Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen
Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen читать книгу онлайн
1800 — Der Krieg England gegen Napoleon droht auf D?nemark ?berzugreifen. Konteradmiral Richard Bolitho operiert deshalb mit seinem Geschwader in der Ostsee, und zwar zugleich gegen D?nen, Russen und Franzosen. Besonders die Befreiung englischer Handelsschiffe bei Gotland und der Angriff auf Kopenhagen sind Bew?hrungsproben f?r das Flaggschiff «Benbow» und seinen jungen Admiral, der hier auch nach vielen Schicksalsschl?gen wieder ein privates Gl?ck findet.
Внимание! Книга может содержать контент только для совершеннолетних. Для несовершеннолетних чтение данного контента СТРОГО ЗАПРЕЩЕНО! Если в книге присутствует наличие пропаганды ЛГБТ и другого, запрещенного контента - просьба написать на почту [email protected] для удаления материала
Das Zimmer war sehr klein und lag im obersten Stockwerk des alten Gasthofes. Als Bolitho vor der Tür anhielt, um nach dem eiligen Aufstieg über drei Treppen Atem zu holen, überlegte er, daß Browne wohl seinen ganzen Einfluß und einige Bestechungsgelder benötigt hatte, um dieses Zimmer in der von Marine- und Heeresoffizieren überfüllten Stadt zu bekommen.
Er klopfte an die Tür und fühlte sich dabei völlig leer an Worten und üblichen Höflichkeitsfloskeln.
Die Tür öffnete sich, und da stand sie, bewegungslos, eine Hand an der Türkante, als sei sie noch unschlüssig, ob sie ihn einlassen oder die Tür wieder schließen solle.
«Kommen Sie herein. «Sie beobachtete ihn, wie er an ihr vorbeiging, und ihr Blick wanderte zu seinem Bein, als er zu dem kleinen Fenster hinüberhumpelte und auf die gegenüberliegenden Dächer schaute.»Ich habe schon Tee bestellt. Sie waren sehr schnell. Dabei war ich nicht sicher, ob Sie überhaupt kommen würden. Ob Sie kommen wollten.»
Bolitho sah sie forschend an, als sie ihm Hut und Mantel abnahm.»Es ist schön, Sie zu sehen. Ich habe viel über Sie nachgedacht. Mein Besuch in dem düsteren Haus in London tut mir heute noch leid. Aber ich wünschte so sehr, daß Sie mich besser kennenlernen. «Er versuchte zu lächeln.»Das war, wie wenn man in einem Sturm zu viele Segel setzt. Man kann alles dabei verlieren.»
Sie schob ihn zu einem Sessel am Kamin.»Ihr Mr. Allday hat mir eine Menge von Ihnen erzählt. Wenn es das gibt, daß ein Mann seinen Herrn liebt, so ist Allday ein Beispiel dafür. Auf dem ganzen Weg hierher hat er erzählt. Ich habe den Verdacht, daß er damit ebenso seine eigenen Ängste beruhigen wollte wie meine.»
«Warum sind Sie gekommen?«Bolitho streckte die Hand aus, als wolle er sie besänftigen.»Verzeihung, das war ungeschickt. Entschuldigen Sie bitte meine Grobheit. Ich gäbe so viel darum, Ihnen zu gefallen, in jeder Hinsicht.»
Sie sah ihn ernst an.»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Sie haben nichts falsch gemacht, ich habe es nur nicht richtig verstanden. Vielleicht war ich zu stolz und zu sicher, daß ich meinen Weg ohne Hilfe anderer gehen könne. Jedes Lächeln, das man mir schenkte, erschien mir wie ein verstecktes Grinsen, jede Andeutung wie ein
Handel. Und ich war sehr allein. «Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht. Die kleine Geste war ebenso trotzig wie hilflos.
Sie sagte:»Erzählen Sie mir von Ihrem Neffen.»
Bolitho schaute in die lodernden Flammen.»Sein Vater wurde Verräter genannt, als er von der Marine weg und nach Amerika ging. Dort schlug er sich zu den Freibeutern, und ein grausames Schicksal wollte es, daß ich später von seinem Schiff gefangengenommen wurde. Hughs Fahnenflucht und sein Kampf gegen England haben meinen Vater umgebracht. Als ich dann hörte, daß mein Bruder bei einem Unfall in Boston ums Leben gekommen sei, empfand ich das nicht als Verlust. Und eines Tages erschien Adam, mein Neffe, aus dem Nirgendwoher, nur mit einem Brief seiner toten Mutter in der Hand. Er wollte einen Platz in seiner Familie. Meiner Familie. Er hat seinen Vater nie gesehen, und Hugh hat nichts von Adams Existenz gewußt.»
Ohne sich dessen bewußt zu werden, war Bolitho wieder an das schmale Fenster getreten und schaute auf den vom Wind gepeitschten Hafen und die vor Anker liegenden Schiffe hinaus.
«Aber mein Bruder war nicht tot. Er war geflüchtet und hielt sich lange verborgen, bis er zufällig mit einem Gefangenenschiff aufgebracht und ausgerechnet zu mir an Bord geschafft wurde. Er hatte sich mit dem Namen und der Uniform eines Toten getarnt, und damit hätte er in Australien ein neues Leben beginnen können.»
Er fühlte, daß sie ihn unverwandt ansah. Sie hielt die Hände im Schoß zusammengepreßt, als hätte sie Angst, etwas zu sagen und den Zauber dieser Stunde zu stören.
