The Stand. Das letze Gefecht
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Kurzbeschreibung
In einem entv?lkerten Amerika versucht eine Handvoll ?berlebender, die Zivilisation zu retten. Ihr Gegenspieler ist eine mytische Gestalt, die man den Dunklen Mann nennt, die Verk?rperung des absolut B?sen. In der W?ste von Nevada kommt es zum Entscheidungskampf um das Schicksal der Menschheit. "The Stand", Stephen Kings Vision vom letzten Gefecht zwischen Gut und B?se, war bislang nur in einer stark gek?rzten Version zug?nglich.Die hier ver?ffentlichte Urfassung zeigt die Gr??e seines apokalyptischen Entwurfs.Manche nennen diesen Roman sein Meisterwerk!
Autorenportrait
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren. Er war zun?chst als Englischlehrer t?tig, bevor ihm 1973 mit seinem ersten Roman 'Carrie' der Durchbruch gelang. Seither hat er mehr als 30 Romane geschrieben und ?ber 100 Kurzgeschichten verfasst und gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller weltweit.
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»Ich wollte gerade den Weg da runter abchecken«, hörte Mülleimermann sich sagen. »Um sicherzugehen, daß der Weg frei ist.«
»Klar, auf Händen und Knien, Pißnelke. Ich werd' deinen verdammten Weg freimachen. Steh auf.«
Müll kam irgendwie auf die Füße und blieb auf denselben, indem er sich am Türgriff eines Autos rechts von sich festhielt. Die beiden Mündungen der 45er von Kid sahen genauso aus wie die beiden Röhren des Eisenhower Tunnel. Jetzt sah er dem Tod ins Auge. Das wußte er. Diesmal gab es keine passenden Worte, ihm zu entgegnen.
Er sprach ein stummes Gebet zum dunklen Mann: Bitte... wenn es dein Wille ist... mein Leben für dich!
»Was ist da oben?« fragte Kid. »Ein Unfall?«
»Ein Tunnel. Völlig verstopft. Darum bin ich zurückgekommen, um es dir zu sagen. Bitte...«
»Ein Tunnel«, stöhnte Kid. »Beim kahlköpfigen Heiland!« Seine Miene wurde wieder finster. »Lügst du mich an, elende Tunte?«
» Nein! Ich schwöre es! Auf dem Schild stand Leesenhoover Tunnel. Ich glaube, das stand da, aber ich habe Mühe mit langen Worten. Ich...«
»Halt die Klappe. Wie weit?«
»Acht Meilen. Vielleicht mehr.«
Kid schwieg einen Moment und sah nach Westen über die Straße. Dann betrachtete er Mülleimer mit glitzernden Augen. »Willste mir weismachen, daß der Stau acht Meilen lang ist? Verlogener Drecksack!« Kid spannte die Hähne beider Revolver halb. Müll, der halb gespannt nicht von ganz gespannt und ganz gespannt nicht von einer Tüte Wanzen hätte unterscheiden können, kreischte wie eine Frau und legte die Hände vor die Augen.
» Ungelogen!« schrie er. » Ungelogen! Ich schwöre es! Ich schwöre es!«
Kid sah ihn lange Zeit an. Schließlich ließ er die Hähne der Revolver wieder sinken.
»Ich bring' dich um, Mülli«, sagte er lächelnd. »Ich puste dir dein jämmerliches Licht aus. Aber vorher gehen wir zu dem Unfall von heute morgen zurück. Du wirst den VW-Bus über den Rand schieben. Dann kehr' ich um und such 'nen anderen Weg. Ich geh' nicht ohne mein Scheißauto«, fügte er quengelnd hinzu. »Auf keiheinen Fall.«
»Bitte, bring mich nicht um«, flüsterte Müll. »Bitte nicht.«
»Wenn du den VW in weniger als fünfzehn Minuten über den Rand bringst, vielleicht nicht«, sagte Kid. »Glaubste die Heißescheiße?«
»Ja«, sagte Müll. Aber er hatte tief in die unnatürlich glitzernden Augen sehen können und glaubte es ganz und gar nicht. Sie gingen zu der Unfallstelle zurück, Mülleimermann mit wackligen Knien voraus. Kid schritt trippelnd aus, seine Lederjacke ächzte leise in ihren geheimen Falten. Ein vages, fast liebliches Lächeln umspielte seinen Puppenmund.
Als sie die Unfallstelle erreichten, war die Dämmerung fast vorbei. Der VW Bus lag auf der Seite, die Leichen der drei oder vier Insassen bildeten ein Durcheinander von Armen und Beinen, das gnädigerweise in der zunehmenden Dunkelheit kaum zu sehen war. Kid ging an dem Bus vorbei zum Straßenrand und betrachtete die Stelle, wo sie zehn Stunden vorher vorbeigeschrammt waren. Eine Reifenspur des Coupe war noch da, aber die andere war zusammen mit der Böschung abgestürzt.
»Nee«, sagte Kid endgültig. »Hier kommen wir nie vorbei, wenn wir vorher nicht gründlich aufräumen. Brauchste mir nicht zu sagen, ich sag's dir.«
Einen Augenblick spielte Mülleimer mit dem Gedanken, auf Kid loszustürmen und ihn über den Rand zu stoßen. Dann drehte Kid sich um. Er hatte die Revolver gezogen und beiläufig auf Mülls Leibesmitte gerichtet.
»Aber Mülli. Hast böse Gedanken gehabt. Und keine Ausreden. Ich kann dich lesen wie ein offenes Buch.«
Mülleimer schüttelte heftig widersprechend den Kopf hin und her.
