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Bitterschokolade (Горький шоколад)

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Bitterschokolade (Горький шоколад)
Название: Bitterschokolade (Горький шоколад)
Дата добавления: 16 январь 2020
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Bitterschokolade (Горький шоколад) - читать бесплатно онлайн , автор Пресслер Мириам

Mirjam Pressler, geboren 1940 in Darmstadt, besuchte die Hochschule f?r Bildende K?nste in Frankfurt und lebt heute als freischaffende Autorin und ?bersetzerin in M?nchen. Im Programm Beltz & Gelberg erschienen u.a. die Romane Bitterschokolade (Oldenburger Jugendbuchpreis 1980), Kratzer im Lack, Novemberkatzen, Nickel Vogelpfeifer (Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis 1987), Wenn das Gl?ck kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen (Deutscher Jugendliteraturpreis) sowie die Biographie ?ber Anne Frank Ich sehne mich so. F?r ihr ?bersetzerwerk wurde Mirjam Press­ler mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises 1994 ausge­zeichnet.

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Karola lachte laut. »Ich habe jedenfalls keine Lust«, sagte sie.

»Bald sind Ferien, da kannst du dich ausruhen«, ant­wortete Herr Hochstein.

Eva wurde rot und nahm ihren Zirkel.

In der Pause drдngten sie sich zusammen, alle Mдd­chen der 9 b.

»Warum soll plцtzlich jemand raus aus der Klasse? Ich finde das blцd«, sagte Kathrin, die sonst sehr wenig sagte.

»Ich auch. Will irgendjemand freiwillig gehen?«, fragte Susanne.

»Mir wьrde es nichts ausmachen. Ich habe sowieso meine Freundin in der 9 a, wenn die sich auch melden wьrde, wдre das ganz schцn fьr mich.« Das war Ingrid.

»Finde ich aber nicht gut, dass du einfach von uns wegwillst.«

»So ist das ja nicht. Aber wenn doch jemand raus muss!«

»Wir sollten uns das nicht gefallen lassen«, sagte Eva. »Wir sollten uns wehren. Keiner darf gezwungen werden, aus einer Klasse zu gehen, in der er nun schon fast fьnf Jahre drin ist.«

»Richtig. Eva hat Recht. Wir lassen uns das nicht ge­fallen. Wenn einer das selbst will, weil er zum Beispiel eine Freundin in einer anderen Klasse hat, dann ist das in Ordnung. Aber keiner soll mьssen.«

»Wenn es aber einfach vom Direktorat bestimmt wird?«, fragte Agnes.

»Dann streiken wir.«

»Wie?«

»Stell dich nicht so blцd. Entweder kommen wir ьberhaupt nicht zur Schule oder wir sitzen in den Bдn-

ken und machen nichts, irgendetwas wird uns schon einfallen.«

»In den Bдnken sitzen und nichts machen ist das Beste«, sagte Eva.

»Wir gehen jedenfalls nicht raus, ich und Eva«, sagte Franziska ganz laut. »Wir weigern uns.«

»Der Esel nennt sich immer zuerst.« Karola gab Franziska einen freundlichen StoЯ.

Eva wurde ganz warm vor Freude. Wir gehen nicht raus, ich und Eva.

»Wir sollten einen Brief schreiben bis morgen«, schlug sie vor, »mit allen Argumenten dagegen, und dass wir entschlossen sind, uns zu wehren, wenn das Direktorat ьber uns bestimmen will. Den sollten wir alle unterschreiben und beim Direktor abgeben. Und uns auf keine Diskussionsstunde einlassen.«

Susanne klopfte Eva anerkennend auf die Schulter. »Das ist eine gute Idee, Eva.«

Christine hustete wieder. »Wo hast du dich eigent­lich so erkдltet, mitten im Sommer?«, fragte Eva.

»Ich war blцd«, erklдrte Christine. »Ich war abends mit meinen Eltern spazieren, und weil ich ein neues Kleid anhatte, wollte ich keine Jacke darьber ziehen, obwohl es kьhl war. Und dann hat es sogar noch ange­fangen zu regnen.«

»Wer schцn sein will, muss leiden.«

Christine lachte. »Hast du so einen Blцdsinn noch nie gemacht?«

Eva hдtte nein sagen mьssen, nein, ich zieh immer gern einen Mantel darьber, das macht schlank, aber sie sagte: »Doch, natьrlich.«

»Also, was ist«, fragte Susanne, »wer schreibt den Brief?«

Karola sagte: »Eva soll ihn schreiben. Sie kann das sicher am besten.«

»Das glaube ich auch. Machst du es, Eva?«

Eva wurde rot vor Freude. »Gern«, sagte sie. »Aber vielleicht sollten lieber mehrere zusammen den Ent­wurf machen.«

»Ich mach mit«, sagte Franziska. »Und Susanne sollte auch dabei sein. Und Anna.«

»O. K. Wo treffen wir uns?«

»Um vier bei mir. Seid ihr einverstanden?« Franziska sah richtig froh aus. »Das ist etwas nach meinem Her­zen«, sagte sie.

Eva pfiff laut vor sich hin auf dem Heimweg. Einer alten Frau, die sie erstaunt ansah, lachte sie frцhlich zu. Ich habe was vor, dachte sie. Ich habe was vor. Heute um vier bei Franziska. Und niemand wird mьs­sen! Niemand, auch ich nicht!

