Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik
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1802 — Boston und Karibik. Der Friede von Amiens hat die beiden Erbfeinde England und Frankreich keineswegs vers?hnt. Vizeadmiral Richard Bolitho, unterwegs in diplomatischer Mission, mu? erleben, da? er mit seinem leichten Linienschiff «Achates» mitten in einen unerkl?rten Krieg segelt. Politische Winkelz?ge, Piraterie, Rebellion und schlie?lich Brandstiftung machen aus Bolithos Einsatz einen Kampf gegen alle.
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Aber jetzt lag das Schiff vor Anker, hatte seine Aufgabe fürs erste erfüllt, und Bolitho war endlich aufgerufen, zu handeln und das Vertrauen zu rechtfertigen, das Sheaffe in ihn gesetzt hatte.
Leutnant Mountsteven, der Wachoffizier, tippte grüßend an seinen Hut und meldete:»Ein Boot hält auf uns zu, Sir.»
Keen nickte.»Besuch für Sie, Sir.»
Bolitho wußte, daß seine Anwesenheit hier oben störte; er sagte:»Ich bin in meiner Kajüte, wenn Sie mich brauchen.»
Als er unter Deck ging, hörte er die Seesoldaten zur Eingangspforte laufen und die Offiziere ihre Kommandos bellen, damit Achates für den ersten Abgesandten des Landes gerüstet war.
Ozzard räumte die große Achterkajüte auf, obwohl sie in Bolithos Augen eigentlich stets makellos sauber war. Er trat an die offenen Heckfenster und sah ein Boot im Schatten unter dem Rumpf verweilen, während die Insassen neugierig Achates' vergoldete Galerie und Heckschnitzereien bestaunten. Unbehaglich machte er sich klar, daß sein Bruder Hugh einst hier stationiert gewesen war, unter Leuten wie diesen in der Stadt gelebt hatte. Von Adams Existenz hatte er damals nichts geahnt. Und nun kam Adam statt seiner zurück, trat vielleicht in seine Fußspuren. Bolitho wurde unruhig. Vielleicht hätte er Adam doch nicht hierher mitnehmen sollen, mochte es seiner Karriere auch noch so förderlich sein.
Die Tür ging auf, und da stand Adam, einen dicken Briefumschlag in der Hand.»Wir sind für heute abend zu einem Empfang geladen, Onkel«, sagte er und hielt Bolitho den Umschlag hin.»Man hat mich soeben informiert, daß der Präsident der Vereinigten Staaten einen Gesandten zu deinem Empfang nach Boston beordert hat.»
Bolitho verzog das Gesicht.»Und damit weiß nun alle Welt, was wir hier vorhaben, Adam. Wenn sie uns schon so lange erwarten, kann es nicht überraschen, daß wir nur acht Tage nach unserem Auslaufen in einen Zwischenfall verwickelt wurden.»
Adam nickte.»Offenbar haben wir ziemliches Aufsehen erregt. «Aber dann überzog ein Grinsen sein Gesicht.»Vielleicht wollen sie doch noch ihre Steuerschulden an König George bezahlen?»
Bolitho schüttelte den Kopf.»Wenn du auch an Land so kesse Reden schwingst, dann bricht unseretwegen eher ein neuer Krieg aus!»
Als Bolitho später bequem im Sessel ausgestreckt lag und sich von Allday für den Abend rasieren ließ, versuchte er, sich über das Ausmaß seiner Verantwortung klar zu werden.
Die Fregatte Sparrowhawk mußte nun bald von San Felipe nach Boston auslaufen. Ihr Kommandant, Kapitän Duncan, war nicht unbedingt ein diplomatisches Genie. Gewiß hatte er dem Gouverneur der Insel vorschriftsmäßig seine Aufwartung gemacht, ehe er um weitere Befehle nach Boston aufbrach; aber genauso gewiß hatte er Rivers nicht im unklaren über den Ausgang der Affäre gelassen.
Trotz allem, was Sheaffe ihm erklärt hatte, kam es Bolitho immer noch unmenschlich und sinnlos vor, die Insel den Franzosen zurückzugeben. Dabei dachte er weniger an Strategie oder Diplomatie, sondern mehr an ihre Bewohner. Viel zu oft hatte die Insel sich aus eigener Kraft gegen feindliche Überfälle wehren müssen und hatte sogar selbst Schiffe ausgesandt, die im Namen des Königs Prisen eroberten oder den Feind irritierten. In London und Paris sah man das alles aus ganz anderem Blickwinkel. Für Bolitho aber, der mit geschlossenen Augen unter Alldays Rasiermesser lag, war die ganze Sache allmählich so rätselhaft wie ein chinesisches Münzorakel.
Nach der Backofenhitze unter Deck genoß Bolitho dankbar die kühlere Abendluft, als er in sein Langboot hinabkletterte. Er fühlte sich seltsam gespannt, wie ein Entdeckungsreisender beim ersten Schritt auf noch unerforschtem Terrain.
