The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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»Nichts zu wissen macht es viel schlimmer. Ich kann nur abwarten. Und das Warten dauert so lange, wenn man damit rechnen muß, daß das Baby stirbt, bevor es noch einen Tag alt ist.«
»Du wartest nicht allein«, sagte er.
Sie umarmte ihn dankbar, und sie blieben lange still nebeneinander liegen.
Nadine Cross war fast fünfzehn Minuten im Wohnzimmer ihrer alten Wohnung und sammelte ihre Sachen ein, als sie ihn im Sessel in der Ecke sitzen sah; nackt bis auf die Unterhose und mit dem Daumen im Mund betrachtete er sie mit seinen seltsam grau-grünen Chinesenaugen. Sie erschrak so sehr sowohl über die Erkenntnis, daß er die ganze Zeit da gesessen haben mußte, wie über seinen tatsächlichen Anblick -, daß ihr Herz einen furchtsamen Sprung in der Brust machte und sie aufschrie. Die Taschenbücher, die sie gerade in den Rucksack stopfen wollte, fielen mit Papierrascheln zu Boden.
»Joe... ich meine, Leo...«
Sie legte eine Hand zwischen Brust und Hals, als wollte sie das irre Pochen ihres Herzens beruhigen. Aber ihr Herz wollte sich noch nicht beruhigen lassen, mit oder ohne Hand. Ihn plötzlich zu sehen war schlimm; ihn halbnackt und so zu sehen, wie er sich benommen hatte, als sie ihn in New Hampshire kennenlernte, war noch schlimmer. Es glich zu sehr einer Rückkehr, als hätte ein irrationaler Gott sie plötzlich in der Zeit zurückversetzt und dazu verdammt, die letzten sechs Wochen noch einmal zu durchleben.
»Du hast mir einen Heidenschreck eingejagt«, sagte sie leise. Joe sagte nichts.
Sie ging langsam zu ihm und rechnete halb damit, ein langes Küchenmesser in seiner Hand zu sehen, wie in alten Zeiten, aber die Hand, die er nicht am Mund hatte, lag unschuldig in seinem Schoß. Sie sah, daß das Kaffeebraun seiner Haut milchig geworden war. Die alten Narben und Kratzer waren nicht mehr da. Aber die Augen waren dieselben... Augen, die einen verfolgten. Was in ihnen gewesen war, jeden Tag ein bißchen mehr, seit er Larry am Feuer Gitarre spielen gehört hatte, war jetzt vollkommen verschwunden. Seine Augen waren wie bei ihrer ersten Begegnung, und das erfüllte sie mit einer Art schleichendem Entsetzen.
»Was machst du hier?«
Joe sagte nichts.
»Warum bist du nicht bei Larry und Lucy-Mom?«
Keine Antwort.
»Du kannst hier nicht bleiben«, sagte sie und versuchte, vernünftig mit ihm zu reden, aber bevor sie weitersprechen konnte, überlegte sie, wie lange er tatsächlichschon hier war.
Es war der Morgen des 24. August. Sie hatte die beiden letzten Nächte bei Harold verbracht. Der Gedanke kam ihr, daß er seit vierzig Stunden mit dem Daumen im Mund hier sitzen mochte. Das war natürlich eine lächerliche Vorstellung, er mußte essen und trinken (oder nicht?), aber als Gedanke und Bild erst einmal da waren, ließen sie sich nicht mehr abschütteln. Das schleichende Grauen kam wieder über sie, und ihr wurde mit einem Anflug von Verzweiflung klar, wie sehr sie sich verändert hatte: früher hatte sie ohne Furcht neben diesem kleinen Wilden geschlafen, als er noch bewaffnet und gefährlich war. Jetzt hatte er keine Waffen mehr, aber sie empfand ihm gegenüber Todesangst.
Sie hatte gedacht, ( Joe? Leo?) seine frühere Persönlichkeit wäre ein für allemal abgetötet worden. Jetzt war sie wieder da. Und er war hier.
»Du kannst hier nicht bleiben«, sagte sie. »Ich bin nur gekommen, um ein paar Sachen zu holen. Ich ziehe aus. Ich ziehe zu... zu einem Mann.«
Ach istHarold das, spöttelte eine innere Stimme. Ich dachte, er wäre nur ein Werkzeug, um etwas zu erreichen.
»Leo, hör mal...«
Er schüttelte sacht aber wahrnehmbar den Kopf. Seine ernsten, glitzernden Augen waren auf ihr Gesicht gerichtet.
»Du bist nicht Leo?«
Wieder das sachte Kopfschütteln.
»Bist du Joe?«
Ein ebenso schwaches Nicken.
