das Beste, das er je geschrieben hatte, war zwischen diesen beiden Buchdeckeln, das einzige Geschriebene, das je aus Glaube und persönlicher Überzeugung entstanden war.
Er legte sich hin und machte sich auf eine schlaflose Nacht gefaßt, während er im Geiste rastlos mögliche Verstecke durchging. Unter einem lockeren Brett? Hinten im Schrank? Konnte er möglicherweise den alten Trick mit dem entwendeten Brief durchziehen und es tollkühn aufs Bücherregal stellen, ein Band unter vielen, zwischen einem Reader's Digest Auswahlbuch auf der einen und Die sinnliche Frauauf der anderen Seite? Nein - das war zu tollkühn; dann könnte er das Haus nicht mehr ruhigen Gewissens verlassen. Wie wäre es mit einem Bankschließfach? Nein, das war nicht gut - er wollte es bei sich haben, damit er es ansehen konnte.
Schließlich döste er ein, und sein Verstand, der vom aufziehenden Schlaf freigesetzt wurde, schwebte ohne Führung des Bewußtseins davon, eine Flipperkugel in Zeitlupe. Er dachte: Es muß versteckt werden, darauf kommt es an... wenn Frannie ihres besser versteckt hätte... wenn ich nicht gelesen hätte, was sie wirklich von mir hält... ihre Scheinheiligkeit... wenn sie...
Harold richtete sich kerzengerade im Bett auf, stieß einen leisen Schrei aus und riß die Augen auf.
So saß er lange Zeit, und nach einer Weile fing er an zu zittern. Wußte sie es? War es Frans Fußabdruck? Tagebücher... Alben... Hauptbücher...
Schließlich legte er sich wieder hin, aber es dauerte lange, bis er einschlafen konnte. Er überlegte ständig, ob Fran Goldsmith für gewöhnlich Tennis- oder Turnschuhe trug. Und wenn, was für ein Muster hatten ihre Sohlen?
Sohlenmuster, Seelenmuster. Als er endlich einschlief, quälten ihn unbehagliche Träume und er schrie mehr als einmal kläglich in der Dunkelheit auf, als wollte er Wesen vertreiben, denen er längst für immer Einlaß gewährt hatte.
Stu kam Viertel nach neun. Fran lag zusammengerollt auf dem Doppelbett, trug eines seiner Hemden - das ihr fast bis zu den Knien reichte - und las ein Buch mit dem Titel Fünfzig Nutzpflanzen. Sie stand auf, als er eintrat.
»Wo warstdu? Ich habe mir Sorgen gemacht!«
Stu berichtete Harolds Vorschlag, nach Mutter Abagail zu suchen, damit sie sie wenigstens im Auge behalten konnten. Von Heiligen Kühen sagte er nichts. Als er sein Hemd aufknöpfte, kam er zum Ende: »Wir hätten dich mitgenommen, Kleines, aber du warst unauffindbar.«
»Ich war in der Bibliothek«, sagte sie und sah ihm zu, wie er das Hemd auszog und in den Wäschesack stopfte, der hinter der Tür hing. Er war ziemlich behaart, an Brust und Rücken, und sie dachte, bis sie Stu kennengelernt hatte, hatte sie haarige Männer immer ein wenig abstoßend gefunden. Sie vermutete, die Erleichterung, dass sie ihn wiederhatte, machte sie etwas albern im Kopf. Harold hatte ihr Tagebuch gelesen, das wußte sie jetzt. Sie hatte entsetzliche Angst gehabt, daß Harold versuchen würde, Stu allein zu erwischen, um... nun, um ihm etwas anzutun. Aber warum jetzt, heute, wo sie es herausgefunden hatte? Wenn Harold den schlafenden Hund so lange nicht geweckt hatte, war es dann nicht logisch anzunehmen, daß er den Hund überhaupt nicht wecken wollte? Und war es nicht möglich, daß Harold bei der Lektüre ihres Tagebuchs eingesehen hatte, daß es völlig sinnlos war, ihr dauernd nachzustellen? So kurz nach der Neuigkeit von Mutter Abagails Verschwinden war sie genau in der richtigen Stimmung gewesen, böse Vorzeichen in Hühnereingeweiden zu sehen, aber schließlich hatte Harold nur ihr Tagebuch gelesen, kein Geständnis aller Verbrechen der Welt. Und wenn sie Stu erzählte, was sie festgestellt hatte, würde sie dumm dastehen und ihn unnütz gegen Harold aufbringen... und wahrscheinlich gegen sie selbst, weil sie so albern gewesen war.