The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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Ein gräßlich faszinierender Vorgang.
Als in diesem Juni das Ende der Welt gekommen war, hatte man die Kraft des Magnetismus immer noch nicht völlig verstanden gehabt, doch Harold (dessen Verstand nie rational-wissenschaftlicher Prägung gewesen war) glaubte, die Physiker, die so etwas studierten, wären der Meinung gewesen, sie hätte etwas mit der Schwerkraft zu tun, und die Schwerkraft war der Grundstein des Universums.
Auf dem Weg nach Nederland, Richtung Westen, nach oben, während die Luft ringsum immer kälter wurde und er sah, wie sich Gewitterwolken um die höheren Berggipfel jenseits von Nederland zusammenzogen, hatte Harold diesen Vorgang in sich selbst zu spüren begonnen. Er näherte sich dem Punkt des Gleichgewichts... und nicht mehr lange, dann würde er den Punkt erreichen, wo der Sog zu wirken anfing. Er war ein Eisenstück in genau der Entfernung vom Magneten, wo ein Schubs es weiter als unter normalen Umständen transportiert. Er konnte die Vibration in sich spüren. Es kam einem heiligen Erlebnis so nahe wie noch nichts in seinem Leben. Die Jugend leugnet das Heilige, weil dessen Anerkennung bedeutet, den eventuellen Tod aller empirischen Objekte anzuerkennen, und Harold lehnte es ebenfalls ab. Die alte Frau war irgendwie übersinnlich begabt, hatte er gedacht, ebenso Flagg, der dunkle Mann. Sie waren menschliche Funksender, mehr nicht. Ihre wahre Macht würde in den Gesellschaften liegen, die sich rings um ihre Signale herum bildeten, welche so verschieden voneinander waren. Hatte er gedacht.
Aber als er auf seiner geparkten Honda am Ende der mickrigen Hauptstraße von Nederland saß, das Kontrollicht der Honda neutral wie ein Katzenauge leuchtete und er dem winterlichen Heulen des Windes in den Pinien und Espen lauschte, verspürte er mehr als nur magnetische Anziehung. Er spürte eine gewaltige, irrationale Macht aus Westen kommen, eine derart große Faszination, daß er das Gefühl hatte, wenn er sich jetzt näher damit beschäftigte, würde er verrückt werden. Er hatte das Gefühl, wenn er sich viel weiter über den Punkt des Gleichgewichts hinauswagte, würde er jeden freien Willen verlieren. Er würde so aufbrechen, wie er war, mit leeren Händen.
Und dafür würde der dunkle Mann ihn töten, obwohl ihn eigentlich keine Schuld traf.
Daher hatte er sich mit der freudlosen Erleichterung eines potentiellen Selbstmörders abgewendet, der lange in einen tiefen Abgrund geblickt hat. Aber wenn er wollte, könnte er noch heute gehen. Ja, er könnte Redman mit einer einzigen Kugel aus nächster Nähe erschießen. Dann vor Ort bleiben, eiskalt bleiben und warten, bis dieser Dorftrottel aus Oklahoma auftauchte. Noch ein Schuß in die Schläfe. Niemand würde sich um die Schüsse kümmern; es gab genug Wild, und viele Leute ballerten auf das Wild, das in die Stadt kam.
Es war jetzt zehn vor sieben. Bis halb acht könnte er sie beide erledigt haben. Franny würde frühestens um halb elf Alarm schlagen, bis dahin konnte er längst weg sein und mit der Honda samt Rucksack und Hauptbuch nach Westen fahren. Aber soweit würde es nicht kommen, wenn er nur hier auf dem Motorrad saß und Zeit verrinnen ließ.
Die Honda sprang beim zweiten Tritt an. Eine gute Maschine. Harold lächelte. Harold grinste. Harold strahlte richtiggehend Fröhlichkeit aus. Er fuhr zum Chautauqua Park.
Die Dämmerung hatte schon eingesetzt, als Stu Harolds Motorrad in den Park fahren hörte. Einen Augenblick später sah er den Scheinwerfer der Honda zwischen den Bäumen aufblitzen, die an der steilen Zufahrt zum Park standen. Dann sah er, wie sich Harolds Kopf samt Helm nach rechts und links drehte und ihn suchte. Stu, der auf dem Rand eines gemauerten Grills saß, winkte und rief. Augenblicke später sah Harold ihn, winkte zurück und tuckerte im zweiten Gang näher.
Seit der gemeinsamen Expedition der drei heute nachmittag hatte Stu eine bessere Meinung von Harold... sogar besser denn je. Harolds Vorschlag war verdammt gut gewesen, auch wenn ihre Suche ergebnislos geblieben war. Und Harold hatte darauf bestanden, die Straße nach Nederland abzusuchen ... da oben mußte es trotz seiner warmen Jacke ziemlich kalt gewesen sein. Als er anhielt, sah Stu, daß Harolds ständiges Grinsen mehr einer Grimasse glich; sein Gesicht wirkte angespannt und zu blaß. Enttäuscht, daß es nicht besser gelaufen ist, dachte Stu. Plötzlich verspürte er Schuldgefühle, weil er und Frannie Harold so schlecht behandelt hatten, als wären sein ständiges Grinsen und der überfreundliche Umgang mit den Leuten eine Art Tarnung. Hatten sie eigentlich je die Möglichkeit erwogen, daß der Bursche vielleicht wirklich versuchte, eine neue Seite von sich aufzuschlagen und nur deshalb so komisch vorging, weil er so etwas noch nie im Leben versucht hatte? So war es wohl, überlegte Stu.
