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Der Wiedersacher

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Der Wiedersacher
Название: Der Wiedersacher
Автор: Hohlbein Wolfgang
Дата добавления: 16 январь 2020
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Der Wiedersacher - читать бесплатно онлайн , автор Hohlbein Wolfgang

Auf der Suche nach einer Tankstelle sto?en Brenner und Astrid auf ein seltsames, uraltes Kloster, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Doch allzuschnell holt sie die Gegenwart ein. ?ber ihren H?uptern bricht ein flammendes Inferno aus, als ein arabischer Terrorist und die US-Luftwaffe sich ein letztes Gefecht liefern. Danach geschehen Zeichen und Wunder: Menschen, die Brenner vergl?hen sah, sind noch am Leben, und ein unheimlicher Priester enth?llt ihm die unglaubliche Kunde, da? das Ende der Welt angebrochen sei und der Widersacher nun auf Erden wandle.

"Mit diesem neuen Roman wird Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein seine Fan-Gemeinde sicher noch vergr??ern k?nnen. Die irrwitzige Mischung aus Spannung, Fantasy und Horror l??t den Leser eintauchen in eine atemberaubene Lekt?re, von der man nicht so schnell los kommt." Berliner Morgenpost

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»Tun wir das?« fragte Brenner – obwohl er die Antwort im Grunde kannte. Salid hatte recht – auf seine Weise. Zugleich erlag er einem furchtbaren Irrtum; aber sonderbarerweise schloß das eine das andere in diesem Falle nicht einmal aus.

»Ja! « erwiderte Salid heftig. »Jedenfalls die meisten. Aber ich nicht. Ich weigere mich, ein Leben zu führen, das ich nicht führen will! «

Vielleicht verstand Brenner in diesem Moment zum erstenmal wirklich, warum Salid zu dem geworden war, was er war. »Niemand zwingt Sie dazu«, antwortete er – obwohl er wußte, wie sinnlos es war. Er hatte tatsächlich – wenn auch nur für einen kurzen Moment – angefangen, zu vergessen, was Salid war, aber er gemahnte sich innerlich zur Vorsicht. Eine solche Nachlässigkeit konnte unter diesen Umständen durchaus tödlich enden. Er kannte Salids Geheimnis jetzt. Es war so simpel wie monströs, wenn man bedachte, zu welchen Konsequenzen es letztendlich geführt hatte: Salid suchte einfach jemanden, gegen den er kämpfen konnte. Wäre er in diesem Land geboren, wäre er vielleicht ein Mitglied der RAF oder einer ähnlichen Organisation geworden, in Irland vielleicht ein führender Kopf der IRA und in den Staaten möglicherweise ein Mitglied des Ku-Klux-Klan. Es spielte für Salid keine Rolle, gegen wen er kämpfte. Vielleicht hatte es einen Mann wie ihn gebraucht, um diesen Kampf hier zu führen: einen Kampf ohne Aussicht auf Erfolg, ohne die geringste Chance auf einen Sieg – und wenn er ehrlich war, auch ohne die geringste Chance, ihn zu überleben. Er fragte sich nur, welche Rolle er, Brenner, in diesem Kampf spielte.

Vielleicht, weil er das Gespräch nicht weiterführen wollte, vielleicht aber auch, weil er Angst vor der Antwort auf seine Fragen hatte, stand er auf und ging gebückt an Salid und Johannes vorbei nach vorne. Der Mann hinter dem Steuer sah flüchtig auf und machte dann eine Kopfbewegung auf den Beifahrersitz. Wahrscheinlich hatte er gehört, was Salid und Brenner miteinander besprochen hatten; vielleicht sah man ihm den aufgewühlten Zustand, in dem er sich befand, auch einfach an.

Brenner bedankte sich mit einem flüchtigen Nicken für die Einladung und leistete ihr Folge. Ein ganze Weile saßen sie schweigend nebeneinander, dann sagte der Fremde plötzlich: »Er ist schwierig.«

Brenner, dessen Gedanken mittlerweile schon wieder begonnen hatten, eigene Wege zu gehen, hatte im ersten Moment Mühe, die Frage überhaupt zu verstehen. Dann nickte er, wobei er gerade noch dem Impuls widerstand, sich zu Salid herumzudrehen. »Sie meinen … Salid?«

»Er ist dieserTerrorist, nicht?«

Unter allen anderen denkbaren Umständen wäre es einfach grotesk gewesen, auch nur anzunehmen, daß der Mann, der ihnen vermutlich allen das Leben gerettet hatte, nicht einmal genau wußte, wer sie waren. Jetzt erschien es Brenner auf eine sonderbare Weise sogar logisch. Ohne seine Frage zu beantworten, fragte er: »Wie ist Ihr Name?«

»Heidmann«, antwortete der Fremde. »Aber das spielt keine Rolle mehr. Ich war einmal Polizist … Es ist lange her.« Brenner vermutete, daß es ungefähr eine Stunde her war; allerhöchstens. »Und was sind Sie jetzt?« fragte er.

Der andere zuckte mit den Schultern, und die Bewegung übertrug sich über seine Hände, die mit viel zuviel Kraft das Lenkrad hielten, bis auf die Räder. Der Wagen machte einen sanften Schlenker nach links und einen etwas weniger sanften nach rechts, ehe Heidmann ihn wieder vollends in der Gewalt hatte. »Auf jeden Fall ein schlechter Autofahrer«, sagte er lächelnd.

