The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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»Herrje, was sollte denn eine alte Frau wie ich da mitzureden haben?«
»Eine Menge«, sagte Ralph ernst, beinahe schockiert. »Wir sind nur Ihretwegen hier. Ich glaube, wir werden alles machen, was Sie wollen.«
»Ich will nur weiterhin frei leben, wie immer, wie eine Amerikanerin. Ich will nur mitreden, wenn es Zeit dafür ist. Wie eine Amerikanerin.«
»Das werden Sie alles kriegen.«
»Denken die anderen genauso?«
»Jede Wette.«
»Dann ist es ja gut.« Sie schaukelte unbekümmert. »Es wird Zeit, daß sich alle an die Arbeit machen. Einige trödeln hier nur herum. Warten größtenteils nur darauf, daß ihnen jemand sagt, was sie tun sollen.«
»Dann kann ich also weitermachen?«
»Womit?«
»Nick und Stu haben mich gebeten, eine Druckerpresse zu suchen und, wenn möglich, in Betrieb zu nehmen, wenn sie mir Strom besorgen können. Ich habe ihnen gesagt, daß ich keinen Strom brauche. Ich gehe einfach zur High School und suche mir den größten Matritzenkopierer, den ich finden kann. Sie wollen Flugblätter.« Er schüttelte den Kopf. »Also wirklich! Siebenhundert. Dabei sind wir hier nur vierhundert und ein paar Zerquetschte.«
»Und neunzehn draußen am Tor, die wahrscheinlich einen Hitzschlag kriegen, während wir schwatzen. Bring sie rein.«
»Mach ich«, sagte Ralph und ging.
»Und, Ralph?«
Er drehte sich um.
»Druck tausend«, sagte sie.
Sie kamen durch das Tor, das Ralph ihnen aufgemacht hatte, und sie empfand ihre Sünde, die Sünde, die sie für die Mutter aller Sünden hielt. Der Vater aller Sünden war Diebstahl; alle zehn Gebote liefen auf eins hinaus: »Du sollst nicht stehlen.« Mord war Diebstahl von Leben; Ehebruch Diebstahl einer Frau; Begierde der heimliche, schleichende Diebstahl, der tief im Herzen stattfindet. Blasphemie war der Diebstahl von Gottes Namen, aus dem Hause des Herrn entwendet und auf die Gassen geschickt wie eine einherstolzierende Hure. Sie war nie eine nennenswerte Diebin gewesen; hatte schlimmstenfalls hier und da eine Kleinigkeit stibitzt.
Die Mutter der Sünde war Stolz.
Stolz war die weibliche Seite Satans in der menschlichen Rasse, das stille, stets fruchtbare Ei der Sünde. Stolz hatte Moses aus Kanaan ferngehalten, wo die Trauben so groß waren, daß die Männer sie in Schlingen tragen mußten. Wer schlug das Wasser aus dem Felsen, als uns dürstete?hatten die Kinder Israels gefragt, und Moses hatte geantwortet: Ich war es.
Sie war immer eine stolze Frau gewesen. Stolz auf den Fußboden, den sie auf Händen und Knien gewischt hatte (aber wer hatte ihr Hände und Knie und selbst das Wasser gegeben, das sie dazu brauchte?), stolz darauf, daß ihre Kinder alle rechtschaffen geworden waren - keines war je im Gefängnis gewesen, keines Alkohol oder Drogen verfallen, und keines hatte je im falschen Bett herumgemacht -, aber die Mütter von Kindern waren die Töchter Gottes. Sie war stolz auf ihr Leben, aber sie hatte ihr Leben nicht gemacht. Stolz war der Fluch des Willens, und der Stolz hatte seine Launen, wie eine Frau. Mit hundertacht Jahren kannte sie weder alle seine Illusionen, noch war sie über seinen Glanz erhaben.
Und als sie durch das Tor kamen, dachte sie: Mich wollen sie besuchen. Und dieser Sünde folgte eine Reihe blasphemischer Metaphern, die ihr ungewollt in den Sinn kamen: wie sie einer nach dem ändern durch das Tor traten wie Kommunionsempfänger, ihr junger Anführer mit gesenktem Blick, eine hellhaarige Frau an seiner Seite, ein kleiner Junge gleich hinter ihm neben einer dunkeläugigen Frau, in deren schwarzem Haar graue Strähnen zu sehen waren. Die andern in einer Reihe hinter ihnen.
Der junge Mann stieg die Verandastufen hoch, aber seine Frau blieb unten stehen. Sein Haar war lang, wie Ralph gesagt hatte, aber sauber. Außerdem trug er einen beachtlichen rötlichblonden Bart. Er hatte ein energisches Gesicht, aber an der Stirn und um den Mund herum zeigten sich frische Sorgenfalten.
