The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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Er folgte Tom hinaus.
Tom stand zitternd bei seinem Fahrrad. Nick staunte kurz über die verrückte Launenhaftigkeit des Tornados, hatte er doch die halbe Scheune weggerissen, aber die Räder verschmäht, und dann sah er, daß Tom weinte. Nick ging zu ihm und legte ihm einen Arm um die Schultern. Tom blickte mit großen Augen zum schiefhängenden Tor der Scheune hinüber. Nick machte mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis. Tom sah ihn kurz an, aber das Lächeln, das Nick erwartet hatte, blieb aus. Tom starrte einfach weiter in die Scheune. Seine Augen hatten einen leeren, starren Blick, der Nick ganz und gar nicht gefiel.
»Da war einer drin«, sagte Tom unvermittelt.
Nick lächelte, aber das Lächeln lag ihm kalt auf den Lippen. Er hatte keine Ahnung, wie gut ihm dieses gespielte Lächeln gelang, vermutete aber, daß es beschissen aussah. Er deutete auf Tom, auf sich selbst und machte dann mit der Handkante eine scharfe, einschneidende Bewegung durch die Luft.
»Nein«, sagte Tom. » Nicht nur wir. Noch jemand. Jemand, der aus dem Tornado gekommen ist.«
Nick zuckte die Achseln.
»Können wir gehen? Bitte.«
Nick nickte.
Sie schoben die Fahrräder zum Highway zurück und benützten dazu die unregelmäßige Schneise entwurzelten Grases und aufgewühlten Bodens, die der Tornado hinterlassen hatte. Er hatte auf der Westseite von Rosston die Spur der Zerstörung begonnen, war in West-Ost-Richtung über die US 183 gepflügt, wobei er Leitplanken und Stromkabel wie Klaviersaiten in die Luft gewirbelt hatte, hatte die Scheune links gestreift und sich direkt dem Wohnhaus zugewandt, das davor stand - gestanden hatte. Vierhundert Meter weiter hörte seine Bahn durch das Feld abrupt auf. Allmählich brachen die Wolken auf (obwohl es noch leicht und erfrischend nieselte), die Vögel zwitscherten sorglos.
Nick sah, wie die Muskelstränge unter Toms Hemd arbeiteten, als er das Rad über den Wirrwarr der Zaundrähte am Rand des Highways hob. Der Bursche hat mir das Leben gerettet, dachte er. Bis heute habe ich in meinem ganzen Leben noch keinen Wirbelsturm gesehen. Hätte ich Tom in May zurückgelassen, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte, dann wäre ich jetzt mausetot.
Er hob sein Rad über den Drahtwirrwarr, klopfte Tom auf die Schulter und lächelte ihm zu.
Wir müssen jemand anderen finden, dachte Nick. Wir müssen, damit ich ihm danken kann. Und ihm meinen Namen sagen. Er kennt nicht einmal meinen Namen, weil er nicht lesen kann. Nick stand einen Augenblick da und dachte darüber nach, dann stiegen sie auf die Räder und fuhren los.
In dieser Nacht kampierten sie auf dem Baseballplatz der Rosston Jayces Juniorenmannschaft. Der Abend war wolkenlos und sternenklar. Nick schlief rasch ein; sein Schlaf war traumlos. Als der Morgen dämmerte, wachte er auf und dachte, wie schön es war, mit einem anderen Menschen zusammenzusein; was für ein Unterschied.
Es gab tatsächlich ein Polk County, Nebraska. Das hatte ihn zuerst überrascht, aber er war in den letzten Jahren viel herumgekommen. Er mußte mit jemandem gesprochen haben, der Polk County erwähnt hatte oder aus Polk County stammte, und dann hatte er diese Information in einem Winkel seines Hirns vergraben. Es gab auch eine Route 30. Aber er konnte nicht so recht glauben, jedenfalls nicht im hellen Licht des frühen Morgens, daß sie wirklich eine alte Negerin finden würden, die inmitten von Maisfeldern auf ihrer Veranda saß und zur Gitarre Gospels sang. Er glaubte nicht an Vorahnungen oder Visionen. Aber es schien ihm wichtig, irgendwohin zu fahren, nach anderen Menschen zu suchen. Aber bis ihnen das gelang, würde alles fremd und aus den Fugen sein. Überall lauerten Gefahren. Man konnte sie nicht sehen, aber man spürte sie, so wie er gestern in diesem Keller die Anwesenheit des dunklen Mannes gespürt zu haben glaubte. Man spürte, daß die Gefahr überall war, in den Häusern, hinter der nächsten Kurve des Highways, vielleicht versteckte sie sich sogar unter den Autos und Lastwagen, die überall auf den Hauptstraßen standen. Und wenn sie nicht unmittelbar drohte, so lauerte sie in der Zukunft, nur zwei oder drei Blätter des Abreißkalenders entfernt. Gefahr! schien jedes Teilchen seiner Persönlichkeit zu flüstern. BRÜCKE GESPERRT - EINSTURZGEFAHR. FAHRBAHN AUF VIERZIG MEILEN BESCHÄDIGT. AB HIER WEITERFAHRT AUF EIGENE GEFAHR.