Brenner blieb ernst. »Warum helfen Sie uns?« fragte er.

Er bekam nicht sofort eine Antwort. Heidmann starrte eine geraume Weile einfach vor sich ins Leere. Aber Brenner hatte das sichere Gefühl, daß er es nicht nur tat, um in dem Schneegestöber, das inzwischen eingesetzt hatte, die Straße erkennen zu können. Schließlich sagte er: »Ich denke, weil ich mich für das Leben entschieden habe.«

Das war eine sehr sonderbare Antwort – direkt unheimlich, fand Brenner. Vor allem, wenn sie aus dem Mund eines Mannes kam, der nach allem, was er von Medizin zu verstehen glaubte, eigentlich tot sein müßte. Er betrachtete Heidmanns Gesicht im grünen Widerschein des Armaturenbrettes genauer; nicht heimlich und aus den Augenwinkeln, sondern ganz offen, so daß dieser es bemerken mußte. Wenn es ihn störte, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken.

Heidmanns Gesicht war eindeutig das eines lebenden Menschen, nicht eines Zombies. Die klaffende Wunde auf seiner Wange war schlimm, aber nicht lebensgefährlich; wahrscheinlich nicht einmal wirklich gefährlich. Aber sein Mantel war vorne auseinandergefallen, jetzt, wo er saß, und Brenner konnte erkennen, daß der dunkle Fleck auf seinem Hemd ein noch dunkleres Zentrum hatte: einen kreisrunden, gut zehnpfenniggroßen Krater, der mit geronnenem Blut gefüllt war. Das passende – größere – Gegenstück befand sich auf Heidmanns Rücken. Sein Mantel war schwarz von Blut, aber auch verkohlt. Der Mann hatte einfach kein Recht mehr, zu leben. Er tat es trotzdem.

»Sie sollten nicht erschrecken«, sagte Heidmann plötzlich. Er starrte weiter nach vorne, aber seine Worte machten klar, daß er Brenners Blick bemerkt hatte. Plötzlich war es Brenner doch peinlich, ihn angestarrt zu haben.

»Aber Sie müßten tot sein! «

»Vielleicht bin ich das«, sagte Heidmann lächelnd. »Vielleicht müssen wir unsere Begriffe vonTod und Leben auch neu definieren.« Er zuckte abermals mit den Schultern, diesmal aber weit vorsichtiger, so daß der Wagen nicht wieder aus der Spur geriet, sondern stur weiter geradeaus seinem Weg

in den Sturm hinein folgte. »Es spielt keine Rolle. Machen Sie sich keine Sorgen um mich.«

Damit hatte er seine Frage eindeutig nicht beantwortet; allerdings auch ebenso eindeutig auf eine Art, die klarmachte, daß er es nicht wollte. Brenner sah ihn noch einen Moment lang nachdenklich an, dann drehte er sich ein wenig im Sitz herum und starrte in die gleiche Richtung wie Heidmann: durch die beschlagene Frontscheibe nach draußen.

Viel gab es allerdings nicht zu sehen. Der Schneefall hatte zugenommen, und zudem schien der Wind noch an Kraft gewonnen zu haben, so daß ihnen die wirbelnden weißen Flocken nun fast waagerecht entgegenkamen. Die Sicht betrug deutlich weniger als dreißig Meter, obwohl die Scheinwerfer des Wagens voll aufgeblendet waren. Sie hatten die Stadt längst hinter sich gebracht und fuhren über eine menschenleere Landstraße. Beiderseits der asphaltierten Strecke hatten sich kniehohe Schneeverwehungen gebildet. Seit der Schneefall eingesetzt hatte, schienen sie das erste Fahrzeug zu sein, das die Straße befuhr. Die Schneedecke vor ihnen war nahezu unversehrt, und manchmal hatte er das Gefühl, daß die Straße einfach im Nichts verschwand. Er fragte sich, wie Heidmann es unter diesen Umständen fertigbrachte, den Wagen überhaupt noch in der Spur zu halten. Selbst er hätte vermutlich Schwierigkeiten gehabt, den Wagen nicht schon in den ersten Minuten in den Straßengraben zu lenken.

»Es müßte längst hell sein«, murmelte Salid hinter ihnen. Brenner wandte den Kopf und bemerkte erst jetzt, daß der Palästinenser aufgestanden und zu ihnen nach vorne gekommen war. Er stützte sich mit beiden Händen auf den Rückenlehnen von Brenners und Heidmanns Sitzen auf und spähte aus zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen durch die Windschutzscheibe hinaus; nach oben, dorthin, wo der Himmel sein sollte, und wo nur eine brodelnde graue Masse war, die Schnee darstellen konnte, aber auch alles andere.

»Wie spät ist es?« fragte Brenner.

Salid zuckte mit den Schultern und antwortete, ohne sich die Mühe zu machen, auf die Uhr zu sehen. »Keine Ahnung. Meine Uhr ist stehengeblieben.«

»Es ist nicht mehr weit«, sagte Heidmann. »Sie sollten nach hinten gehen.«

»Warum?«

Der Ex-Polizeibeamte machte eine Kopfbewegung nach vorne, in das wirbelnde weiße Chaos hinein. »Es ist nicht mehr weit bis zum Sperrgebiet. Dort vorne ist eine Straßensperre. Es ist besser, wenn man sie nicht sieht.«

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