Drei Kameraden
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Ich stand auf und ging nach draußen. Mir war heiß vor Bedrängnis und Ohnmacht. Ich ging langsam den Weg entlang. Die Kälte durchrieselte mich, und der Wind hinter den Häusern ließ meine Haut frösteln. Ich ballte die Fäuste und starrte lange gegen die harten weißen Berge, in einem wilden Gemisch von Haltlosigkeit, Wut und Schmerz.
Ein Schlitten klingelte unten auf der Straße vorbei. Ich ging zurück. Pat kam mir entgegen.»Wo warst du?«
»Mal draußen.«
»Bist du schlecht gelaunt?«
»Gar nicht.«
»Liebling, sei froh! Sei froh heute! Meinetwegen! Wer weiß, wann ich wieder auf einen Ball gehen kann.«
»Noch sehr oft.«
Sie legte ihren Kopf an meine Schulter.»Wenn du es sagst, ist es sicher wahr. Komm, wir wollen tanzen. Zum erstenmal tanzen wir miteinander.«
Wir tanzten, und das warme, weiche Licht war barmherzig; es verdeckte alle Schatten, die die vorgeschrittene Nacht in die Gesichter zeichnete.»Wie fühlst du dich?«fragte ich.
»Gut, Robby.«
»Wie schön du bist, Pat.«
Ihre Augen leuchteten.»Schön, daß du mir das sagst.«
Ich fühlte ihre warmen, trockenen Lippen an meiner Wange.
Es war spät, als wir im Sanatorium ankamen.»Sehen Sie nur, wie er aussieht«, kicherte der Geiger und zeigte verstohlen auf den Russen.
»Sie sehen genauso aus«, sagte ich ärgerlich.
Er sah mich verblüfft an.»Na ja, Sie Gesundheitsprotz«, sagte er giftig.
Ich gab dem Russen die Hand. Er nickte mir zu und half der jungen Spanierin behutsam und zart die Treppe hinauf. Sein großer, gebeugter Rücken und die schmalen Schultern des Mädchens vor der schwachen Nachtbeleuchtung sahen im Ansteigen aus, als läge die Last der ganzen Welt auf ihnen. Der Totenkopf zerrte den maulenden Gigolo den Gang entlang. Antonio sagte uns gute Nacht. Es war alles ein wenig gespenstisch, dieser fast lautlose, geflüsterte Abschied.
Pat streifte sich das Kleid über den Kopf. Sie stand gebückt und zerrte an den Schultern. Dabei riß der Brokat. Pat betrachtete die Stelle.
»Es war wohl schon brüchig«, sagte ich.
»Es macht nichts«, sagte Pat,»ich brauche es nun doch nicht mehr.«
Sie legte das Kleid zusammen und hängte es nicht mehr in den Schrank. Sie legte es in ihren Koffer. Ihr Gesicht war plötzlich müde.
»Sieh nur, was ich hier habe«, sagte ich rasch und zog eine Flasche Champagner aus der Manteltasche.»Jetzt kommt unser eigenes kleines Fest.«
Ich holte die Gläser und schenkte ein. Sie lächelte wieder und trank.
»Auf uns beide, Pat.«
»Ja, mein Liebling, auf unser schönes Leben.«
Wie sonderbar das alles war: dieses Zimmer, die Stille und unsere Traurigkeit. Lag hinter der Tür nicht das Leben, unendlich, mit Wäldern, Flüssen und starkem Atem, blühend und unruhig, klopfte jenseits der weißen Berge der März nicht schon unruhig an die erwachende Erde?
»Bleibst du die Nacht bei mir, Robby?«
»Ja, laß uns zu Bett gehen. Wir wollen so nahe zusammen sein, wie es Menschen können, und unser Glas auf die Bettdecke stellen und trinken.«
Trinken. Goldbraune Haut. Warten. Wach sein. Stille und das leise Röcheln der geliebten Brust.
XXVIII
Das Wetter wurde föhnig. Eine klatschende nasse Wärme jagte durch das Tal. Der Schnee wurde weich. Es tropfte von den Dächern. Die Fieberkurven stiegen. Pat mußte zu Bett bleiben. Der Arzt kam alle paar Stunden. Sein Gesicht wurde immer besorgter.
Eines Mittags saß ich beim Essen, als Antonio kam und sich zu mir setzte.»Rita ist tot«, sagte er.
»Rita? Sie meinen den Russen?«
»Nein, Rita, die Spanierin.«
»Das ist unmöglich«, sagte ich und spürte, wie mir das Blut gefror. Rita war viel weniger krank gewesen als Pat.
»Hier ist viel mehr möglich«, erwiderte Antonio melancholisch.»Heute vormittag war sie tot. Es ist Lungenentzündung dazugekommen.«
»Lungenentzündung. Das ist was anderes«, sagte ich erleichtert.
