Schlaflos

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Schlaflos
Название: Schlaflos
Автор: King Stephen Edwin
Дата добавления: 16 январь 2020
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Schlaflos - читать бесплатно онлайн , автор King Stephen Edwin

Das Grauen kehrt nach Derry, Maine, zur?ck. Acht Jahre nach den in "Es" geschilderten Ereignissen, geschehen dort wieder seltsame Dinge. Ralph Roberts leidet zunehmend an Schlaflosigkeit und sieht pl?tzlich die K?pfe seiner Mitmenschen von einer bunten Aura umgeben.

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»Who believes that my wildest dreams And my craziest schemes will come true? You, baby, nobody but you.«

Herrgott, der ist völlig Banane.

Ist das etwas Neues, Liebling?

Wohl nicht, schätzte Ralph. Er ging zur Tür des Port-O-San und riß sie auf. Jetzt konnte er auch das ferne, wespenähnliche Summen eines Motorflugzeugs hören, aber es gab nichts zu sehen, das er nicht schon dutzende Male vorher gesehen hatte: die gesprungene Klobrille, die schief auf der Kloschüssel hing, eine Rolle Toilettenpapier, die einen seltsamen und irgendwie geheimnisvoll aufgequollenen Eindruck machte, und links ein Pissoir, das wie eine Träne aus Plastik aussah. Die Wände waren mit Kritzeleien vollgeschmiert. Die größte - und auffälligste - stand in dreißig Zentimeter großen Buchstaben über dem Pissoir: TONY BOYNTON HAT DEN ENGSTEN HINTERN IN DERRY! Ein betäubendes Fichtennadelaroma überlagerte die Gerüche von Scheiße, Pisse und Pennerfürzen wie Make-up das Gesicht einer Leiche. Die Stimme, die er hörte, schien aus der Kloschüssel zu kommen, möglicherweise aber auch aus den Wänden selbst:

»From the time l go to bed

Until the morning comes

I dream about you, baby, nobody but you.«

Wo ist er? fragte sich Ralph. Und wie, um alles in der Welt, kann ich zu ihm kommen?

Ralph verspürte plötzlich etwas Warmes an der Hüfte, als hätte ihm jemand eine heiße Kohle in die Tasche gesteckt. Er runzelte die Stirn, dann fiel ihm ein, was er darin hatte. Er griff mit einem Finger in die schmale Tasche, berührte den goldenen Ring, den er dort verstaut hatte, und zog ihn heraus. Er legte ihn an der Stelle, wo sich Liebes-und Lebenslinie kreuzten auf die Handfläche und berührte ihn zaghaft. Er war wieder abgekühlt. Ralph war nicht besonders überrascht.

HD-ED 15.8.87.

»Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden«, murmelte Ralph und steckte sich Eds Trauring an den Ringfinger der linken Hand. Er paßte wie angegossen. Er schob ihn hinauf, bis er den Ring berührte, den ihm Carolyn vor fünfundvierzig Jahren an den Finger gesteckt hatte. Dann sah er auf und stellte fest, daß die Rückwand des Port-O-San verschwunden war.

Zwischen den Wänden, die stehengeblieben waren, sah er einen Himmel kurz nach Sonnenuntergang und einen Ausschnitt der Landschaft von Maine, der sich im blaugrauen Dunst der Dämmerung verlor. Er schätzte, daß er aus einer Höhe von dreitausend Metern hinaussah. Er konnte schimmernde Seen und Teiche und gewaltige Flächen dunkelgrüner Wälder erkennen, die sich bis zur Toilettenschüssel des Port-O-San dahinzogen und dann verschwanden. Weit voraus - unter dem Dach der Toilettenkabine - konnte Ralph eine funkelnde Ansammlung von Lichtern sehen. Das war wahrscheinlich Derry, nicht mehr als zehn Minuten entfernt. Im linken unteren Quadranten seines Sehbereichs konnte Ralph einen Teil eines Armaturenbretts erkennen. Über dem Höhenmesser klebte ein kleines Farbfoto, bei dessen Anblick Ralph der Atem stockte. Es zeigte Helen, die unvorstellbar glücklich und unvorstellbar schön aussah. In den Armen hielt sie das Verehrte & Angebetete Baby, fest schlafend und nicht älter als vier Monate.

Er möchte, daß sie das letzte auf der Welt sind, das er sieht, dachte Ralph. Er ist in ein Monster verwandelt worden, aber offenbar vergessen nicht einmal Monster, wie man liebt.

Etwas an dem Armaturenbrett fing an zu piepsen. Eine Hand wurde sichtbar und legte einen Schalter um. Bevor sie verschwand, konnte Ralph die weiße Stelle am Ringfinger dieser Hand sehen, wo sich mindestens sechs Jahre lang der Ehering befunden hatte. Und er sah noch etwas - die Aura, die die Hand umgab, war dieselbe wie die des behinderten Babys im Krankenhausfahrstuhl, eine turbulente, rasende Membran, die so fremdartig wie die Atmosphäre eines Gasplaneten aussah.

Ralph drehte sich noch einmal um und hob die Hand. Klotho und Lachesis hoben ihre ebenfalls, und Lois warf ihm eine Kußhand zu. Ralph machte eine Auffangbewegung, dann drehte er sich um und betrat das Port-O-San.