»Mach keinen Fehler mit mir, Mülli. Um nichts auf der Welt solltest du das machen. Und jetzt schieb diesen Bus weg. Du hast fünfzehn Minuten.«
In der Nähe parkte ein Austin auf dem unterbrochenen Mittelstreifen. Kid machte die Beifahrertür auf, zerrte beiläufig den aufgedunsenen Leichnam eines Teenagermädchens heraus (ihr Arm riß in seiner Hand ab, er warf ihn geistesabwesend weg wie ein Mann, der einen Truthahnknochen abgenagt hat) und setzte sich auf den Beifahrersitz, so daß die Füße draußen auf dem Asphalt blieben. Er gestikulierte gutgelaunt mit den Revolvern zu der geduckten, schlotternden Gestalt des Mülleimermanns.
»Zeit läuft, Kumpel.« Er warf den Kopf zurück und sang: »Oh... da kommt Johnny mit dem Fimmel in der Hand, hat nur ein Ei und geht Loszum Ro-dee-Oh... ganz recht, Mülli, elender Waschlappen, mach dich dran, nur noch zwölf Minuten übrig... und links rechts links rechts, komm schon, alter Dummkopf, setz dich in Bewegung...«
Müll lehnte sich gegen den Bus. Spannte die Beine an und drückte. Der Bus glitt vielleicht fünf Zentimeter Richtung Abgrund. In seinem Herzen wuchs wieder Hoffnung - dieses unverwüstliche Unkraut des menschlichen Herzens. Kid war irrational, impulsiv, Carley Yates und seine Billardkumpel hätten gesagt, verrückter als eine Scheißhausratte. Vielleicht würde der Irre ihn wirklich leben lassen, wenn er den Bus tatsächlich über den Rand stoßen und damit Platz für Kids kostbares Coupe schaffen konnte.
Vielleicht.
Er senkte den Kopf, packte den Rand der Karosserie des VW und schob mit aller Kraft. Schmerzen loderten in seinem erst kürzlich verbrannten Arm auf, er wußte, gleich würde das empfindliche neue Gewebe aufplatzen. Dann würden die Schmerzen zur Qual werden. Der Bus bewegte sich sieben Zentimeter. Schweiß troff von Mülleimers Stirn und rann ihm in die Augen, wo er wie warmes Motorenöl brannte.
»Oh, da kommt Johnny mit dem Pimmel in der Hand, hat nur ein Ei und geht LOSzum Ro-dee- Oh« sang Kid. »Und allemannlinks, allemannr...«
Das Lied brach ab wie ein trockener Zweig. Mülleimermann sah erschrocken auf. Kid war vom Beifahrersitz des Austin aufgestanden. Er hatte Müll das Profil zugekehrt und starrte über ihre Hälfte der Straße zu den östlichen Fahrspuren. Dahinter erhob sich ein Felshang voll Gestrüpp, der den halben Himmel verdeckte.
»Scheiße, was war denn das?« flüsterte Kid.
»Ich hab' nichts geh...«
Aber dann hörteer etwas. Er hörte das leise Prasseln von Geröll und Steinen auf der anderen Seite des Highway. Seine Träume fielen ihm so unvermittelt heftig wieder ein, daß sein Blut gefror und sämtliche Spucke in seinem Mund verdampfte.
» Wer ist da?« brüllte Kid. » Antworte! Antworte, verdammt, oder ich schieße!«
Und er bekam Antwort, aber nicht von einer menschlichen Stimme. Ein Heulen schwoll in der Nacht an wie eine heisere Sirene, das zuerst anstieg und dann rasch zu einem tiefen, kehligen Knurren sank.
»Heiliger Jesus!« sagte Kid mit plötzlich dünner Stimme. Wölfe kamen den Hang herunter und überquerten den weißen Streifen am Rand des Highway, hagere graue Gebirgswölfe mit roten Augen und aufgerissenen, geifernden Mäulern. Es waren mehr als zwei Dutzend. Mülleimer machte in der Ekstase des Entsetzens wieder Pipi in die Hose.
Kid kam um die Karosserie des Austin herum, legte die Fünfundvierziger an und fing an zu feuern. Flammen loderten aus den Mündungen; die Schüsse hallten von den Bergwänden wider, bis es sich anhörte, als wäre eine ganze Artillerie im Einsatz. Mülleimermann schrie auf und steckte die Zeigefinger in-die Ohren. Der Nachtwind verwehte den frischen, beißenden, heißen Revolverrauch. Schießpulvergestank stach in der Nase. Die Wölfe kamen ungerührt näher, nicht schneller und nicht langsamer. Ihre Augen... der Mülleimermann konnte den Blick nicht von ihren Augen nehmen. Es waren nicht die Augen gewöhnlicher Wölfe; davon war er überzeugt. Es waren die Augen ihres Herrn, dachte er. Ihres Herrn und seines Herrn. Plötzlich fiel ihm sein Gebet wieder ein, und er hatte keine Angst mehr. Er nahm die Finger aus den Ohren. Er achtete nicht auf die Nässe, die sich in seinem Schritt ausbreitete. Er fing an zu lächeln.
Kid hatte beide Revolver leergeschossen und damit drei Wölfe niedergestreckt. Er steckte die Waffen ins Halfter, ohne auch nur einen Versuch zu machen, sie nachzuladen, und wandte sich nach Westen. Er ging etwa zehn Schritte, dann blieb er stehen. Auf den Fahrspuren nach Westen kamen ebenfalls Wölfe daher, sie schlichen zwischen den dunklen Formen der liegengebliebenen Fahrzeuge dahin wie vereinzelte Nebelschwaden. Einer hob die Schnauze himmelwärts und heulte. Ein zweiter Schrei gesellte sich dazu, ein dritter zum zweiten, schließlich ein ganzer Chor zum dritten. Dann trotteten sie weiter.