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Peter Camenzind

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Peter Camenzind
Название: Peter Camenzind
Автор: Hesse Hermann
Дата добавления: 15 январь 2020
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Peter Camenzind - читать бесплатно онлайн , автор Hesse Hermann

»Im Anfang war der Mythus. Wie der gro?e Gott in den Seelen der Inder, Griechen und Germanen dichtete und nach Ausdruck rang, so dichtet er in jedes Kindes Seele t?glich wieder.« Mit diesen S?tzen beginnt die erste Erz?hlung Hermann Hesses (1877-1962), die 1904 im S. Fischer Verlag erschien und ihren Autor mit einem Schlag ber?hmt machte. Der in unmittelbarer Nachfolge von Gottfried Kellers Gr?nem Heinrich stehende »Erziehungsroman« hat mit seinen erfrischenden, allem Pathetischen abholden Naturschilderungen bis heute nichts an Charme und Farbe verloren. Hesse selbst hat den dezidierten Individualismus Camenzinds als den »Anfang des roten Fadens« bezeichnet, der sein ganzes Werk durchzieht.

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Verstummend und nachdenklich zündete er sich eine Pfeife an. Dabei bemerkte er, daß ich nichts zu rauchen habe, und gab mir zehn Rappen für Zigarren. Und dann saßen wir einander gegenüber, bliesen uns den Rauch ins Gesicht und tranken langsam schlürfend den ersten Liter leer. Der gelbe, pikante Waadtländer schmeckte mir vorzüglich. Allmählich wagten die Bauern am Nebentisch sich mit ins Gespräch, und schließlich siedelte einer nach dem andern räuspernd und vorsichtig zu uns über. Bald kam auch ich in den Mittelpunkt, und es zeigte sich, daß mein Ruf als Bergsteiger noch nicht vergessen war. Allerlei verwegene Aufstiege und tolle Abstürze, in mythische Nebel gehüllt, wurden erzählt, bestritten und verteidigt. Mittlerweile waren wir schon fast mit dem zweiten Liter fertig, und mir sauste das Blut in den Augen. Ganz gegen meine Natur begann ich laut zu prahlen und erzählte auch die freche Kletterei an der oberen Sennalpstockwand, wo ich die Alpenrosen für Rösi Girtanner geholt hatte. Man glaubte mir nicht, ich beteuerte, man lachte, ich ward zornig. Ich forderte jeden, der mir nicht glaubte, zum Ringen heraus und ließ merken, daß ich zur Not sie alle miteinander zu zwingen gedenke. Da ging ein altes, krummes Bäuerlein in die Kredenz, brachte einen großen Steingutkrug und legte ihn der Länge nach auf den Tisch.

»Ich will dir was sagen«, lachte er. »Wenn du so stark bist, so hau den Krug mit der Faust zusammen. Dann zahlen wir dir so viel Wein, als er faßt. Wenn du es nicht kannst, zahlst aber du den Wein.«

Mein Vater stimmte sogleich zu. Also stand ich auf, wickelte mein Taschentuch um die Hand und schlug. Die zwei ersten Schläge taten keine Wirkung. Beim dritten ging der Krug in Stücke. »Zahlen!« rief mein Vater und glänzte vor Wonne, der Alte schien einverstanden. »Gut«, sagte er, »ich zahl Wein, soviel in den Krug geht. Wird aber nimmer viel sein.« Freilich faßte der Scherben keinen Schoppen mehr, und ich hatte zum Schmerz im Arm noch den Spott. Auch mein Vater lachte mich jetzt aus.

»Nun, so hast du gewonnen«, schrie ich, schenkte den Scherben aus unsrer Flasche voll und goß ihn dem Alten über den Kopf. Nun waren wir wieder die Sieger und hatten den Beifall der Gäste.

Derlei starke Scherze wurden noch mehr getrieben. Dann schleppte mein Vater mich nach Hause, und wir polterten aufgeregt und unwirsch durch die Stube, in welcher vor noch nicht drei Wochen der Sarg der Mutter gestanden hatte. Ich schlief wie ein Toter und war am Morgen ganz verwüstet und zerbrochen. Der Vater spottete, war munter und heiter und freute sich sichtlich seiner Überlegenheit. Ich aber schwor im stillen, nie mehr zu zechen, und wartete sehnlichst auf den Tag der Abreise.

Der Tag kam, und ich reiste ab, den Schwur aber habe ich nicht gehalten. Der gelbe Waadtländer, der tiefrote Veltliner, der Neuenburger Sternwein und viele andere Weine sind mir seither bekannt und gute Freunde geworden.

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