-->

Der Steppenwolf

На нашем литературном портале можно бесплатно читать книгу Der Steppenwolf, Hesse Hermann-- . Жанр: Классическая проза. Онлайн библиотека дает возможность прочитать весь текст и даже без регистрации и СМС подтверждения на нашем литературном портале bazaknig.info.
Der Steppenwolf
Название: Der Steppenwolf
Автор: Hesse Hermann
Дата добавления: 15 январь 2020
Количество просмотров: 336
Читать онлайн

Der Steppenwolf читать книгу онлайн

Der Steppenwolf - читать бесплатно онлайн , автор Hesse Hermann

»Es war einmal einer namens Harry, genannt der Steppenwolf. Er ging auf zwei Beinen, trug Kleider und war ein Mensch, aber eigentlich war er doch eben ein Steppenwolf.« Der erstmals 1927 erschienene Roman Der Steppenwolf vor allem begr?ndet den Weltruf Hermann Hesses und ist dasjenige Buch, das die internationale Renaissance seines Autors in den sechziger und siebziger Jahren ausgel?st hat.

Der Steppenwolf ist die Geschichte von Harry Haller, der sich im Zustand v?lliger Entfremdung von seiner b?rgerlichen Welt »eine geniale, eine unbegrenzte furchtbare Leidensf?higkeit herangebildet« hat. Die innere Zerrissenheit Hallers spiegelt die Erscheinungen der modernen Massen- und Industriegesellschaft wider und reflektiert kultur- und zivilisationskritische Str?mungen des 20. Jahrhunderts.

Внимание! Книга может содержать контент только для совершеннолетних. Для несовершеннолетних чтение данного контента СТРОГО ЗАПРЕЩЕНО! Если в книге присутствует наличие пропаганды ЛГБТ и другого, запрещенного контента - просьба написать на почту [email protected] для удаления материала

Перейти на страницу:

»In meiner Jugendzeit«, bemerkte ich traurig, »galten diese beiden Musikanten für die denkbar größten Gegensätze.«

Mozart lachte.

»Ja, das ist immer so. Aus einiger Entfernung gesehen, pflegen solche Gegensätze einander immer ähnlicher zu werden. Das dicke Instrumentieren war übrigens weder Wagners noch Brahms' persönlicher Fehler, es war ein Irrtum ihrer Zeit.«

»Wie? Und für den müssen sie nun so schwer büßen?« rief ich anklagend.

»Selbstverständlich. Es ist der Instanzenweg. Erst wenn sie die Schuld ihrer Zeit abgetragen haben, wird sich zeigen, ob noch so viel Persönliches übrig ist, daß sich eine Abrechnung darüber lohnt.«

»Aber sie können doch beide nichts dafür!«

»Natürlich nicht. Sie können auch nichts dafür, daß Adam den Apfel gefressen hat, und müssen es doch büßen.«

»Das ist aber furchtbar.«

»Gewiß, das Leben ist immer furchtbar. Wir können nichts dafür und sind doch verantwortlich. Man wird geboren, und schon ist man schuldig. Sie müssen einen merkwürdigen Religionsunterricht genossen haben, wenn Sie das nicht wußten.«

Mir war recht elend geworden. Ich sah mich selbst, einen todmüden Pilger, durch die Wüste des Jenseits ziehen, beladen mit den vielen entbehrlichen Büchern, die ich geschrieben, mit all den Aufsätzen, mit allen den Feuilletons, gefolgt vom Heer der Setzer, die daran hatten arbeiten, vom Heer der Leser, die das alles hatten schlucken müssen. Mein Gott! Und Adam und der Apfel und die ganze übrige Erbsünde war außerdem noch da. Alles dieses also war abzubüßen, endloses Fegefeuer, und erst dann würde die Frage entstehen, ob hinter alledem auch noch etwas Persönliches, etwas Eigenes vorhanden oder ob all mein Tun und seine Folgen bloß leerer Schaum auf dem Meere, bloß sinnloses Spiel im Fluß des Geschehens war!

Mozart begann laut zu lachen, als er mein langes Gesicht sah. Vor Lachen überschlug er sich in der Luft und schlug Triller mit den Beinen. Dazu schrie er mich an: »He, mein Junge, beißt dich die Zunge, zwickt dich die Lunge? Denkst an deine Leser, die Äser, die armen Gefräßer, und an deine Setzer, die Ketzer, die verfluchten Hetzer, die Säbelwetzer? Das ist ja zum Lachen, du Drachen, zum lauten Lachen, zum Verkrachen, zum In-die-Hosen-Machen! O du gläubiges Herze, mit deiner Druckerschwärze, mit deinem Seelenschmerze, ich stifte dir eine Kerze, nur so zum Scherze. Geschnickelt, geschnackelt, spektakelt, schabernackelt, mit dem Schwanz gewackelt, nicht lang gefackelt. Gott befohlen, der Teufel wird dich holen, verhauen und versohlen für dein Schreiben und Kohlen, hast ja alles zusammengestohlen.«