»Achtzehn Jahre. Schrecklich. Und so schwer gestorben.«
»Und der Russe?«
»Ach, fragen Sie nicht. Er will nicht glauben, daß sie tot ist. Er behauptet, sie sei scheintot. Er sitzt an ihrem Bett, und niemand kann ihn aus dem Zimmer bringen.«
Antonio ging. Ich starrte aus dem Fenster. Rita war tot; aber ich saß nur da und dachte: Es ist nicht Pat. Es ist nicht Pat.
Durch den verglasten Korridor sah ich den Geiger. Ehe ich aufstehen konnte, kam er schon heran. Er sah schrecklich aus.
»Sie rauchen?«sagte ich, um etwas zu sagen.
Er lachte auf.»Natürlich! Warum denn nicht? Jetzt? Ist doch egal, nun.«
Ich zuckte die Achseln.»Macht Ihnen wohl Spaß, Sie Tugendfatzke?«fragte er höhnisch.
»Sie sind verrückt«, sagte ich.
»Verrückt? Nein, aber 'reingefallen!«Er legte sich breit über den Tisch und blies mir Kognakatem ins Gesicht,»'reingefallen bin ich. 'reingelegt haben sie mich. Die Schweine. Alles Schweine. Sie auch, Sie Tugendschwein.«
»Wenn Sie nicht krank wären, würde ich Sie durchs Fenster werfen«, sagte ich.
»Krank? Krank?«äffte er.»'Gesund bin ich, fast gesund, ich komme ja grade daher! Wunderbarer Fall von rapider Verkapselung! Ein Witz, was?«
»Seien Sie froh«, sagte ich.»Wenn Sie hier fort sind, werden Sie auch Ihre Kümmernisse vergessen.«
»So«, erwiderte er,»so, meinen Sie? Sie praktisches Gehirnchen, Sie! Gott erhalte Ihnen Ihre pausbäckige Seele!«
Er schwankte weg, kehrte aber wieder um.»Kommen Sie mit! Bleiben Sie bei mir, lassen Sie uns trinken. Ich zahle alles. Ich kann nicht allein sein.«
»Habe keine Zeit«, sagte ich.»Suchen Sie sich jemand andern.«
Ich ging wieder zu Pat hinauf. Sie lag schwer atmend, mit vielen Kissen im Rücken.»Willst du nicht Schilaufen?«fragte sie. Ich schüttelte den Kopf.»Der Schnee ist zu schlecht. Es taut überall.«
»Willst du dann nicht mit Antonio Schach spielen?«
»Nein«, sagte ich.»Ich will hier bei dir bleiben.«
»Armer Robby!«Sie versuchte, eine Bewegung zu machen.»Hol dir doch wenigstens was zu trinken.«
»Das kann ich tun.«
Ich ging in mein Zimmer und holte eine Flasche Kognak und ein Glas.»Willst du ein bißchen?«fragte ich.»Du darfst, das weißt du doch.«Sie nahm einen kleinen Schluck und nach einer Weile noch einen. Dann gab sie mir das Glas zurück. Ich schenkte es voll und trank es aus.
»Du solltest nicht aus demselben Glas trinken wie ich«, sagte Pat.
»Das wäre ja noch schöner.«Ich goß das Glas noch einmal voll und stürzte es hinunter.
Sie schüttelte den Kopf.»Du mußt das nicht tun, Robby. Du darfst mich auch nicht mehr küssen. Du darfst überhaupt nicht mehr so viel bei mir sein. Du sollst nicht krank werden.«
»Ich werde dich küssen und mich den Teufel um etwas scheren«, erwiderte ich.
»Nein, du darfst nicht. Du darfst auch nicht mehr in meinem Bett schlafen.«
»Gut, dann schlaf du mit mir in meinem.«
Sie bewegte abwehrend den Mund.»Laß das, Robby. Du mußt noch lange leben. Ich will, daß du gesund bleibst und Kinder hast und eine Frau.«
»Ich will weder Kinder noch eine Frau haben außer dir. Du bist mein Kind und meine Frau.«
Sie lag eine Weile still.»Ich hätte gern ein Kind von dir gehabt, Robby«, sagte sie dann und legte ihr Gesicht an meine Schulter.»Früher wollte ich es nie. Ich konnte es mir gar nicht vorstellen. Aber jetzt denke ich oft daran. Es wäre schön, wenn etwas von einem bliebe. Das Kind würde dich dann manchmal ansehen, und du würdest dich an mich erinnern. Dann wäre ich wieder da solange.«
»Wir werden noch ein Kind haben«, sagte ich.»Wenn du wieder gesund bist. Ich möchte gern ein Kind von dir haben, Pat. Es muß aber ein Mädchen sein, das auch Pat heißt.«
Sie nahm mir das Glas aus der Hand und trank einen Schluck.
»Vielleicht ist es besser, daß wir keins haben, Liebling. Du sollst nichts mitnehmen. Du sollst mich vergessen. Und wenn du an mich denkst, sollst du nur denken, daß es schön war mit uns – mehr nicht. Daß es vorbeigegangen ist, das werden wir doch nie begreifen. Traurig sollst du nicht sein.«