The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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»Das glaube ich nicht«, sagte sie. »Nein, das kann ich nicht glauben.«
Sie lag bis tief in die Nacht wach und dachte, daß Wärme nur durch Feuer entsteht - Prometheus wurde dafür die Leber ausgehackt - und Liebe immer Blutzoll fordert.
Eine seltsame Gewißheit, daß sie eines Tages in Blut waten würden, stahl sich über sie wie eine schleichende Betäubung. Bei diesem Gedanken legte sie schützend die Hände auf den Bauch und mußte zum ersten Mal seit Wochen wieder an ihre Träume denken: an den dunklen Mann mit seinem Grinsen... und dem verbogenen Kleiderbügel.
Harold Lauder beteiligte sich nicht nur in seiner Freizeit mit einer Gruppe von ausgesuchten Freiwilligen an der Suche nach Mutter Abagail, er arbeitete auch im Beerdigungskomitee mit, und am 21. August saß er mit fünf anderen Männern, die alle Gummistiefel und Schutzkleidung und dicke Latexhandschuhe trugen, hinten auf einem Kipplastwagen. Der Leiter des Beerdigungskomitees, Chad Nords, war draußen auf dem Beerdigungsplatz Nr. 1, wie er ihn mit fast schauerlicher Gelassenheit nannte. Dieser lag zehn Meilen südwestlich von Boulder in einem Gebiet, wo früher Kohle im Tagebau gewonnen wurde. Der Platz lag so kahl und öde wie Mondgebirge unter der glühenden Augustsonne. Chad hatte den Posten widerwillig angenommen, weil er früher Assistent eines Bestattungsinstituts in Morristown, New Jersey, gewesen war.
»Dies hat nichts mit einem Beerdigungsunternehmen zu tun«, hatte er heute morgen im Greyhound-Busbahnhof zwischen Arapahoe und Walnut Street gesagt, wo das Komitee seine Operationsbasis hatte. Er zündete sich mit einem Streichholz eine Winston an und grinste den zwanzig Männern zu, die um ihn saßen. »Das heißt, es ist ein Unternehmen, aber kein Geschäft, wenn ihr versteht, was ich meine.«
Das erntete gequältes Lächeln, und das von Harold Lauder war das breiteste. Sein Magen knurrte ständig, denn er hatte nicht gewagt zu frühstücken. Er war nicht sicher gewesen, daß er nicht alles wieder von sich geben würde, wenn er an die vor ihm liegende Arbeit dachte. Er hätte sich auch an der Suche nach Mutter Abagail beteiligen können, und kein Mensch hätte ein Widerwort gemurmelt, obwohl jeder denkende Mensch in der Zone (falls es außer ihm denkende Menschen in der Freien Zone gab, was fraglich war) es natürlich für eine recht komische Freizeitbeschäftigung hielt, in den Tausenden von Quadratmeilen großen Wäldern und Ebenen um Boulder nach ihr zu suchen. Und es war sehr gut möglich, daß sie Boulder überhaupt nicht verlassenhatte; daran schien niemand gedacht zu haben (aber das überraschte Harold überhaupt nicht). Sie hätte sich in einem Haus in den Randbezirken einrichten können, und sie würden sie nie finden, wenn sie nicht jedes Haus einzeln durchsuchten. Weder Redman noch Andres hatten protestiert, als Harold vorschlug, nur abends und an Wochenenden nach ihr zu suchen, was Harold verriet, daß auch sie den Fall für abgeschlossen hielten.
Er hätte sich damit begnügen können, aber wer macht sich in einer Gemeinschaft am schnellsten beliebt? Wem traut man am meisten? Natürlich dem Mann, der die Dreckarbeit macht, und das auch noch lächelnd. Der Mann, der die Arbeit tut, vor der man sich selbst gern drückt.
»Es ist, als würde man Klafterholz vergraben«, hatte Chad zu ihnen gesagt. »Wenn es euch gelingt, es so zu sehen, ist alles okay. Manche werden vielleicht gleich am Anfang kotzen müssen. Das ist keine Schande; aber versucht, es irgendwo zu machen, wo die anderen euch nicht dabei zusehen müssen. Wenn ihr gekotzt habt, fällt es auch leichter, so zu denken: Klafterholz. Nur Klafterholz.«
Die Männer sahen einander unbehaglich an.
Chad teilte sie in drei Gruppen zu sechs Mann auf. Er und die beiden überzähligen Männer bereiteten die Plätze für die Leichen vor. Jeder der drei Gruppen wurde ein bestimmter Stadtteil zugeteilt. Harolds Gruppe sollte den Tag in Table Mesa verbringen, wo sie sich von der Abfahrt Denver-Boulder langsam nach Westen vorarbeiteten. Martin Drive hinauf zur Kreuzung Broadway. Thirty-ninth Street hinunter, Fortieth Street wieder hinauf, an Reihenhäusern entlang, die vor dreißig Jahren zur Zeit von Boulders Bevölkerungsboom gebaut worden waren, einstöckige Häuser mit Souterrain.