»Nichts, hm?« fragte er Harold und sprang mit taubem Gefühl vom Grill herab.
» De nada«, sagte Harold. Das Grinsen kam wieder, aber es war automatisch, ohne Kraft, wie ein Starrkrampf. Sein Gesicht sah immer noch seltsam und leichenblaß aus. Er hatte die Hände in den Jackentaschen stecken.
»Macht nichts. Der Vorschlag war gut. Wer weiß, vielleicht ist sie schon wieder im Haus. Wenn nicht, suchen wir morgen weiter.«
»Dann suchen wir vielleicht nach einer Leiche.«
Stu seufzte. »Vielleicht... ja, vielleicht. Harold, möchtest du heute abend zum Essen vorbeikommen?«
»Was?« Harold schien in der zunehmenden Düsternis unter den Bäumen zusammenzuzucken. Sein Grinsen wirkte noch verkrampfter als vorher.
»Essen«, sagte Stu geduldig. »Frannie würde sich auch freuen, dich zu sehen. Ohne Quatsch. Wirklich.«
»Ja, vielleicht«, sagte Harold, der immer noch unbehaglich dreinsah.
»Aber ich bin... ich war mal in sie... du weißt schon. Vielleicht ist es besser, wenn wir... es vorerst lassen. Das ist nicht persönlich gemeint. Ihr zwei paßt gut zusammen. Das weiß ich.« Sein Lächeln strahlte wieder vor Aufrichtigkeit. Es war ansteckend; Stu lächelte auch.
»Du mußt es wissen, Harold. Aber die Tür steht dir jederzeit offen.«
»Danke.«
»Nein, ich muß dir danken«, sagte Stu ernst.
Harold blinzelte. »Mir?«
»Daß du uns suchen geholfen hast, wo alle anderen der Natur ihren Lauf lassen wollten. Auch wenn nichts dabei herausgekommen ist. Hand drauf?« Stu streckte die Hand aus. Harold starrte sie eine Weile unentschlossen an, und Stu glaubte nicht, daß er seine Geste akzeptieren würde. Dann nahm Harold die rechte Hand aus der Jackentasche - sie schien an etwas hängenzubleiben, vielleicht am Reißverschluß - und schüttelte Stu kurz die Hand. Harolds Hand war warm und verschwitzt.
Stu trat vor ihn und sah zur Einfahrt. »Ralph müßte schon da sein. Hoffentlich hat er keinen Unfall auf der Bergstrecke gehabt. Er... da ist er ja.«
Stu ging zum Straßenrand vor; ein zweiter Scheinwerfer blitzte jetzt in der Einfahrt auf und spielte Verstecken zwischen der Abschirmung der Bäume.
»Ja, das ist er«, sagte Harold mit seltsam gepreßter Stimme hinter ihm.
»Da kommt noch jemand«, sagte Stu.
»W-was?«
»Da.« Stu deutete auf einen zweiten Motorradscheinwerfer hinter dem ersten.
»Oh.« Wieder diese seltsam gepreßte Stimme. Stu drehte sich um.
»Alles klar, Harold?«
»Nur müde.«
Das zweite Fahrzeug gehörte Glen Bateman; es war ein Moped, die einzige Form von Motorrad, an die er sich gewöhnen konnte; Nadines Vespa wirkte dagegen wie eine Harley. Hinter Ralph sass Nick Andres als Sozius.
Nick lud sie alle auf Kaffee und/oder Brandy ins Haus ein, das er mit Ralph bewohnte. Stu war einverstanden, aber Harold, der abgespannt und müde wirkte, lehnte ab.
Er ist so verdammt enttäuscht, dachte Stu und überlegte, daß er nicht nur zum ersten Mal Sympathie für Harold empfand, sondern es auch höchste Zeit dafür war. Er wiederholte Nicks Einladung noch einmal, aber Harold schüttelte nur den Kopf und sagte Stu, er hätte genug für heute. Er wollte nur heim und ausschlafen. Als Harold zu Hause ankam, zitterte er so heftig, daß er kaum den Schlüssel ins Türschloß brachte. Als er die Tür endlich geöffnet hatte, stürzte er ins Haus, als hätte er Angst, ein Wahnsinniger würde sich hinter ihm auf dem Gehweg anschleichen. Er schlug die Tür zu, schloß ab, schob den Riegel vor. Dann lehnte er sich einen Moment mit zurückgelegtem Kopf und geschlossenen Augen gegen die Tür und war am Rande eines hysterischen Weinkrampfs. Als er sich wieder in der Gewalt hatte, tastete er sich durch die Diele ins Wohnzimmer und zündete alle drei Gaslampen an. Das Zimmer wurde hell, und hell war besser.