»Na gut. Aber du mußt einsehen, daß es keine Rolle spielt, wer du bist«, sagte sie und versuchte, geduldig zu sein. Das irre Gefühl, dass sie eine Zeitreise hinter sich hatte, daß sie wieder auf dem Ausgangsfeld stand, ging nicht weg. Sie fühlte sich unwirklich und ängstlich. »Dieser Teil unseres Lebens der Teil, als wir allein und nur auf uns gestellt waren - ist vorbei. Du hast dich verändert, ich habe mich verändert, wir können uns nicht zurückverwandeln.«
Aber seine seltsamen Augen blickten weiterhin starr in die ihren und schienen das zu bestreiten.
»Hör auf, mich so anzusehen«, schnappte sie. »Es ist sehr unhöflich, Leute so anzustarren.«
Nun schienen seine Augen leicht vorwurfsvoll zu werden. Sie schienen anzudeuten, daß es auch unhöflich war, Menschen im Stich zu lassen, und noch unhöflicher, Menschen seine Liebe zu entziehen, die sie noch brauchten und darauf angewiesen waren.
»Es ist nichtso, daß du auf dich allein gestellt wärest«, sagte sie, drehte sich um und hob die Bücher auf, die sie fallen gelassen hatte. Sie kniete linkisch und ohne Anmut, und ihre Knie knackten dabei wie Holzscheite im Feuer. Sie stopfte die Bücher kunterbunt in den Rucksack zu den Monatsbinden und dem Aspirin und ihrer Unterwäsche - schlichte Baumwollunterwäsche, ganz anders als die Sachen, die sie trug, um Harolds ungestüme Lust anzustacheln.
»Du hast Larry und Lucy. Du magst sie, und sie mögen dich. Nun, Larrymag dich, und darauf kommt es an, weil sie alles will, was er auch will. Sie ist wie ein Blatt Blaupapier. Für mich ist jetzt alles anders, Joe, und das ist nicht meine Schuld. Überhaupt nicht meine Schuld. Also hör gefälligst auf zu versuchen, mir Schuldgefühle zu machen.«
Sie versuchte, die Riemen des Rucksacks zuzuschnüren, aber ihre Finger zitterten unbeherrscht, und es fiel ihr schwer. Das Schweigen um sie herum wurde immer schwerer und schwerer.
Schließlich stand sie auf und schnallte den Rucksack auf die Schultern.
»Leo.« Sie versuchte, ruhig und vernünftig zu sprechen wie mit den Problemkindern in ihrer Klasse, wenn sie Anfälle gehabt hatten. Es war einfach unmöglich. Ihre Stimme klang kieksig und zittrig, und sein schwaches Kopfschütteln angesichts des Wortes Leo machte es noch schlimmer.
»Es ist nicht wegen Larry und Lucy«, sagte sie nachdrücklich. »Das hätte ich verstehen können, wenn es nur das gewesen wäre. In Wirklichkeit war es die alte Schlampe, für die du mich aufgegeben hast, oder nicht? Diese dumme alte Frau in ihrem Schaukelstuhl, die mit ihren falschen Zähnen in die Welt gegrinst hat. Jetzt ist sie fort, und du kommst wieder zu mir gerannt. Aber ich spiele nicht mit, hast du verstanden? Ich spiele nicht mit!«
Joe sagte nichts.
»Und als ich Larry angefleht habe... als ich auf die Knie gefallen bin und ihn angeflehthabe... wollte er nicht belästigt werden. Er war zu sehr damit beschäftigt, den großen Mann zu spielen. Du siehst also, es ist nicht meine Schuld. Nichts ist meine Schuld!«
Der Junge sah sie nur gleichgültig an.
Ihr Entsetzen kam zurück und begrub ihre unschuldige Wut unter sich. Sie wich vor ihm zur Tür zurück und tastete hinter ihrem Rücken nach der Klinke. Schließlich fand sie sie, drückte sie nieder und riß die Tür auf. Der kalte Luftstrom von draußen an ihren Schultern war mehr als angenehm.
»Geh zu Larry«, murmelte sie. »Lebwohl, Junge.«
Sie ging linkisch hinaus, blieb einen Augenblick auf der obersten Stufe stehen und versuchte, den Kopf wieder klar zu bekommen. Plötzlich fiel ihr ein, das Ganze könnte eine Halluzination gewesen sein, hervorgerufen durch ihre eigenen Schuldgefühle...
Schuldgefühle, weil sie den Jungen im Stich ließ, weil sie Larry zu lange hatte warten lassen, Schuldgefühle wegen dem, was sie und Harold miteinander trieben, und dem viel Schlimmeren, was ihnen noch bevorstand. Vielleicht war gar kein echter Junge in dem Haus gewesen. Er war ebenso wenig real wie die Hirngespinste von Poe - der Herzschlag des alten Mannes, der sich wie eine in Watte verpackte Uhr anhörte, oder der Rabe, der auf der Büste von Pallas Athene kauerte.