The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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»Ich unterhalte mich gern mit Ihnen«, sagte Larry und war erschrocken und amüsiert zugleich über den Tiefsinn dieser Bemerkung.
»Wahrscheinlich nur, weil ich dir genau das sage, was du hören willst«, sagte der Richter heiter. Und dann fügte er hinzu: »Es gibt viele Möglichkeiten, Selbstmord zu begehen, weißt du.«
Bevor allzuviel Zeit vergangen war, sollte Larry Gelegenheit haben, sich unter bitteren Umständen an diese Bemerkung zu erinnern.
Am nächsten Morgen um Viertel nach acht fuhr Harolds Wagen wieder vom Greyhound-Bahnhof zum Stadtteil Table Mesa. Harold, Weizak und zwei andere saßen hinten auf dem Wagen. Norman Kellogg und ein weiterer Mann saßen im Fahrerhaus. Sie waren gerade an der Kreuzung Arapahoe Street und Broadway, als ihnen langsam ein brandneuer Landrover entgegenkam. Weizak winkte und rief: »Wo fahren Sie hin, Richter?«
Der Richter, der in Wollhemd und Weste ziemlich komisch aussah, hielt an. »Ich dachte mir, ich fahre einen Tag nach Denver«, sagte er unverbindlich.
»Schaffen Sie das mit dem Ding?« rief Weizak.
»Oh, ich glaube schon, wenn ich die Hauptstraßen meide.«
»Wenn Sie an einem Sex-Shop vorbeikommen, bringen Sie doch einen Kofferraum voll Bücher mit.«
Alle lachten über diese Bemerkung - auch der Richter-, nur Harold nicht. Er sah heute morgen blaß und übernächtigt aus, als hätte er schlecht geschlafen. In Wirklichkeit hatte er überhaupt kaum geschlafen. Nadine hatte Wort gehalten; in der vergangenen Nacht waren einige seiner Träume in Erfüllung gegangen. Träume der feuchten Art, wollen wir einmal sagen. Er freute sich schon auf heute abend, und Weizaks anzügliche Bemerkung über Pornographie war heute, da er ein wenig Erfahrung aus erster Hand hatte, nur noch für den Hauch eines Lächelns gut. Nadine hatte noch geschlafen, als er gegangen war. Bevor sie gegen zwei aufgehört hatten, hatte sie ihm gesagt, sie wolle sein Hauptbuch lesen. Er hatte gesagt, nur zu, wenn es ihr Wunsch sei. Vielleicht lieferte er sich damit ihrer Gnade aus, aber er war zu verwirrt, ganz sicher zu sein. Etwas Besseres hatte er in seinem Leben nie geschrieben, und der auslösende Faktor war sein Wunsch - nein, sein Bedürfnis. Sein Bedürfnis, jemand anderen seine beste Arbeit lesen und erfahren zu lassen.
Jetzt lehnte sich Kellogg aus dem Fahrerhaus des Müllautos und sah den Richter an. »Seien Sie vorsichtig, Väterchen. Okay? Heutzutage sind komische Leute auf den Straßen unterwegs.«
»Allerdings«, sagte der Richter mit einem seltsamen Lächeln. »Ich werde schon aufpassen. Guten Tag, meine Herren. Auch Ihnen, Mr. Weizak.«
Neuerliches Gelächter, dann fuhren sie weiter.
Der Richter fuhr nicht Richtung Denver. Als er die Route 36 erreichte, querte er sie und fuhr auf der Route 7 weiter. Die Morgensonne schien hell und sanft, und auf dieser Nebenstraße waren keine Staus, die sie blockierten. In der Stadt Brighton war es schlimmer; an einer Stelle mußte er die Straße verlassen und über das Football-Feld der örtlichen High School fahren, um einem gewaltigen Stau auszuweichen. Er fuhr weiter nach Osten, bis er die 1-25 erreichte. Rechts ging es nach Denver. Aber er bog links ab - nach Norden - und fuhr die Einfahrtsrampe hinunter. Als er halb unten war, nahm er den Gang raus und sah nach links, nach Westen, wo die Rockies, zu deren Füßen Boulder lag, malerisch in den blauen Himmel ragten.
Er hatte Larry gesagt, er wäre zu alt für Abenteuer, aber bei Gott, das war eine Lüge gewesen. Seit zwanzig Jahren hatte sein Herz nicht mehr in diesem frischen Rhythmus geschlagen, hatte die Luft nicht so lieblich geduftet, waren die Farben nicht so leuchtend gewesen. Er würde auf der 1-25 nach Cheyenne fahren und dann nach Westen abbiegen, um zu sehen, was ihn hinter den Bergen erwartete. Seine Haut, vom Alter trocken, juckte nichtsdestotrotz bei diesem Gedanken, und die Härchen stellten sich auf. Auf der 1-80 in westlicher Richtung nach Sah Lake City, dann durch Nevada nach Reno. Dann wollte er sich wieder nach Norden wenden, aber das war wohl ziemlich gleich. Denn irgendwo zwischen Salt Lake und Reno, möglicherweise vorher, würde man ihn anhalten, verhören und möglicherweise anderswo hinschicken, wo er wieder verhört wurde. Am einen oder anderen Ort wurde dann möglicherweise eine Einladung ausgesprochen.