«Aber es war mein Schiff, auf das er kam. Und sein Sohn diente darauf als Midshipman.»
«Ihr Neffe wußte nichts von alledem?»
«Nichts. Sein Vater fiel dann in einem Seegefecht. Er wurde getötet, als er sich zwischen Adam und eine französische Kugel warf. Das werde ich nie vergessen. Niemals.»
«Etwas davon hatte ich vermutet. «Belinda stand auf und faßte seinen Arm.»Bitte setzen Sie sich wieder. Sie müssen müde und erschöpft sein.»
Bolitho fühlte ihre Nähe, die Wärme ihres Körpers.
Er sagte:»Wenn ich nicht nach Portsmouth geritten wäre, lebte Adam jetzt nicht mehr. Mein Bruder tötete einen Mann, der beim Kartenspiel betrogen hatte. Der Bruder dieses Mannes will sich nun an mir rächen, mich vernichten, indem er die alten Geschichten wieder aufrührt und jene angreift, die mir am nächsten stehen.»
«Ich danke Ihnen, daß Sie mir das alles erzählt haben. Es ist Ihnen sicher nicht leichtgefallen.»
Bolitho lächelte.»Überraschenderweise war es leichter, als ich dachte. Wahrscheinlich mußte ich es einmal loswerden, mit jemandem teilen.»
Sie schaute auf ihre Hände nieder. Dabei fiel ihr langes Haar ganz langsam auf ihre Schultern, wie in einem Traum.
Sie fragte sehr ruhig:»Werden Sie es ihm nun erzählen?»
«Ja. Ich muß es tun. Obgleich.»
«Sie glauben, daß Sie seine Zuneigung verlieren?»
«Es mag sein, daß er mich für selbstsüchtig hält. Aber damals wäre es gefährlich gewesen. Wenn man Hugh erkannt hätte, wäre er gehängt worden. Aber erst wenn ich es Adam gesagt habe, werde ich wissen, warum ich das Geheimnis wirklich wahrte.»
Es klopfte leise, und ein Dienstmädchen trat mit einem Tablett ein.»Ihr Tee, Ma'am. «Sie warf einen schnellen Blick auf Bolitho und knickste.»Du meine Güte, Sir! Sie sah ihn genauer an.»Sind Sie nicht Kapitän Bolitho?»
Bolitho stand auf.»So ist es. Was kann ich für Sie tun?»
«Sie werden sich nicht erinnern, natürlich nicht, Sir. «Ihre Augen flehten.»Ich bin Mrs. Huxley.»
Bolitho wußte, daß es wichtig war, konnte sich aber nicht erinnern, warum. Dann, als ob ein Vorhang weggezogen würde, sah er wieder das Gesicht eines Mannes: bewegunglos, wie auf einem Gemälde.
Ganz ruhig sagte er:»Natürlich erinnere ich mich: Ihr Mann war Quartermaster auf meinem Schiff, der Hyperion.»
Sie schlug die verarbeiteten Hände zusammen und sah ihn mehrere Sekunden lang an.
«Aye, Sir. Tom sprach oft von Ihnen. Sie haben mir nachher Geld geschickt. Das war sehr gütig von Ihnen. Da ich nicht schreiben kann, wußte ich nicht, wie ich Ihnen danken sollte. Sie sehen noch ganz genauso aus wie damals, als Sie die Hyperion nach Plymouth zurückbrachten.»
Bolitho ergriff ihre Hände.»Er war ein tapferer Mann. Wir haben damals eine Menge guter Seeleute verloren. Kommen Sie zurecht hier in Portsmouth?»
«Aye, Sir. «Sie schaute mit verschleiertem Blick ins Feuer.»Ich habe es in Plymouth nicht mehr ausgehalten. Immer schaute ich auf die See und wartete auf Tom, obwohl ich wußte, daß er tot war. «Sie raffte sich zum Gehen auf.»Ich mußte Sie einfach ansprechen, Sir, denn ich habe nie vergessen, was Tom über Sie erzählte. Durch diese Begegnung ist er mir jetzt wieder nahe.»
Bolitho blickte ihr noch nach, nachdem die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte.
«Arme Frau. «Er sagte es mit Bitterkeit in der Stimme und wandte sich wieder zum Kamin.»Wie all die anderen, die allein zurückblieben. «Er brach ab, als er Belindas Gesicht im Feuerschein sah. Tränen rannen ihr die Wangen hinunter. Aber sie lächelte ihm zu und sagte mit Wärme:»Als ich hier saß und auf Sie wartete, überlegte ich, wie Sie wohl wirklich sind. Allday hat zwar eine Menge erzählt, aber ich glaube, diese Seemannsfrau hat mir mehr verraten.»
Bolitho ging hinüber zu ihrem Sessel und sah auf sie herab.
«Ich begehre Sie sehr. Wenn ich meine innersten Gedanken ausspräche, würde ich Sie sicher erschrecken. Wenn ich dagegen stumm bliebe, könnten Sie ahnungslos weggehen. «Er richtete sich straff auf, wie um seine nächsten Worte zu mäßigen.»Ich spreche nicht so zu Ihnen, weil Sie in Not sind, sondern weil ich Sie brauche, Belinda. Auch wenn Sie mich nicht lieben können: meine Liebe ist stark genug für uns beide. «Er fiel auf ein Knie nieder.»Bitte…»