Dies hingegen war mir zu stark, der Zorn ließ mir keine Zeit mehr, der Wehmut nachzuhängen. Ich packte Mozart am Zopf, er flog davon, der Zopf wurde länger und länger, wie ein Kometenschweif, an dessen Ende ich hing und durch die Welt gewirbelt wurde. Teufel, war es kalt in dieser Welt! Diese Unsterblichen vertrugen eine scheußlich dünne Eisluft. Aber sie machte vergnügt, diese eisige Luft, das spürte ich noch in dem kurzen Augenblick, eh mir die Sinne vergingen. Es durchdrang mich eine bitterscharfe, stahlblanke, eisige Heiterkeit, eine Lust, ebenso hell, wild und außerirdisch zu lachen, wie Mozart es getan hatte. Aber da waren Atem und Bewußtsein zu Ende.

Verwirrt und zerschlagen fand ich mich wieder, das weiße Licht des Korridors spiegelte im blanken Boden. Ich war nicht bei den Unsterblichen, noch nicht. Ich war noch immer im Diesseits der Rätsel, der Leiden, der Steppenwölfe, der qualvollen Verwicklungen. Kein guter Ort, kein erträglicher Aufenthalt. Dem mußte ein Ende gemacht werden.

Im großen Wandspiegel stand Harry mir gegenüber. Er sah nicht gut aus, er sah nicht viel anders aus, als er in jener Nacht nach dem Professorenbesuch und dem Ball im Schwarzen Adler ausgesehen hatte. Aber das lag weit zurück, Jahre, Jahrhunderte; Harry war älter geworden, er hatte tanzen gelernt, hatte magische Theater besucht, er hatte Mozart lachen gehört, er hatte vor Tänzen, vor Frauen, vor Messern keine Angst mehr. Auch der mäßig Begabte, wenn er ein paar Jahrhunderte durchrannt hat, wird reif. Lange sah ich Harry im Spiegel an: noch kannte ich ihn wohl, noch immer glich er ein ganz klein wenig dem Harry von fünfzehn Jahren, der an einem Märzsonntag in den Felsen der Rosa begegnet war und seinen Konfirmandenhut vor ihr gezogen hatte. Und doch war er seither einige hundert Jährchen älter geworden, hatte Musik und Philosophie getrieben und satt gekriegt, hatte im »Stahlhelm« Elsässer gesoffen und mit biederen Gelehrten über Krischna disputiert, hatte Erika und Maria geliebt, war Herminens Freund geworden, hatte Automobile abgeschossen und mit der glatten Chinesin geschlafen, hatte Goethe und Mozart angetroffen und verschiedene Löcher in das Netz der Zeit und der Scheinwirklichkeit gerissen, in dem er noch gefangen war. Hatte er auch seine hübschen Schachfiguren wieder verloren, so hatte er doch ein braves Messer in der Tasche. Vorwärts, alter Harry, alter müder Kerl!

Pfui Teufel, wie schmeckt das Leben bitter! Ich spuckte den Harry im Spiegel an, ich trat mit dem Fuß gegen ihn und trat ihn in Scherben. Langsam ging ich durch den hallenden Gang, aufmerksam betrachtete ich die Türen, die so viel Hübsches versprochen hatten: an keiner mehr stand eine Inschrift. Langsam schritt ich alle die hundert Türen des magischen Theaters ab. War ich nicht heute an einem Maskenball gewesen? Hundert Jahre waren seither vergangen. Bald wird es keine Jahre mehr geben. Etwas war noch zu tun, Hermine wartete noch. Eine sonderbare Hochzeit würde das sein. In einer trüben Welle schwamm ich dahin, trüb gezogen, Sklave, Steppenwolf. Pfui Teufel. An der letzten Tür blieb ich stehen. Dorthin hatte die trübe Welle mich gezogen. O Rosa, o ferne Jugend, o Goethe und Mozart!

Ich öffnete. Was ich hinter der Türe fand, war ein einfaches und schönes Bild. Auf Teppichen am Boden fand ich zwei nackte Menschen liegen, die schöne Hermine und den schönen Pablo, Seite an Seite, tief schlafend, tief erschöpft vom Liebesspiel, das so unersättlich scheint und doch schnell satt macht. Schöne, schöne Menschen, herrliche Bilder, wundervolle Körper. Unter Herminens linker Brust war ein frisches rundes Mal, dunkel unterlaufen, ein Liebesbiß von Pablos schönen schimmernden Zähnen. Dort, wo das Mal war, stieß ich mein Messer hinein, so lang die Klinge war. Blut lief über Herminens weiße zarte Haut. Dies Blut hätte ich weggeküßt, wenn alles etwas anders gewesen, etwas anders gegangen wäre. Nun tat ich es nicht; ich sah nur zu, wie das Blut lief, und sah ihre Augen sich eine kleine Weile öffnen, schmerzvoll, tief verwundert. Warum ist sie verwundert? dachte ich. Dann dachte ich daran, daß ich ihr die Augen zudrücken müsse. Aber sie schlössen sich von selbst wieder. Es war getan. Sie drehte sich nur ein wenig auf die Seite, von der Achselhöhle zur Brust sah ich einen feinen zarten Schatten spielen, der wollte mich an irgend etwas erinnern. Vergessen! Dann lag sie still.