»Es gibt Sie also wirklich«, sagte er leise.
»Nun, das will ich meinen«, sagte sie. »Ich bin Abagail Freemantle, aber die meisten Leute hier nennen mich nur Mutter Abagail. Willkommen bei uns.«
»Danke«, sagte er mit belegter Stimme, und sie sah, daß er mit den Tränen kämpfte. »Ich bin... wir freuen uns, daß wir hier sind. Mein Name ist Larry Underwood.«
Sie streckte ihm die Hand hin, er nahm sie sanft, ehrfürchtig, und sie empfand wieder diesen Anflug von Stolz, diese Halsstarrigkeit. Es war, als glaubte er, sie hätte ein Feuer in sich, das ihn verbrennen konnte.
»Ich... habe von Ihnen geträumt«, sagte er verlegen. Sie lächelte und nickte, und er drehte sich so steif um, daß er fast gestolpert wäre. Er ging mit gebeugten Schultern die Stufen hinunter. Er wird sich entspannen, dachte sie. Jetzt war er hier und würde bald einsehen, daß er nicht die ganze Last der Welt auf seine Schultern nehmen mußte. Ein Mann, der an sich selbst zweifelt, sollte sich nicht zu lange zu sehr anstrengen müssen, erst wenn er die nötige Reife hat, und dieser Mann Larry Underwood war noch ein wenig grün und unfertig. Aber sie mochte ihn.
Seine Frau, ein hübsches kleines Ding mit Augen wie Veilchen, kam als nächste herauf. Sie sah Mutter Abagail kühn, aber nicht spöttisch an. »Ich bin Lucy Swann. Freut mich, Sie kennenzulernen.« Und sie machte einen kleinen Hofknicks, obwohl sie Hosen anhatte.
»Schön, daß du gekommen bist, Lucy.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich frage... nun...« Sie sah zu Boden und errötete heftig.
»Hundertundacht nach letzter Zählung«, sagte Abagail freundlich.
»Kommen mir manchmal wie zweihundertsechzehn vor.«
»Ich habe von Ihnen geträumt«, sagte Lucy und zog sich verwirrt zurück.
Dann kamen die Frau mit den dunklen Augen und der Junge. Die Frau sah Mutter Abagail ernst und mit festem Blick an; das Gesicht des Jungen zeigte unverhohlenes Erstaunen. Der Junge war in Ordnung. Aber etwas an der Frau berührte sie mit Grabeskälte. Er ist hier, dachte sie. Er ist in Gestalt dieser Frau gekommen... denn siehe, er kommt nicht nur in seiner eigenen Gestalt... Wolf... Krähe... Schlange.
Sie war noch nicht darüber hinaus, Angst um sich selbst zu empfinden, und einen Augenblick dachte sie, diese seltsame Frau mit den weißen Strähnen im Haar würde fast beiläufig die Hand ausstrecken und ihr das Genick brechen. Den einen Augenblick lang, den dieses Gefühl anhielt, bildete sich Mutter Abagail tatsächlich ein, das Gesicht der Frau wäre verschwunden und sie würde in ein Loch in Raum und Zeit sehen, ein Loch, aus dem zwei dunkle und verfluchte Augen sie betrachteten - Augen, die verloren und verzweifelt und hoffnungslos waren.
Aber es war nur eine Frau, nicht er. Der dunkle Mann würde es niemals wagen, selbst hierher zu kommen, nicht einmal in einer fremden Gestalt. Es war nur eine Frau - eine hübsche obendrein - mit ausdrucksvollem, sinnlichem Gesicht, die einen Arm um die Schultern ihres kleinen Jungen gelegt hatte. Sie hatte nur einen Moment einen Tagtraum gehabt. Das mußte es gewesen sein.
Für Nadine Cross brachte dieser Augenblick Verwirrung. Als sie durch das Tor kamen, war alles in Ordnung gewesen. Alles war in Ordnung gewesen, bis Larry angefangen hatte, mit der alten Frau zu sprechen. Dann war ein fast übermächtiges Gefühl des Ekels und Entsetzens über sie gekommen. Die alte Frau konnte... konnte was?
Konnte sehen.
Ja. Sie hatte Angst, die alte Frau könnte in ihr Innerstes sehen, wo die Dunkelheit bereits gesät war und prächtig gedieh. Sie hatte Angst, die alte Frau könnte aus ihrem Schaukelstuhl auf der Veranda aufstehen, sie demaskieren und verlangen, daß sie und Joe auf der Stelle zu dem gingen (zu ihm), dem sie vorherbestimmt war.
Die beiden betrachteten einander - jede von ihrer eigenen dumpfen Angst erfüllt. Sie schätzten einander ab. Der Augenblick war kurz, aber den beiden kam er sehr lang vor.