«Rudert an — zugleich!«knurrte Allday, und die Bootsgasten pullten mit gleichmäßigen, exakten Riemenschlägen das grün gestrichene Boot in einer weiten Kurve zum Land.
Der Erste Offizier hatte an Bord zurückbleiben müssen, eine bittere Pille in einem so verlockenden Hafen, dachte Bolitho. Dann musterte er Keen, der ihn zum Empfang begleitete, und fragte sich, ob der Kommandant sich allmählich entspannen konnte. Seit sie vor Anker lagen, hatte Keen die größte Arbeitslast zu tragen, denn er mußte sich nicht nur um die Belange des Schiffes kümmern, sondern auch einen endlosen Besucherstrom abfertigen, und zwar jeden einzelnen entsprechend seinem Rang und seiner Mission: die Kommandanten der amerikanischen Fregatten samt diversen Untergebenen, den Hauptmann der Hafenwache und einen äußerst höflichen und gewandten jungen Herrn, der sich als Sohn ihres Gastgebers entpuppte.
Als das Langboot mit schnellem Riemenschlag an der Achates vorbeizog, vermochte Bolitho nicht zu widerstehen und musterte den Rumpf scharf nach verräterischen Spuren ihres kurzen Gefechts. Aber er konnte keine mehr entdecken — dank des geschickten Schiffszimmermanns und seiner Crew.
Einen letzten Blick warf er der schmucken Galionsfigur zu:
Achates, der treue Freund und Schwertträger des Aeneas, leuchtete in klarem Weiß, mit einem Arm nach vorn deutend, in der anderen Hand das Schwert. Unter der Farbe wirkte die Holzfigur rund geschliffen vom Zahn der Zeit; gewiß hatte sie mehr Länder und Meere gesehen als irgend jemand an Bord und hatte Stürme erlebt wie kaum ein anderer.
Das Boot passierte einen mächtigen Indienfahrer, der trotz der späten Stunde immer noch eifrig Fracht übernahm. Hastig kam einer seiner Offiziere an die Reling gerannt und lüpfte grüßend den Hut, als das Admiralsboot an seinem Heck vorbeizog.
Ironischerweise war es ein Handelsstreit um Tee gewesen, der die Feuer der Revolution entfacht hatte, sann Bolitho. Und jetzt kamen und gingen die stolzen Handelsschiffe, wie es ihnen beliebte, während ein Kriegsschiff sich nur im eigenen Hoheitsgewässer frei bewegen konnte.
Allday bellte ein Kommando, und der Bugmann erhob sich von seinem Platz, den Bootshaken in der Faust, klar zum Einhaken in die Festmacherketten.
Immer noch drängten sich Neugierige auf der Pier, und einige von ihnen hatten offensichtlich den ganzen Nachmittag hier verbracht. Die Fährleute von Boston mußten an ihren sensationslüsternen Passagieren schon ein Vermögen verdient haben.
Keen, Hauptmann Dewar von den Royal Marines, zwei Leutnants und Adam Bolitho waren als Gäste ins Haus eines einflußreichen Bostoner Kaufmanns namens Jonathan Chase geladen; die restlichen Offiziere hatten anderweitige Einladungen erhalten. Keen hatte sie alle ermahnt, jedes Wort gut zu überlegen und die Ohren offen zu halten, ob ihr Gefecht mit dem unbekannten Schiff erwähnt wurde; daraus hätte sich schließen lassen, daß diese Nachricht — mit wem? — ihnen schon vorausgeeilt war.
Bolithos Blick fiel auf einige junge Frauen an der Pier. Die besonders zuverlässigen Matrosen und Seesoldaten hatten ebenfalls Landurlaub erhalten. Aber nach den aufgeweckten Gesichtern dieser lächelnden Mädchen zu schließen, würde es den britischen Seeleuten hier verdammt schwerfallen, den Mund zu halten.
Trotz allem: Der Anschein des Alltäglichen, des Unbeschwerten mußte gewahrt werden, alte Vorurteile mußten verdrängt, wenn schon nicht ganz vergessen werden.
Die Bootsgasten stellten salutierend ihre Riemen senkrecht, Allday zog grüßend den Hut und vergewisserte sich, daß Bolitho auf den nassen Steinstufen nicht ausglitt.
Bolitho lächelte dankend.»Feine Crew, Allday.»
Selbst Allday hatte zugeben müssen, daß die neue Barkasse ein Schmuckstück war. Und die Bootscrew in ihren karierten Hemden, geteerten Hüten und mit Haarzöpfen von exakt gleicher Länge hätte nicht besser ausgewählt sein können.
Timothy Chase, der Sohn ihres Gastgebers, wartete bereits neben zwei eleganten Kutschen. Er reichte Bolitho unter den neugierigen Blicken der Umstehenden die Hand.
«Sie sind uns willkommen, Admiral. Wie meine Mutter sagt — wir müssen an die Zukunft denken.»
Gelenkig sprang Hauptmann Dewar aus der Barkasse an Land, und beim Anblick seiner roten Uniform wurde die Menge unruhig.»Obacht, Jungs, die Rotröcke kommen zurück!«schrie einer.