The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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»Und du sagst, er heißt Tom Cullen?«
»Ja.«
Lloyd hatte nur eine vage Erinnerung. Cullen war ein großer blonder Kerl, der sicher nicht alle Tassen im Schrank hatte, aber so schlimm, wie diese dumme Schlampe ihn darstellte, nun auch wieder nicht war. Er dachte nach, aber mehr fiel ihm zu Cullen nicht ein. Es strömten immer noch jeden Tag sechzig bis hundert Leute nach Vegas. Es war unmöglich, sie alle zu kennen, und Flagg hatte gesagt, der Zustrom würde noch zunehmen, bevor er sich allmählich verlor. Er könnte sich an Paul Burlson wenden, der über die Einwohner von Vegas Buch führte, und ihn nach diesem schwachsinnigen Cullen fragen.
»Werden Sie ihn verhaften?« fragte Julie.
Lloyd sah sie an. »Ich werde dich verhaften, wenn du mir noch länger auf die Pelle rückst.«
»Ach, Sie können mich mal!« rief Julie Lawry und hob dabei giftig die Stimme. Sie sprang auf und blitzte ihn an. In den engen Shorts schienen ihre Beine bis ans Kinn zu reichen. »Ich habe versucht, Ihnen einen Gefallenzu tun!«
»Ich überprüfe es.«
»Ja, ich weiß. Das kenne ich.«
Sie stampfte davon; ihr Hintern bewegte sich in kleinen, indignierten Kreisen.
Mit einer gewissen müden Belustigung sah Lloyd ihr nach und dachte, daß es viele Tussies wie sie auf der Welt gab - selbst jetzt nach der Supergrippe gab es viele, jede Wette. Leicht aufzureißen, aber anschließend mußte man sich vor ihren Fingernägeln in acht nehmen. Verwandte jener Spinnen, die ihre Partner nach dem Sex auffressen. Zwei Monate waren vergangen, und sie war immer noch wütend auf diesen Taubstummen. Wie hieß er, hatte sie gesagt? Andros?
Lloyd zog ein zerfleddertes schwarzes Notizbuch aus der Tasche, benetzte einen Finger und schlug eine leere Seite auf. Dies war sein Merkbuch, und es war randvoll von kleinen Notizen an ihn selbst - ob es nun darum ging, sich zu rasieren, bevor er Flagg aufsuchte, oder um eine umrandete Notiz, wonach die Medikamentenbestände der Apotheken in Vegas zu registrieren waren, bevor zuviel Morphium oder Kodein verloren ging. Er würde sich bald ein neues Notizbuch zulegen müssen.
In seiner ungelenken Grundschulschrift schrieb er: Nick Andros oder Androtes - taubstumm. In der Stadt?Und darunter: Tom Cullen, bei Paul überprüfen. Er steckte das Buch in die Tasche zurück. Vierzig Meilen weiter nordöstlich hatte der dunkle Mann unter den funkelnden Sternen der Wüste seine langfristige Verbindung mit Nadine Cross vollzogen. Es hätte ihn sehr interessiert zu erfahren, daß ein Freund von Nick Andros in Las Vegas war.
Aber er schlief.
Lloyd betrachtete mürrisch seine Patience und vergaß Julie Lawry und ihre Wut und ihren strammen kleinen Arsch. Er mogelte ein weiteres As hervor und dachte betrübt an den Mülleimermann und was Flagg vielleicht sagen - oder tun - würde, wenn Lloyd es ihm erzählte.
Als Julie Lawry gerade die Cub Bar verließ, stand Tom Cullen in einem anderen Stadtteil am Aussichtsfenster seiner Wohnung und sah verträumt zum Vollmond hinauf.
Es war Zeit zu gehen.
Zeit zurückzugehen.
Diese Wohnung war nicht wie sein Haus in Boulder. Diese Wohnung war möbliert, aber nicht geschmückt. Er hatte nicht einmal ein einziges Poster an die Wand geklebt, nicht einen ausgestopften Vogel an einen Klavierdraht gehängt. Diese Wohnung war nur eine Station am Wege gewesen, und jetzt war es Zeit zu gehen. Er war froh. Hier gefiel es ihm nicht. An diesem Ort roch es; es war ein trockener, fauliger Geruch, den man nicht genau definieren konnte. Die meisten Leute waren nett, und einige mochte er genauso gern wie die Leute in Boulder, Angie zum Beispiel und den kleinen Dinny. Keiner machte sich über ihn lustig, weil er langsam war. Sie hatten ihm einen Job gegeben, und sie machten Spaße mit ihm, und manchmal tauschten sie in der Mittagspause untereinander ihr Essen aus, wenn etwas besser aussah als etwas anderes. Es waren nette Leute, nicht viel anders als die Leute in Boulder, soweit er es beurteilen konnte, aber...