Chad hatte aus dem hiesigen Arsenal der Nationalgarde Gasmasken besorgt, aber die benötigten sie erst nach dem Mittagessen (Mittagessen? Was für ein Mittagessen? Das von Harold bestand aus einer Dose Berry's Apfelkuchenfüllung; mehr brachte er nicht hinunter), als sie die Kirche der Heiligen der letzten Tage am unteren Table Mesa Drive betraten. Dorthin waren sie von der Seuche gezeichnet gekommen, dort waren sie gestorben, über siebzig, und der Gestank war grauenhaft.
»Klafterholz«, hatte einer der Männer aus Harolds Gruppe mit hoher, angewiderter, pieksender Stimme gesagt, und Harold drehte sich um und stolperte an ihm vorbei nach draußen. Er lief hinter ein hübsches Ziegelgebäude, das in Wahljahren als Wahllokal gedient hatte, dort kam ihm Berry's Apfelkuchenfüllung wieder hoch, und er stellte fest, daß Norris recht gehabt hatte: ohne sie ging es ihm besser.
Sie mußten zweimal fahren und brauchten fast den ganzen Nachmittag, bis die Kirche leer war. Zwanzig Männer, dachte Harold, um alle Leichen in Boulder zu beseitigen. Das ist fast komisch. Die meisten früheren Bewohner Boulders waren zwar aus Angst vor dem metereologischen Institut wie die Kaninchen geflohen, aber dennoch... selbst wenn sie die Beerdigungstrupps mit dem Anwachsen der Bevölkerung verstärkten, würden sie es gerade so schaffen, vor den ersten schweren Schneefällen alle Leichen unter die Erde zu bekommen (er selbst würde dann natürlich nicht mehr hier sein), und die meisten Leute würden nie erfahren, wie groß die Gefahr einer neuen Seuche war - eine, gegen die sie nichtimmun waren.
Das Komitee der Freien Zone hat so tolle Einfälle, dachte er voll Verachtung. Und das Komitee würde es schaffen... natürlich nur, solange sie Harold Lauder hatten, der darauf achtete, daß sie die Schnürsenkel gebunden hatten. Dafür war der gute alte Harold gut genug, aber nicht so gut, daß sie ihn in ihr gottverdammtes ständiges Komitee aufgenommen hätten. Himmel, nein. Er war nie gut gewesen, nicht einmal gut genug, um ein Mädchen zum Klassenfest der High School von Ogunquit einzuladen. Gott nein, wir wollen doch nicht Harold Lauder. Wir wollen nicht vergessen, Leute - und jetzt kommen wir zu der sprichwörtlichen Stelle, wo das altbekannte Säuge- und Haustier zur letzten Ruhe gebettet ist -, daß es keine logische Frage ist, nicht einmal eine Frage des gesunden Menschenverstands. In letzter Analyse handelt es sich ganz einfach um einen verdammten Schönheitswettbewerb.
Nun, jemand erinnert sich. Jemand schreibt die Punkte auf, Jungs. Und der Name dieses Jemand lautet - könnten wir bitte einen Trommelwirbel haben, Maestro? - Harold Emery Lauder. Er ging in die Kirche zurück, wischte sich den Mund ab, grinste, so gut er konnte, und nickte den anderen zu, daß er weitermachen konnte. Jemand klopfte ihm auf den Rücken; Harolds Grinsen wurde breiter, und er dachte: Eines Tages wirst du dafür deine Hand verlieren, Scheißhaufen.
Ihre letzte Tour machten sie um Viertel nach vier, den Lastwagen voll mit den letzten Leichen der letzten Tage. In der Stadt mußte der Lastwagen den liegengebliebenen Fahrzeugen ausweichen, aber auf der Colorado-119 waren den ganzen Tag Abschleppfahrzeuge im Einsatz gewesen und hatten liegengebliebene Autos in den Straßengraben auf beiden Seiten geschafft. Dort lagen sie wie weggeworfenes Spielzeug eines Riesenkindes.
Am Beerdigungsplatz parkten schon die beiden anderen orangefarbenen Laster. Die Männer standen neben den Fahrzeugen, hatten die Handschuhe ausgezogen, und ihre Fingerspitzen waren weiß und runzlig, weil sie den ganzen Tag unter Gummi geschwitzt hatten. Sie rauchten und unterhielten sich unzusammenhängend. Die meisten waren blaß.