Die letzte Diagnose
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ORBIT HOSPITAL ist ein Klinikum im All, das allen raumfahrenden Lebensformen der Galaxis medizinische Hilfe leistet. Es nimmt alle Gesch?pfe auf, ob sie ein Dutzend Gliedma?en haben oder gar keine, ob sie sich von Radioaktivit?t ern?hren oder Wasser atmen – von anderen exotischen Gewohnheiten und Bed?rfnissen ganz zu schweigen. Es ist ein ?kologisches Tollhaus und ein organisatorischer Irrwitz, aber es ist f?r alle da und es funktioniert. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes – lebensnotwendig.
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»Aber meine Handflächen schwitzen bis zu den Ellbogen hoch!« unterbrach Hewlitt sie, zumal er absolut nicht willens war, sich in dieser Situation schon wieder einen medizinischen Vortrag der Schwester anzuhören.
»Auf jeden Fall besteht für Sie keine Gefahr«, beruhigte ihn die Hudlarerin. »Kelgianische Krankheitserreger können die Speziesbarriere nicht durchbrechen… Oh! Ich glaube, Patientin Morredeth entspannt sich allmählich.«
Die Kelgianerin bewegte nun auch ihre Beine nicht mehr, und ihr Körper lag schlaff und mit vollem Gewicht auf Hewlitts Bauch und Brust. Die Schwester schob nun die wieder freien Greiftentakel von beiden Seiten unter den Körperschwerpunkt der Kelgianerin und hob Morredeth auf das Bett. Während Hewlitt wieder auf die Beine kam, brachte sie den schlaffen Körper Morredeths in die für ruhende Kelgianer anscheinend bequeme S-Form. Er konnte gerade noch einen Blick auf die große aufgedeckte Hautfläche und das strähnige, verfärbte Fell werfen, bevor sie die gelösten Verbände wieder anlegte.
»Bitte waschen Sie sich das Medikament der Kelgianerin von den Händen ab, Patient Hewlitt«, forderte ihn die Schwester auf. »Es wird Ihnen zwar nicht schaden, aber es könnte sein, daß sie den Geruch unangenehm finden, dann gehen Sie ins Bett zurück und versuchen zu schlafen. Ich werde später bei Ihnen vorbeischauen, um zu sehen, ob Sie kleinere Abschürfungen erlitten haben, die Sie in der momentanen Aufregung vielleicht gar nicht bemerken.Bevor Sie gehen, muß ich mich noch für mein spätes Eintreffen entschuldigen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, befinden sich in den Sensorenmeßgeräten auch Mikrofone, so daß auch die akustischen Signale von Patienten auf die Überwachungsmonitore übertragen werden. Diese Signale werden übrigens aufgezeichnet, damit sie auch für spätere Untersuchungen zur Verfügung stehen. Durch die Richtung, in die sich Ihre Unterhaltung entwickelte, war mir schnell klar, daß etwas passieren und eine schnelle Injektion des Beruhigungsmittels erforderlich werden könnte. Da es sich dabei um ein neu entwickeltes Medikament handelt, bin ich dazu verpflichtet, eine Verabreichung des Mittels vorher mit der Pathologie genau abzusprechen, wenn kein Chefarzt auf der Station ist. Deshalb bin auch erst eingetroffen, als Sie bereits um Hilfe riefen.«
Hewlitt lachte. »Und ich habe die ganze Zeit das Gefühl gehabt, daß Sie unglaublich schnell da waren. Aber wenn das Gespräch mit Morredeth aufgezeichnet wurde, bedeutet das nicht auch, daß Sie Schwierigkeiten bekommen werden? Ich meine, schließlich habe ich ihr davon erzählt, daß Sie mit der Dienstanweisung, ihr keine Beruhigungsmittel mehr zu geben und sich nachts nicht mehr mit ihr unterhalten zu dürfen, nicht einverstanden sind. Was bedeutet das jetzt für Sie? Sind Sie sich sicher, daß man Ihnen keine Vorwürfe machen wird?«
Zwar wußte er nicht, was die Schwester gerade dachte, doch hatte er das Gefühl, daß sie besorgt war, als sie antwortete: »Einige Leute, zu denen auch Medalont, Leethveeschi und Lioren gehören, werden sich die Aufnahme genau anhören, und man wird mich ausdrücklich kritisieren. Doch wie Sie bereits bemerkt haben dürften, haben Hudlarer ein sehr viel dickeres Fell als die meisten anderen Lebewesen. Trotzdem vielen Dank für Ihr Verständnis, Patient Hewlitt. So, und nun werden Sie bitte zurück ins Bett gehen. Morredeth schläft friedlich, und es geht ihr…« Sie hielt plötzlich inne, denn die unwillkürlichen Wellenbewegungen von Morredeths Fell waren so langsam geworden, daß sie fast zum Stillstand gekommen waren. Sofort berührte die Schwester mit einer Tentakelspitze eine Stelle in der Nähe von Morredeths Genick, um dort mit den fingerartigen Fortsätzenden Puls zu fühlen. Danach griff sie in die Ausrüstungstasche und zog einen Scanner heraus, den sie über zwei verschiedene Stellen in der Brustgegend der Patientin bewegte. Mit der anderen Tentakelspitze drückte sie auf einen Knopf des Kornmunikators, und über dem Bett begann an der Decke ein rotes Licht schnell und gleichmäßig zu blinken.
