Der Wiedersacher
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Auf der Suche nach einer Tankstelle sto?en Brenner und Astrid auf ein seltsames, uraltes Kloster, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Doch allzuschnell holt sie die Gegenwart ein. ?ber ihren H?uptern bricht ein flammendes Inferno aus, als ein arabischer Terrorist und die US-Luftwaffe sich ein letztes Gefecht liefern. Danach geschehen Zeichen und Wunder: Menschen, die Brenner vergl?hen sah, sind noch am Leben, und ein unheimlicher Priester enth?llt ihm die unglaubliche Kunde, da? das Ende der Welt angebrochen sei und der Widersacher nun auf Erden wandle.
"Mit diesem neuen Roman wird Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein seine Fan-Gemeinde sicher noch vergr??ern k?nnen. Die irrwitzige Mischung aus Spannung, Fantasy und Horror l??t den Leser eintauchen in eine atemberaubene Lekt?re, von der man nicht so schnell los kommt." Berliner Morgenpost
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Zu seiner Überraschung antwortete der junge Mann jedoch sehr ernst: »Das stimmt. Sie werden alles erfahren. Aber zuerst beantworten Sie mir eine Frage: Wie konnte er entkommen?« »Woher wissen Sie, daß er entkommen ist?«
»Sie wären nicht hier, wenn Sie Ihren Auftrag erfüllt hätten«, antwortete der andere. In seiner Stimme war nicht einmal eine Spur von Tadel oder auch nur Bedauern. Alles, was Kenneally zu hören glaubte, war etwas wie Resignation. Eine Winzigkeit leiser-und eigentlich mehr zu sich selbst gewandt als an Kenneally – fügte er hinzu: »Außerdem hatten Sie von Anfang an wahrscheinlich keine Chance.«
»Wenn Sie das wußten – «
»Bitte!« Der Mann, dessen Namen er immer noch nicht wußte, hob besänftigend beide Hände, und Kenneally sah, daß sie tatsächlich zitterten. Es waren sehr schlanke Hände; wie das Gesicht das Gegenteil dessen, was er erwartet hatte: die Hände eines sehr sanften Mannes.
»Ich werde Ihnen alles erklären – soweit unsere Zeit reicht. Ich fürchte nur, daß uns weniger bleibt, als nötig wäre, alle Ihre Fragen zu beantworten. «
Kenneally wurde nun wirklich zornig, woran nicht zuletzt auch der immer noch anhaltende Schmerz in seinem Bein Schuld war. »Die Zeit werden Sie sich nehmen müssen«, sagte er scharf. »Sie wollen, daß ich einen Mann für Sie töte?« Er lachte. »Nehmen Sie es mir nicht übel … aber ich finde, daß Sie mir wenigstens sagen sollten, warum! «
»Sie haben gewiß recht«, antwortete der andere. »Das Problem ist nur, daß uns einfach nicht genug Zeit bleibt.« Er sah auf die Uhr, runzelte die Stirn und schob den Ärmel mit einem angedeuteten Achselzucken wieder zurück. »Kaum mehr als fünf Minuten, wenn nicht weniger.«
»Bis wann?« fragte Kenneally.
»Bis wir das Kloster erreichen«, antwortete der andere. »Unser Ziel.«
»Das Kloster?«
»Es hat dort begonnen. Es … muß wo hl auch dort enden.« Einen Moment lang schien sein Blick ins Leere zu gehen. Er blickte Kenneally weiter an, aber dieser war sicher, daß er in Wahrheit etwas ganz anderes sah. Und er war nicht sehr erpicht darauf, zu erfahren, was.
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Kenneally – selbst für seinen Geschmack eine Spur zu schnell, um überzeugend zu klingen. Er fuhr auf. »Was, zur Hölle, hat das alles mit Smith zu tun? Wer sind Sie überhaupt? Ich … verdammt, ich weiß ja nicht einmal Ihren Namen! «
Der andere lächelte, und sonderbarerweise sah er dadurch plötzlich viel älter aus statt jünger, wie es bei einem normalen Lächeln sein sollte. »Mein Name? Der tut nichts zur Sache … nicht mehr. Aber Sie können mich Adrianus nennen, wenn Sie wollen. «
»Adrianus? Was ist das für ein Name?«
»Der Name eines meiner Lehrer«, erwiderte der andere. »Nicht meiner. Aber er paßt, und er ist so gut wie jeder andere. Unsere Bekanntschaft wird nicht von langer Dauer sein … so oder so. Sie haben gesehen, wie Smith starb?«
»Nein«, erwiderte Kenneally heftig. Er schrie das Wort fast. »Ich will nicht wissen, was Sie gesehen haben«, antwortete Adrianus. »Aber was immer es war, es ist die Antwort auf alle Ihre Fragen, Kenneally. Wir haben es hier nicht mit einemTerroristen zu tun oder irgendeinem der Verbrecher, die Sie normalerweise jagen. Möglicherweise wird das Schicksal dieser Welt in Ihren Händen liegen, wenn wir unser Ziel erreichen. Haben Sie eine Waffe?«
Kenneally griff ganz automatisch in die Jackentasche und zog seine Pistole hervor, beendetet die Geste jedoch nicht, sondern ließ die Waffe mit einer fast trotzigen Bewegung wieder zurückgleiten. Adrianus hatte sie allerdings trotzdem gesehen. Er runzelte flüchtig die Stirn, stand auf und öffnete eine Metalltür, die in der Wand über Kenneallys Kopf eingelassen war. Kenneally erhaschte einen flüchtigen Blick auf einen Waffenschrank, in dem sich mindestens ein halbes Dutzend Gewehre sowie eine große Anzahl Faustfeuerwaffen befand. Adrianus nahm mit einer sehr zielgerichteten Bewegung ein wuchtiges M13 sowie eine kurzläufige Maschinenpistole mit zwei rechtwinklig zueinander angeordneten Magazinen heraus und legte beides neben Kenneally auf den Sitz.
