The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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Dann traf ihn einer der Gegner knapp über dem Kinn, riß ihm mit einer Art Schulring die Lippen auf, und er schmeckte warmes Blut, das ihm in den Mund lief. Er taumelte rückwärts, und einer hielt ihm die Arme fest. Er wehrte sich heftig und bekam eine Hand frei, als ihm eine Faust ins Gesicht fuhr wie ein wildgewordener Mond. Bevor sie sein rechtes Auge schloß, sah er den Ring wieder, der matt im Licht der Sterne funkelte. Er selbst sah auch Sterne und spürte, wie sein Bewußtsein sich trübte und ins Unbekannte abzudriften drohte.
Panik stieg in ihm auf; er wehrte sich noch verbissener. Der Mann mit dem Ring stand jetzt vor ihm, und Nick, der vor dem nächsten Schlag Angst hatte, trat ihm in den Bauch. Schulring stieß die Luft aus, klappte zusammen und gab eine Reihe keuchender, japsender Laute von sich wie ein Terrier mit Kehlkopfentzündung.
Die anderen umringten ihn. Für Nick waren sie nur noch Schemen, muskulöse Männer - gute alte Jungs, wie sie sich selbst nannten - in grauen Hemden mit hochgekrempelten Ärmeln, damit man die gewaltigen sommersprossigen Oberarmmuskeln sehen konnte. Sie trugen schwarze Arbeitsstiefel. Fettige Haarsträhnen fielen ihnen in die Stirn. Im letzten Licht des Tages kam ihm dies alles wie ein böser Traum vor. Blut floß ihm in das offene Auge. Der Rucksack wurde ihm von der Schulter gerissen. Schläge hagelten auf ihn herab, und er wurde zu einer zitternden, rückgratlosen Marionette an einer zerschlissenen Schnur. Das Bewußtsein verließ ihn nicht ganz. Die einzigen Geräusche waren ihr atemloses Keuchen, wenn sie die Fäuste in ihn rammten, und das Zwitschern eines Ziegenmelkers in dem nahe gelegenen Pinienhain.
Schulring hatte sich wieder aufgerappelt. »Haltet ihn fest«, sagte er.
»Haltet ihn an den Haaren fest.«
Hände packten seine Arme. Jemand krallte beide Hände in Nicks krauses schwarzes Haar.
»Warum schreit er nicht?« fragte einer der Schläger erregt. »Warum schreit er nicht, Ray?«
»Ich hab' dir gesagt, du sollst keine Namen nennen«, sagte Schulring. »Ist mir scheißegal, warum er nicht schreit. Ich mach' ihn fertig. Der Pisser hat mich getreten. Ist 'n unfairer Kämpfer.«
Die Faust schoß vor. Nick riß den Kopf zur Seite, und der Ring schürfte ihm die Wange auf.
»Ich hab' gesagt, haltet ihn«, sagte Ray. »Was seid ihr denn, Memmen?«
Die Faust schlug wieder zu, und Nicks Nase wurde eine zerquetschte, triefende Tomate. Sein Atem verdichtete sich zu einem Keuchen. Sein Bewußtsein war nur noch ein bleistiftdünner Lichtstrahl. Er klappte den Mund auf und zog die Nachtluft ein. Der Ziegenmelker zwitscherte wieder, melodisch und lieblich. Nick hörte es ebensowenig wie beim ersten Mal.
»Haltet ihn«, sagte Ray. »Haltet ihn, verdammt.«
Die Faust schoß vor. Zwei von Nicks Schneidezähnen brachen ab, als der Schulring dagegenschmetterte. Er spürte rasende Schmerzen, konnte aber nicht schreien. Seine Beine gaben nach, und er sackte zusammen, aber die Hände hielten ihn wie einen Mehlsack. - »Das reicht, Ray! Willst du ihn umbringen?«
»Haltet ihn. Der Pisser hat mich getreten. Ich mach' ihn fertig.«
Dann leuchteten Scheinwerfer die Straße entlang, an deren Rand hier dichtes Unterholz und alte Pinien wuchsen.
»Scheiße!«
»Laßt ihn fallen, laßt ihn fallen!«
Das war Rays Stimme, aber Ray stand nicht mehr vor ihm. Nick spürte dumpfe Erleichterung, aber sein letztes Fünkchen Bewußtsein war mit den Schmerzen im Mund beschäftigt. Er spürte Zahnsplitter auf der Zunge.
Hände schubsten ihn und stießen ihn mitten auf die Straße. Dort erfaßten ihn die heranjagenden Lichtkegel wie einen Schauspieler auf der Bühne. Bremsen kreischten. Nick ruderte mit den Armen und versuchte auszuweichen, aber die Beine gehorchten ihm nicht; sie hielten ihn für tot und hatten ihn aufgegeben. Er brach auf der Straße zusammen, und das Quietschen von Bremsen und Reifen erfüllte die ganze Welt, während er betäubt darauf wartete, überfahren zu werden. Wenigstens würden die Schmerzen im Mund vorbei sein. Dann flogen ihm Kiesel um die Ohren, und er sah einen Reifen, der knapp zwanzig Zentimeter vor seinem Gesicht zum Stillstand gekommen war. Er sah einen kleinen weißen Stein, der im Profil festgeklemmt war wie eine Münze zwischen zwei Fingerknöcheln. Ein Stück Quarz, dachte er zusammenhanglos und verlor das Bewußtsein.