Es war nicht einmal unmöglich, daß er den dunklen Mann selbst kennenlernte.
»Jetzt aber weiter, Alter«, sagte er leise.
Er legte den Gang des Rover wieder ein und fuhr langsam auf die 125. Nach Norden führten drei Fahrspuren, alle verhältnismäßig frei. Wie er vermutet hatte, war der fließende Verkehr schon in Denver durch Staus und Unfälle blockiert worden. Auf der anderen Seite des Mittelstreifens standen die Wagen dicht an dicht - die armen Narren, die nach Süden fahren wollten, weil sie hofften, im Süden wäre es besser -, aber hier hatte er freie Fahrt. Vorläufig wenigstens. Richter Farris fuhr weiter und war froh, daß er unterwegs war. Er hatte die letzte Nacht schlecht geschlafen. Heute nacht, unter den Sternen, den alten Leib fest in zwei Schlafsäcke gehüllt, würde er besser schlafen. Er fragte sich, ob er Boulder je wiedersehen würde, und dachte, daß die Chancen wahrscheinlich nicht sehr gut standen. Und dennoch war er sehr aufgeregt.
Es war einer der schönsten Tage seines Lebens.
Am frühen Nachmittag fuhren Nick, Ralph und Stu zu dem kleinen stuckverzierten Haus im Norden Boulders hinaus, in dem Tom Cullen ganz allein lebte. Für die »alten« Einwohner Boulders war Toms Haus schon zu einer Sehenswürdigkeit geworden. Stan Nogotny sagte, es war, als hätten Katholiken, Baptisten und Seventh-DayAdventisten sich mit den Demokraten und den Moonies zusammengetan, um ein religiös-politisches Disneyland zu schaffen. Der vordere Rasen war ein seltsames Tableau von Statuen. Ein dutzendmal die Jungfrau Maria, die in manchen Fällen gerade Schwärme von rosa Plastikflamingos zu füttern schien. Der größte Flamingo war größer als Tom selbst und stand auf einem Bein, das in einen meterlangen Stachel überging. Zwischen den Figuren stand ein riesiger Wunschbrunnen, in dessen verziertem Eimer ein großer, im Dunkeln leuchtender Plastikjesus stand, der die Hände ausgestreckt hatte. Neben dem Wunschbrunnen stand eine große Gipskuh, die anscheinend aus einem Vogelbad trank. Das Fliegengitter vor der Eingangstür wurde aufgestoßen, und Tom, mit bloßem Oberkörper, kam heraus, um sie zu begrüßen. Aus der Ferne, überlegte Nick, hätte man ihn mit seinen hellblauen Augen und dem rotblonden
Bart für einen kraftstrotzenden Schriftsteller oder Maler halten können. Wenn er näherkam, gab man diese Vorstellung zugunsten von etwas weniger Intellektuellem auf... vielleicht eine Art Handwerker aus der Gegenkultur, der Originalität zugunsten von Kitsch aufgegeben hatte. Und wenn er ganz nahe war und lächelte und mit einem Kilometer pro Stunde daherplapperte, wurde einem endgültig klar, daß es in Tom Cullens Oberstübchen nicht ganz richtig war.
Nick wußte, ein Grund, warum er sich so sehr mit Tom Cullen verbunden fühlte, war der, daß man ihn selbst früher für geistig zurückgeblieben gehalten hatte - anfangs, weil seine Behinderung ihn daran gehindert hatte, lesen und schreiben zu lernen, später dann, weil die Leute einfach davon ausgingen, wer taubstumm war, mußte geistig zurückgeblieben sein. Er hatte jeden umgangssprachlichen Ausdruck dafür schon einmal gehört. Nicht alle Tassen im Schrank. Plemplem. Einen Sparren locker haben. Dem Typ fehlt ein Zacken in der Krone. Er mußte an den Abend denken, als er im Zack's ein paar Bier trinken wollte, der Kneipe am Stadtrand von Shoyo - der Abend, als Ray Booth und seine Kumpane ihm aufgelauert hatten. Der Barkeeper hatte am anderen Ende der Bar gestanden, über die er sich vertraulich gebeugt hatte, um mit einem Kunden zu sprechen. Er hatte den Mund mit der Hand abgeschirmt, so daß Nick nur unvollständig verstand, was er sagte. Aber mehr mußte er auch nicht verstehen. Taubstumm... wahrscheinlich zurückgeblieben...