Er zögerte einen Moment und fragte sich, was er wegen der Toilettenschüssel unternehmen sollte, aber dann fiel ihm die auf sie zurollende Bahre im Krankenhaus ein, die ihm den Schädel hätte zertrümmern müssen, es aber nicht getan hatte, und er ging in den hinteren Teil der Kabine. Er biß die Zähne zusammen und bereitete sich darauf davor, sich die Schienbeine anzustoßen - was man wußte war eines, was man glaubte, nachdem man sich siebzig Jahre lang irgendwo angestoßen hatte, war etwas ganz anderes -, und dann ging er einfach durch die Toilettenschüssel hindurch, als wäre sie aus Rauch…

Er verspürte ein beängstigendes Gefühl von Schwerelosigkeit und Schwindel, und einen Augenblick war er sicher, daß er sich übergeben müßte. Es wurde von einem Gefühl der Schwächung begleitet, als würde der Großteil der Energie, die er Lois abgenommen hatte, abgesaugt werden. Vermutlich entsprach das den Tatsachen. Immerhin handelte es sich hier um eine Form von Teleportation, richtiger Science-FictionKram, und so etwas mußte eine Menge Energie verbrauchen.

Das Schwindelgefühl verging, aber es wurde von einer Wahrnehmung ersetzt, die noch schlimmer war - einem Gefühl, als wäre ihm irgendwie der Hals duchtrennt worden. Er stellte fest, daß er einen ungehinderten Ausblick auf einen weiten Teil der Welt hatte.

Großer Gott, was ist mit mir passiert? Was ist nicht in Ordnung mit mir?

Seine Sinne meldeten ihm widerwillig, daß mit ihm alles in Ordnung war, er hatte nur eine unmögliche Position eingenommen. Er war einhundertfünfundachtzig Zentimeter groß das Cockpit des Flugzeugs maß vom Boden bis zur Decke hundertfünfzig Zentimeter. Das bedeutete, ein Pilot, der größer als Klotho oder Lachesis war, mußte gebückt zu seinem Sitz gehen. Ralph hatte das Flugzeug jedoch nicht nur im Flug betreten, sondern auch stehend, und er stand noch zwischen und ein wenig hinter den beiden Sitzen des Cockpits. Der Grund, weshalb seine Aussicht so ungehindert war, war einfach und erschreckend: Sein Kopf ragte oben aus dem Flugzeug heraus.

Ralph sah wie in einem Alptraum das Bild seines alten Hundes Rex, der beim Fahren gerne den Kopf zum Fenster hinaushielt, so daß seine zottigen Ohren im Fahrtwind flatterten. Er machte die Augen zu.

Und wenn ich nun falle? Wenn ich den Kopf durch das verdammte Dach strecken kann, was hindert mich dann daran, durch den Boden zu rutschen und bis auf die Erde zufallen? Oder möglicherweise durch den Erdboden und dann durch die Erde selbst?

Aber das passierte nicht, und es würde auch nichts Derartiges passieren, nicht auf dieser Ebene - er mußte nur daran denken, wie mühelos sie durch die Etagen des Krankenhauses aufgestiegen waren und wie mühelos sie danach auf dem Dach gestanden hatten. Wenn er sich das alles vor Augen hielt, würde ihm nichts geschehen. Ralph versuchte, sich auf diesen Gedanken zu konzentrieren, und als er sicher war, daß er sich wieder unter Kontrolle hatte, öffnete er die Augen.

Direkt unter ihm krümmte sich die Windschutzscheibe des Flugzeugs. Dahinter der Bug und die silbernen Schlieren des Propellers. Die Lichter, die er in dem Port-O-San gesehen hatte, waren jetzt näher.

Ralph beugte die Knie, und sein Kopf glitt mühelos durch das Dach des Cockpits. Einen Moment hatte er den Geschmack von Öl im Mund, die winzigen Härchen in seiner Nase schienen sich wie bei einem Elektroschock aufzurichten, und dann kniete er zwischen dem Piloten-und dem Copilotensitz.

Er wußte nicht, was für Empfindungen er erwartet hatte, als er Ed nach so langer Zeit und unter so seltsamen Umständen wiedersah, aber das Bedauern - nicht nur Mitleid, sondem Bedauern -, das sich einstellte, überraschte ihn. Ed trug ein altes T-Shirt statt eines Oxford-oder Arrow-Hemds, mit Knöpfen vorne und einem Obstkorb auf dem Rücken, wie an dem Tag im Sommer 1992, als er in den Lastwagen von West Side Gardeners hineingefahren war. Er hatte eine Menge abgenommen - fast vierzig Pfund, schätzte Ralph -, was eine außerordentliche Wirkung hervorrief, denn er sah nicht ausgemergelt aus, sondern irgendwie heroisch, wie in einem Schauer-oder Liebesroman; Ralph wurde mit Nachdruck an Carolyns Lieblingsgedicht »The Highwayman« von Alfred Noyes erinnert. Eds Haut war kalkweiß, seine grünen Augen dunkel und licht zugleich (wie Smaragde im Mondlicht, dachte Ralph) hinter der runden John Lennon-Brille, seine Lippen so rot, als hätte er Lippenstift aufgetragen. Den weißen Seidenschal mit den japanischen Schriftzeichen hatte er sich um die Stirn gebunden, so daß die Enden hinten hinunterbaumelten. Eds Gesicht in den Gewitterwirbeln seiner Aura drückte schreckliches Bedauern und felsenfeste Entschlossenheit zugleich aus. Er war wunderschön -wunderschön -, und Ralph verspürte, wie sich ein schreckliches Gefühl von deja vu in ihm breitmachte. Jetzt wußte er, was er an dem Tag gesehen hatte, als er zwischen Ed und den Mann von West Side Gardeners getreten war; jetzt sah er es wieder, und zwar mit Augen, die mehr sahen, als Ralph Roberts je hatte sehen wollen. Als er Ed inmitten seiner Wirbelsturmaura sah, von der keine Ballonschnur aufragte, kam es ihm vor, als sähe er eine unschätzbar kostbare Ming-Vase, die an eine Wand geworfen worden und zerschellt war.

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