»Reanimationsteam!« sagte sie. »Station sieben, Bett Nummer zwölf, Klassifikation DBLF, Kelgianerin. Seit etwa neunzig Sekunden Herzstillstand beider Herzen… Patient Hewlitt, gehen Sie in ihr Bett zurück. Sofort!«
Ohne den Blick von dem völlig regungslos daliegenden Körper abwenden zu können, trat Hewlitt von der Bettkante zurück, bis er sich außerhalb der Sichtblenden befand. Doch anstatt ins Bett zu gehen, wartete er in der Nähe, bis in weniger als einer Minute das Reanimationsteam mit dem Ausrüstungswagen eintraf. Das rote Licht an der Decke hörte auf zu blinken, und weil man um Morredeths Bett herum ein schalldichtes Feld errichtet hatte, herrschte plötzlich absolute Stille auf der Station.
Das ist bestimmt gemacht worden, um die schlafenden Patienten nicht zu stören, und sicherlich nicht deshalb, damit ich nicht hören kann, was dort vor sich geht, sagte er sich.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er dort schon in der Dunkelheit gewartet und wie gebannt auf die sich bewegenden Schatten gestarrt hatte, die auf die Sichtblenden projiziert wurden, als endlich die beiden Ärzte des Reanimationsteams wieder auftauchten. Seine Neugier wurde jedoch nicht befriedigt, da sich die beiden beim Verlassen der Station nicht unterhielten, so daß seine Besorgnis nur um so größer wurde. Die hudlarische Schwester, deren mächtiger Schatten sich nicht bewegte, verharrte hinter den Sichtblenden.
Er wartete scheinbar eine Ewigkeit, doch die hudlarische Schwester wich nicht von Morredeths Seite. Betrübt, schuldbewußt und enttäuscht wandte er sich ab und ging in den Waschraum, um sich die Reste der kelgianischen Wundsalbe von den Händen und Armen abzuwaschen. Danach kehrte er zu seinem Bett zurück, legte sich hin und schloß die Augen.Während der restlichen Nacht hörte er, wie sich die Hudlarerin zweimal auf der Station entlangbewegte, um nach den schlafenden Patienten zu sehen und nach dem einen, der nur so tat, als würde er schlafen. Doch brauchte sie nicht mit ihm zu sprechen, um Bescheid zu wissen, denn das Meßgerät lieferte ihr sämtliche medizinischen Informationen, die sie dazu brauchte. Wahrscheinlich fühlte sich die Schwester für das, was geschehen war, verantwortlich, weil Sie ihm vorgeschlagen hatte, sich mit Morredeth zu unterhalten. Dennoch fühlte er sich genauso verantwortlich, und er hatte beinahe Angst davor, sie darauf anzusprechen. Deshalb machte er keinerlei Anstalten dazu und blieb lieber ruhig liegen, wobei er sich immer wieder die Frage stellte, wie es möglich sein konnte, daß er das Leben der Kelgianerin allein dadurch gefährdet hatte, weil er sich mit ihr unterhalten hatte. Er fühlte sich sowohl körperlich als auch seelisch so schlecht wie in seinem ganzen Leben noch nicht.
Er war immer noch wach und grübelte vor sich hin, als das Licht angeschaltet wurde und die Tagschicht ihren Dienst antrat.