Als Nick wieder zu sich kam, lag er auf, einer Pritsche. Sie war hart, aber er hatte in den letzten drei Jahren schon härter gelegen. Nur mit Mühe konnte er die Augen aufschlagen. Sie schienen zugeklebt, und das rechte, das von dem wildgewordenen Mond getroffen worden war, kam nur auf Halbmast.
Er sah eine rissige graue Betondecke. Isolierte Rohre liefen daran entlang. Über eines dieser Rohre krabbelte emsig ein großer Käfer. Eine Kette zerschnitt Nicks Gesichtsfeld in zwei Teile. Er hob ein wenig den Kopf, was teuflisch weh tat, und sah eine zweite Kette, die vom äußeren Rand der Pritsche zu einem Bolzen an der Wand führte.
Er drehte den Kopf nach links (was wieder teuflisch weh tat, wenn auch nicht mehr so ganz unerträglich) und sah eine grobe Betonwand. Risse zogen sich darüber. Sie war vollgekritzelt. Manche Aufschriften waren neu, manche alt, die meisten vulgär. HIER GIBT ES WANZEN. LOUIS DRAGONSKY, 1987. ICH MAG'S IM ARSCH. EPPI LEPPI ABER HAPPY. GEORGE RAMPLING IST EIN WICHSER. ICH LIEBE DICH IMMER NOCH, SUZANNE. DIESES LOCH STINKT. CLYDE D. FRED 1981. Daneben Zeichnungen von großen baumelnden Fimmeln, gigantischen Brüsten und unbeholfen hingekritzelten Vaginas. Das alles verriet Nick, wo er war. In einer Gefängniszelle.
Vorsichtig stützte er sich auf die Ellbogen, ließ die Füße (in Papierpantoffeln) über den Rand der Pritsche hinab und brachte sich in eine sitzende Position. Wieder fuhr ihm eine Großpackung Schmerz durch den Kopf, und seine Wirbelsäule knackte bedenklich. Sein Magen wogte erschreckend im Bauch, und eine lähmende Übelkeit überkam ihn, die bestürzende Art entmannender Übelkeit, bei der man weinen und zu Gott flehen möchte, er möge sie beenden.
Anstatt zu schreien - das hätte er gar nicht gekonnt - beugte sich Nick über die Knie, stützte den Kopf in die Hände und wartete darauf, daß es besser wurde. Nach einer Weile war das auch der Fall. Er spürte das Pflaster, das man ihm über den Riß in der Wange geklebt hatte, und als er die betroffene Gesichtshälfte ein paarmal verzog, stellte er fest, daß ihm ein Kurpfuscher obendrein noch ein paar Stiche verpaßt haben mußte.
Er sah sich um. Er saß in einer kleinen Zelle, die wie ein aufrechtgestellter Karton aussah. Im Anschluß an die Pritsche kam eine Gittertür. An der Wand neben der Pritsche stand eine Toilette ohne Brille und Deckel. Hinten über ihm - er sah es, als er den steifen Hals ganz vorsichtig reckte - war ein kleines vergittertes Fenster.
Nachdem er so lange auf der Bettkante sitzen geblieben war, daß er sicher sein konnte, er würde nicht in Ohnmacht fallen, streifte er die grauen, verwaschenen Pyjamahosen, die er trug, nach unten, setzte sich auf die Toilette und urinierte mindestens eine Stunde. So kam es ihm jedenfalls vor. Als er fertig war, stand er auf und hielt sich dabei wie ein alter Mann an der Pritsche fest. Er sah ängstlich nach Blutspuren im Becken, aber sein Urin war klar. Er spülte ihn weg. Er ging vorsichtig zur Gittertür und sah auf den kurzen Flur hinaus. Links war die Ausnüchterungszelle. Ein alter Mann lag auf einer der fünf Pritschen, eine Hand wie Treibholz baumelte auf dem Fußboden. Rechts führte der Flur zu einer Tür, die angelehnt war. In der Mitte des Flurs hing eine Lampe mit grünem Schirm, wie er sie schon in Billardhallen gesehen hatte.
Ein Schatten erhob sich und tanzte auf der angelehnten Tür. Dann betrat ein großer Mann in Khaki-Uniform den Flur. Er trug einen Sam-Browne-Gürtel und eine großkalibrige Pistole. Er hakte die Daumen in die Hosentaschen und sah Nick fast eine Minute schweigend an. Dann sagte er: »Als ich ein Junge war, haben wir einmal in den Bergen einen Puma gestellt, geschossen und dann auf steinigen Wegen zwanzig Meilen bis in die Stadt geschleift. Was von dem Tier übrig war, als wir zu Hause ankamen, war der traurigste Anblick meines Lebens. Du bist der zweittraurigste, Junge.«