Lange sah ich sie an. Endlich schauerte ich wie erwachend auf und wollte gehen. Da sah ich Pablo sich dehnen, sah ihn die Augen öffnen und die Glieder recken, sah ihn sich über die Tote beugen und lächeln. Nie wird dieser Kerl ernsthaft werden, dachte ich, alles bringt ihn zum Lächeln. Behutsam schlug Pablo eine Ecke des Teppichs um und deckte Hermine zu bis zur Brust, daß die Wunde nicht mehr zu sehen war, und ging dann unhörbar aus der Loge. Wo ging er hin? Ließen alle mich allein? Ich blieb, allein mit der halb verhüllten Toten, die ich liebte und beneidete. Über ihre bleiche Stirn hing die Knabenlocke herab, der Mund strahlte rot aus dem ganz erblaßten Gesicht und war ein wenig geöffnet, ihr Haar duftete zart und ließ das kleine, reichgeformte Ohr halb durchschimmern.

Nun war ihr Wunsch erfüllt. Noch eh sie ganz mein geworden war, hatte ich meine Geliebte getötet. Ich hatte das Unausdenkliche getan, und nun kniete ich und starrte und wußte nicht, was diese Tat bedeutete, wußte nicht einmal, ob sie gut und richtig gewesen sei oder das Gegenteil. Was würde der kluge Schachspieler, was würde Pablo zu ihr sagen? Ich wußte nichts, ich konnte nicht denken. Immer röter glühte der gemalte Mund aus dem erlöschenden Gesicht. So war mein ganzes Leben gewesen, so war mein bißchen Glück und Liebe gewesen wie dieser starre Mund: eine wenig Rot, auf ein Totengesicht gemalt.

Und von dem toten Gesicht, den toten weißen Schultern, den toten weißen Armen hauchte, langsam schleichend, ein Schauder aus, eine winterliche Öde und Einsamkeit, eine langsam, langsam wachsende Kälte, in der mir die Hände und Lippen zu erstarren begannen. Hatte ich die Sonne ausgelöscht? Hatte ich das Herz alles Lebens getötet? Brach die Todeskälte des Weltraums herein?

Schaudernd starrte ich auf die steingewordene Stirn, auf die starre Locke, auf den bleichkühlen Schimmer der Ohrmuschel. Die Kälte, die von ihnen ausströmte, war tödlich und war dennoch schön: sie klang, sie schwang wunderbar, sie war Musik!

Hatte ich nicht einst, in einer früheren Zeit, schon einmal diesen Schauder gefühlt, der zugleich etwas wie Glück war? Hatte ich nicht schon einmal diese Musik vernommen? Ja, bei Mozart, bei den Unsterblichen.

Verse kamen mir in den Sinn, die ich einst, in einer früheren Zeit, irgendwo gefunden hatte:

Wir dagegen haben uns gefunden
In den Äthers sterndurchglänztem Eis,
Kennen keine Tage, keine Stunden,
Sind nicht Mann noch Weib, nicht jung noch Greis…
Kühl und wandellos ist unser ewiges Sein,
Kühl und sternhell unser ewiges Lachen …

Da ging die Logentür auf, und herein kam, erst beim zweiten Blick von mir erkannt, Mozart, ohne Zopf, ohne Kniehosen und Schnallenschuhe, modern gekleidet. Dicht neben mir setzte er sich hin, beinah hätte ich ihn berührt und zurückgehalten, daß er sich nicht an dem Blut beschmutze, das aus Herminens Brust an den Boden geronnen war. Er setzte sich und beschäftigte sich eingehend mit einigen kleinen Apparaten und Instrumenten, welche da herumstanden, er hatte es damit sehr wichtig, rückte und schraubte an dem Zeug herum, und ich blickte mit Bewunderung auf seine geschickten, flinken Finger, die ich so gern einmal hätte Klavier spielen sehen. Gedankenvoll sah ich ihm zu, oder eigentlich nicht gedankenvoll, sondern träumerisch und in den Anblick seiner schönen, klugen Hände verloren, vom Gefühl der Nähe erwärmt und auch etwas beängstigt. Was er da eigentlich treibe, was er da zu schrauben und zu hantieren habe, darauf achtete ich gar nicht.

Перейти на страницу:
Комментариев (0)
название