Aber sie hatten diesen Geruchan sich.
Sie schienen alle zu warten und zu beobachten. Manchmal herrschte ein seltsames Schweigen zwischen ihnen, und ihre Augen schienen glasig zu werden, als hätten sie alle denselben bösen Traum. Sie taten etwas, ohne eine Erklärung zu verlangen, warum sie es tun mußten oder wozu. Es war, als würden diese Leute fröhliche Gesichter zur Schau stellen, aber die wirklichen Gesichter darunter waren die Gesichter von Ungeheuern. Darüber hatte er mal einen gruseligen Film gesehen. Diese Art von Ungeheuern nannte man Werwolf.
Geisterhaft, hoch und frei stand der Mond über der Wüste. Er hatte Dayna aus der Freien Zone gesehen. Er hatte sie nur einmal gesehen, und dann nie wieder. Was war mit ihr passiert? Hatte sie auch spioniert? War sie zurückgegangen?
Er wußte es nicht. Aber er hatte Angst.
Auf dem La-Z-Boy-Stuhl vor dem nutzlosen Farbfernseher der Wohnung stand ein kleiner Rucksack. Dieser Rucksack war mit vakuumversiegelten Lebensmitteln gefüllt. Er nahm ihn auf und hängte ihn sich um.
Nachts wandern, am Tag schlafen.
Ohne sich noch einmal umzusehen, ging er auf den Hof des Gebäudes hinaus. Der Mond schien so hell, daß er einen Schatten auf den riesigen Beton warf, wo früher Möchtegern-Gewinner ihre Autos mit den Nummernschildern anderer Staaten geparkt hatten. Er sah zu der geisterhaften Münze empor, die am Himmel schwebte.
»M-O-N-D, das buchstabiert man Mond«, flüsterte er. »Meine Fresse, ja. Tom Cullen weiß, was das bedeutet.«
Sein Fahrrad lehnte an der rosa Stuckmauer des Mietshauses. Er hielt noch einmal inne, rückte den Rucksack zurecht, stieg auf und brach Richtung Interstate auf. Um elf Uhr hatte er Las Vegas hinter sich gelassen und radelte auf der Standspur der 1-15 Richtung Osten. Niemand sah ihn. Kein Alarm wurde ausgelöst. Sein Verstand schaltete in einen angenehmen Leerlauf, wie meistens, wenn alles Wichtige erledigt war. Er radelte konstant dahin und dachte nur, daß sich der leichte Nachtwind angenehm auf seinem verschwitzten Gesicht anfühlte. Ab und zu mußte er um eine Sanddüne herumfahren, die aus der Wüste gekommen war und einen weißen, geisterhaften Arm über die Straße gelegt hatte, und als er die Stadt schon ein gutes Stück hinter sich gelassen hatte, mußte er sich auch mit liegengebliebenen Autos herumschlagen-sehet meine Werke, ihr Mächtigen, und verzweifelt, hätte Glen Bateman vielleicht in seiner ironischen Art gesagt. Um zwei Uhr nachts hielt er an und nahm einen leichten Imbiß aus Slim Jims, Crackern und Kool-Aid aus der großen Thermosflasche auf dem Gepäckträger zu sich. Dann fuhr er weiter. Der Mond war untergegangen. Las Vegas blieb mit jeder Umdrehung der Fahrradreifen weiter zurück. Das verbesserte seine Stimmung erheblich.
Aber am Morgen des 13. September um Viertel vor vier wusch eine kalte Welle der Angst über ihn hinweg. Sie war um so schrecklicher, weil sie unerwartet kam und unlogisch war. Tom hätte laut geschrien, aber seine Stimmbänder waren plötzlich wie gefroren. Die Muskeln seiner tretenden Beine wurden schlaff, er rollte unter dem strahlenden Sternenhimmel entlang. Das schwarzweiße Negativ der Wüste zog immer langsamer an ihm vorüber.
Erwar in der Nähe.
Der Mann ohne Gesicht, der Dämon, der nun auf Erden wandelte. Flagg.
Den Boß nannten sie ihn. Den Grinsenden nannte Tom ihn insgeheim. Wenn man sein Grinsen sah, gerann einem das Blut in den Adern, und das Fleisch wurde kalt und grau. Der Mann, der eine Katze veranlassen konnte, Haarklumpen auszuwürgen, wenn er sie nur ansah. Wenn er über eine Baustelle ging, schlugen sich die Männer mit dem Hammer auf die Daumen und setzten Schindeln falsch ein und gingen wie Schlafwandler über das Ende des Gerüstes hinaus und...
... und, o du lieber Gott, er ist wach!