Abends im Bett konnte Eva lange nicht einschlafen. Was fьr ein Tag war das gewesen! Aufregend, ganz an­ders als die anderen Tage. Erst die Diskussion in der Schule. Die anderen hatten mit ihr geredet, als wдre das vцllig normal, als hдtte sie nie abseits gestanden,

sie hatten nicht nur mit ihr geredet, sie hatten sogar auf sie gehцrt. »Das ist eine gute Idee, Eva«, hatte Su­sanne gesagt. Und Karola hatte gesagt: »Eva soll den Brief schreiben, sie kann das am besten.«

Eva trat noch einmal ans Fenster und schaute in die Dunkelheit. Franziska wohnte gar nicht so weit weg, vielleicht zehn Minuten. In einem schцnen, alten Haus wohnte sie. Eva war erst sehr verlegen gewesen, sehr still. Als aber dann Susanne und Anna gekommen wa­ren, war es ganz leicht gewesen. Zu viert hatten sie um den Tisch gesessen und geredet und gelacht und ge­schrieben und keiner hatte gesagt: »Die Eva soll gehen. Wir wollen die Eva nicht.« Im Gegenteil. Sie waren fast eine Clique gewesen, so wie Karola, Lena, Babsi, Tine und Sabine Mьller. Schцn war das gewesen.

»Mensch, Eva«, hatte Susanne gesagt. »Ich habe im­mer gedacht, du interessierst dich ьberhaupt nicht fьr uns. Du bist dir zu gut fьr uns, habe ich gedacht.«

Eva lachte den Nachthimmel an. »Ich gehцre dazu«, sagte sie laut. »Ich gehцre genauso dazu wie die ande­ren auch. Ich werde in der Klasse bleiben, bei Franzis­ka und Susanne und Anna. Und bei Karola. Warum sollte ich gehen? Ich gehцre doch dazu.«

Es war sehr dunkel drauЯen. Dort, irgendwo, nur zehn Minuten entfernt, schlief Franziska.

Eva ging zurьck zu ihrem Bett.

17

Eva betrat den Hauptbahnhof durch den Seitenein­gang. Sie wollte nicht gesehen werden. Dabei wusste sie, dass noch niemand sie sehen konnte, es war noch viel zu frьh. Erst in ьber einer Stunde wьrde der Zug abfahren, genau in einer Stunde, zwцlf Minuten und -sie schaute auf die Uhr - siebenundzwanzig Sekun­den.

Ein Ruck des Zeigers, sechsundzwanzig Sekunden, noch ein Ruck, fьnfundzwanzig Sekunden.

Lдrm, Schreien, Quietschen, Stimmen, ьberall Stim­men, ьberall Menschen. Und dann der Geruch. Bahn­hofsgeruch. Schwьler Metallgeruch, Schmutz. Schnell­imbiss: Bratwurst vom Grill, Pommes frites. HeiЯes Цl stinkt.

Ein Mann, leicht schwankend, mit den Hдnden Halt suchend am einbeinigen Tisch des Stehausschanks, rief ihr zu: »Willst du was, Kleine?«

Eva ging schnell vorbei, versuchte, flach und kurz zu atmen, den sдuerlichen Geruch nach SchweiЯ und Bier nicht in sich eindringen zu lassen. Sie blieb vor der groЯen Anzeigetafel »Abfahrt« stehen und suchte mit den Augen die Reihen ab. Da war der Zug. Vier­zehn Uhr sechzehn Abfahrt Mьnchen, zweiundzwan-

zig Uhr fьnfundzwanzig Ankunft Hamburg, Abfahrt Gleis fьnfundzwanzig.

Eine Frau ging an Eva vorbei, eine schцne Frau, sehr groЯ, sehr schlank. Sie roch nach Maiglцckchen. Oder Veilchen? Wie rochen Maiglцckchen, wie Veilchen? Eva konnte sich nicht erinnern. Sie fьhlte sich unfцr­mig und schweiЯig. Warum hatte sie auch die hellrote Bluse angezogen! Hellrot wie eine noch nicht ausge­reifte Tomate, die, viel zu frьh gepflьckt, nicht mehr nachreifen wьrde. Eine, die verfaulen wьrde, ohne rot geworden zu sein. AuЯerdem sah man an dieser Bluse jeden SchweiЯfleck. Sie brauchte gar nicht hinzuschau­en, sie wusste, wie die Flecken aussahen unter ihren Achseln, dunkel, mit hellzackigen Rдndern.

Sie winkelte die Arme leicht an, ganz leicht nur, so leicht, dass man es nicht sehen konnte, aber doch weit genug, dass Luft an ihre Achselhцhlen gelangte. Viel­leicht wьrde der SchweiЯ trocknen.

Wenn es nur nicht so schwьl wдre. Dicke schwitzen eben viel mehr als Dьnne.

Der Krach war wirklich schlimm. Eva hasste Lдrm, der sich aufdrдngte, dem man nicht entweichen konnte. Seine Ohren schlieЯen kann keiner. Gerдu­schen ist man ausgeliefert.

Noch eine Stunde und drei Minuten.

Ein SchweiЯtropfen rann ihr ьber die Schlдfe, seit­lich an ihrer Backe herunter, und fiel auf ihre Hand, die sie ausgestreckt hatte, um ihn abzuwischen.

Wann wьrden sie kommen? Wьrden sie alle da sein, Vater, Mutter und acht Kinder? Nein, acht konnten es nicht sein, Frank war noch im Krankenhaus. »Es wird doch noch ein bisschen lдnger dauern«, hatte Michel gesagt, gestern, als sie sich voneinander verabschiedet hatten.

Ein Kettchen hatte sie ihm geschenkt zum Abschied, ein dьnnes Silberkettchen mit einem >M< dran.

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