»Das wird genügen«, sagte er.
»Wofür?« Kenneally musterte die beiden Waffen mißtrauisch und streckte die Hand nach der MPi aus, griff aber dann statt dessen nach dem M13– Mit einer routinierten Bewegung zog er das Magazin heraus und betrachtete die Munition. Mit spitzen Fingern nahm er eine der Patronen heraus und runzelte die Stirn. Das großkalibrige Geschoß schimmerte in einem stumpfen Graphitgrau und war an der Spitze kreuzförmig eingekerbt. Kenneally hatte diese Art von Munition noch nie selbst benutzt, aber natürlich kannte er sie. Und er fürchtete sie. Kugeln wie diese durchschlugen das Ziel nicht, sie zerfetzten es. Ganz gleich, worum es sich handelte. Mit dieser Waffe konnte man niemanden kampfunfähig machen, sondern nur töten. Angewidert schob er die Patrone wieder ins Magazin.
»Was soll das?« fragte er. Er hatte Mühe, seinen Zorn im Zaum zu halten. »Wofür halten Sie mich? So etwas benutzten vielleicht Männer wie Salid, aber ich nicht! «
Adrianus setzte sich wieder. Er warf einen Blick auf seine nutzlose Armbanduhr, ehe er Kenneally wieder ansah, und er tat es auf eine Art, als wolle er ihn eigentlich fragen, wo denn dieser große Unterschied zwischen Männern wie Salid und Männern wie Kenneally sei. Allerdings war er klug genug, diese Worte nicht laut auszusprechen.
»Jetzt ist nicht der Moment, um über Ethik zu sprechen oder gar Fairneß«, sagte er. »Sie müssen Salid und die anderen unschädlich machen, und es spielt keine Rolle, wie.«
»Warum?« fragte Kenneally. Als er keine Antwort bekam, fügte er hinzu: »Wer sind Sie, Adrianus. Was sind Sie?«
Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, eine Antwort zu bekommen, und es vergingen auch einige Sekunden, ehe Adrianus reagierte. Als er schließlich sprach, redete er sehr leise und in einemTon, den Kenneally nicht deuten konnte, der ihm aber ein eisiges Frösteln über den Rücken laufen ließ.
»Wir sind eine Art … Wächter«, sagte er zögernd. »Ich und … einige andere.«
»Andere? Welche anderen?« Kenneally beugte sich im Sitz vor. »Hat Smith zu euch gehört?«
»Smith?« Adrianus schüttelte den Kopf. Allein die Vermutung schien ihn zu amüsieren. »Nein. Smith wußte wenig mehr als Sie, Kenneally. Wir … sind nicht viele. Nur eine Handvoll. Aber es gibt viele, die für uns arbeiten, und noch mehr, die für die arbeiten, die uns dienen. Unsere Aufgabe ist von unvorstellbarer Wichtigkeit.« Er schwieg eine Sekunde und fügte dann, leiser und wieder mit diesem auf so unheimliche Weise ins Leere gerichteten Blick hinzu: »Sie wollen wirklich die Wahrheit wissen, Kenneally?«
Kenneally beugte sich noch weiter vor und mußte hastig seine Haltung korrigieren, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Ja«, sagte er.
»Sie wird Ihnen nicht gefallen.«
»Was mir noch viel weniger gefällt, sind Plattheiten«, erwiderte Kenneally zornig. Er deutete heftig gestikulierend auf die beiden Waffen auf dem Sitz neben sich. »Sie wollen, daß ich einen Menschen für Sie umbringe? Ich glaube nicht, daß mir das gefällt. Schon gar nicht, ohne zu wissen, warum.« Das war die falsche Taktik. Adrianus hatte seine Deckung für den Bruchteil einer Sekunde sinken lassen, und Kenneally hatte den Mann gesehen, der sich dahinter verbarg: einen schwachen, zutiefst verängstigten Mann, der im Grunde nichts
anderes suchte als Hilfe. Aber er war kein Mann, der sich unter Druck setzen ließ. Kenneally hätte sich ohrfeigen können. Er schien alles vergessen zu haben, was er je gelernt hatte.
»Erzählen Sie mir nicht, daß das etwas Neues für Sie wäre«, sagte er kühl. »Wie viele Menschen haben Sie in Ihrem Leben getötet, Kenneally? Zehn? Hundert?«
»Keinen einzigen«, antwortete Kenneally zornig. »Vielleicht nicht mit eigenen Händen«, erwiderte Adrianus. »Aber über wie viele Leben haben Sie entschieden?« »Das … das ist etwas anderes«, verteidigte sich Kenneally. Natürlich war es das nicht, und Adrianus machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten. Es war kein Unterschied, ob man einen Menschen mit eigenen Händen tötete oder den Befehl gab, ein Leben auszulöschen. Vielleicht war es sogar schlimmer, und vielleicht rührte Kenneallys Zorn zum Großteil aus derTatsache her, daß er nun zum erstenmal selbst spürte, wie es war, einen solchen Befehl zu bekommen, statt ihn zu geben. »Ich habe es nie ohne Grund getan«, erklärte er. »Ich wußte, warum.«