Teilweise lag das sicher am gewaltigen, überwältigenden Schock der verlassenen Landschaft. Solange Nick in Shoyo gewesen war, war er halbwegs sicher davor gewesen. Es hatte keine Rolle gespielt, daß Shoyo verlassen war, jedenfalls keine große, denn Shoyo war nur ein winziges Fleckchen auf der Weltkarte. Aber wenn man reiste, dann war es wie... nun, er erinnerte sich an einen Disney-Film, den er als Kind gesehen hatte, einen Natur-Film. Eine Tulpe nahm die ganze Leinwand ein, eine einzige Tulpe, atemberaubend schön. Dann fuhr die Kamera mit schwindelerregender Schnelligkeit zurück, und man sah ein ganzes Tulpenfeld. Man war wie erschlagen. Es war eine plötzliche und totale Überlastung der Sinneswahrnehmung, und eine innere Sicherung brannte durch; man konnte nichts mehr in sich aufnehmen. Es war einfach zuviel. Und so war auch diese Reise verlaufen. Shoyo war verlassen; daran konnte er sich gewöhnen. Aber auch McNab war verlassen und Texarcana und Spencerville; Ardmore war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Er war auf dem Highway 81 nach Norden gereist und hatte nur Wild gesehen. Zweimal hatte er mögliche Spuren lebender Menschen gesehen: ein etwa zwei Tage altes Lagerfeuer sowie einen Hirsch, der geschossen und sauber ausgeweidet worden war. Aber keine Menschen. Das genügte, um völlig auszurasten, weil einem die Ungeheuerlichkeit der Realität zunehmend bewußt wurde. Es waren nicht nur Shoyo oder McNab oder Texarkana; es war Amerika, das wie eine riesige weggeworfene Blechdose dalag, auf deren Boden noch ein paar vergessene Erbsen herumkullerten. Und es war nicht nur Amerika, es war die ganze Welt, und wenn Nick daran dachte, wurde ihm so schwindlig und übel, daß er den Gedanken rasch verdrängte.
Er beugte sich statt dessen über die Karte. Wenn er und Tom in Bewegung blieben, würden sie vielleicht wie ein Schneeball sein, der bergab rollt und immer größer wird. Mit etwas Glück würden sie ein paar Leute zwischen hier und Nebraska finden, die bereit waren, sich ihnen anzuschließen (oder sie anderen, wenn sie auf eine größere Gruppe stießen). Und von Nebraska aus würden sie anderswo hingehen, vermutete er. Es war wie eine Suche ohne erkennbares Ziel - sie würden keinen Gral finden, kein Schwert in einem Amboß. Wir fahren nach Nordosten, dachte er, raus nach Kansas. Der Highway 35 bringt uns zu einer anderen Stelle der 81, und auf der 81 könnten wir bis nach Swedeholm, Nebraska, wo die 81 die 92 genau im rechten Winkel schneidet. Ein anderer Highway, Route 30, verband die beiden miteinander, bildete die Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks. Und irgendwo in diesem Dreieck lag das Land seiner Träume.
Bei diesem Gedanken überkam ihn eine seltsame, erwartungsvolle Spannung.
Eine Bewegung am Rand seines Gesichtsfelds ließ ihn aufschauen. Tom saß aufrecht da und drückte beide Fäuste gegen die Augen. Ein gewaltiges Gähnen schien seine ganze untere Gesichtshälfte verschwinden zu lassen. Nick grinste ihn an, und Tom grinste zurück.
»Fahren wir heute noch ein bißchen?« fragte Tom, und Nick nickte.
»Herrje, das ist gut. Ich fahr' gern mit meinem Rad. Meine Fresse, ja!
Ich hoffe, wir halten nie an.«
Nick steckte die Karte weg und dachte: Wer weiß? Vielleicht wird dein Wunsch erfüllt.