Die weisse Massai
Die weisse Massai читать книгу онлайн
Внимание! Книга может содержать контент только для совершеннолетних. Для несовершеннолетних чтение данного контента СТРОГО ЗАПРЕЩЕНО! Если в книге присутствует наличие пропаганды ЛГБТ и другого, запрещенного контента - просьба написать на почту [email protected] для удаления материала
Am fünften Tag kommt Jutta. Sie hat gehört, eine Weiße sei im Spital. Sie ist entsetzt, als sie mich sieht. Sofort müsse ich hier raus, in das Missionsspital nach Wamba. Doch ich begreife nicht, warum ich in ein anderes Spital soll, es ist doch alles dasselbe. Viereinhalb Stunden Autofahrt halte ich sowieso nicht durch. „Wenn du dich sehen könntest, würdest du begreifen, daß du weg mußt. Fünf Tage, und die haben dir nichts gegeben? Da bist du weniger wert als eine Ziege draußen. Viel eicht wollen sie dir gar nicht helfen“, meint sie. „Jutta, bitte bring mich in ein Lodging. Hier wil ich nicht sterben, und nach Wamba schaffe ich es nicht bei diesen Straßen, ich kann mich ja nicht einmal festhalten!“ Jutta spricht mit den Ärzten. Sie wollen mich nicht gehen lassen. Erst als ich einen Zettel unterschreibe und al e Verantwortung übernehme, machen sie meine Entlassungspapiere bereit.
In der Zwischenzeit sucht Jutta Lketinga, damit er hilft, mich bis zum Lodging zu bringen. Sie nehmen mich in die Mitte, und so gehen wir langsam ins Dorf. Überal bleiben die Menschen stehen und starren uns an. Ich schäme mich, so hilflos durch das Dorf geschleppt zu werden.
Aber ich will kämpfen und überleben. Deshalb bitte ich die beiden, mich zum Somali-Restaurant zu bringen. Dort werde ich versuchen, eine Portion Leber zu essen. Das Restaurant ist mindestens zweihundert Meter entfernt, und mir sacken die Beine weg. Ununterbrochen rede ich mir zu: „Corinne, du schaffst es! Du mußt es erreichen!“ Erschöpft, aber stolz setze ich mich. Der Somali ist ebenfalls entsetzt, als er mich sieht. Wir bestellen Leber. Mein Magen rebelliert, als ich auf den Teller blicke. Mit aller Kraft überwinde ich mich und beginne, langsam zu essen. Nach zwei Stunden habe ich meinen Teller fast leer gegessen und rede mir ein, mich phantastisch zu fühlen. Lketinga ist zufrieden. Wir gehen zu dritt ins Lodging, wo sich Jutta verabschiedet. Sie will morgen oder übermorgen wieder vorbeikommen. Den Rest des Nachmittags sitze ich vor dem Lodging in der Sonne. Es ist schön, die Wärme zu spüren. Am Abend liege ich im Bett, esse langsam eine Karotte und bin stolz auf meinen Fortschritt. Mein Magen hat sich beruhigt, und ich kann al es behalten. „Corinne, jetzt geht es aufwärts!“ denke ich zuversichtlich und schlafe ein.
In der Früh erfährt Lketinga, daß die Zeremonie bereits begonnen hat. Er ist aufgebracht und möchte sofort nach Hause, zum Festplatz. Ich kann aber unmöglich so weit fahren, und wenn er zu Fuß geht, ist er auch erst am nächsten Tag dort.
Er denkt viel an seine Mama, die verzweifelt wartet und nicht weiß, was passiert ist. Morgen, verspreche ich meinem Darling, werden wir losfahren. So habe ich noch einen vollen Tag, um Kräfte zu sammeln, damit ich wenigstens das Steuer halten kann. Wenn wir aus Maralal raus sind, kann Lketinga weiterfahren, aber hier, mit der Polizei, ist es zu gefährlich.
Wir gehen wieder zum Somali, und ich bestel e mir dasselbe Essen. Heute habe ich fast die ganze Strecke ohne Hilfe geschafft. Mit dem Essen geht es schon viel leichter. Langsam spüre ich wieder Leben in meinem Körper. Mein Bauch ist flach und nicht mehr hohl eingefal en. Im Lodging betrachte ich mich zum ersten Mal wieder in einem Spiegel. Mein Gesicht hat sich sehr verändert. Die Augen kommen mir riesengroß vor, meine Backenknochen stechen kantig ab. Bevor wir aufbrechen, hat Lketinga noch einige Kilo Kautabak und Zucker gekauft, ich besorge Reis und Früchte. Die ersten Kilometer bereiten mir enorme Mühe, da ich ständig vom ersten in den zweiten Gang schalten muß und viel Kraft für die Kupplung benötige.
Lketinga, der neben mir sitzt, hilft, indem er meinem Schenkel mit dem Arm zusätzlichen Druck verleiht. Wieder fahre ich wie in Trance, und wir erreichen nach mehreren Stunden den Festplatz.
Die Zeremonie
Völ ig erschöpft bin ich dennoch überwältigt vom Anblick des riesigen Krals. Aus dem Nichts haben die Frauen ein neues Dorf erbaut. Es sind weit mehr als fünfzig Manyattas. Überal ist Leben. Aus jeder Hütte quil t Rauch. Lketinga sucht zuerst die Manyatta von Mama, während ich beim Landrover warte. Meine Beine zittern, und meine dünnen Arme schmerzen. Innerhalb kurzer Zeit haben sich Kinder, Frauen und Alte um mich versammelt und starren mich an. Ich hoffe, Lketinga kommt bald zurück. Tatsächlich erscheint er in Begleitung von Mama. Sie macht ein finsteres Gesicht, als sie mich mustert. „Corinne, jambo… wewe Malaria?“ Ich nicke und unterdrücke die aufsteigenden Tränen.
Wir packen alles aus und lassen den abgeschlossenen Wagen vor dem Kral stehen. An etwa fünfzehn Manyattas müssen wir vorbeigehen, bevor wir die von Mama erreichen. Der ganze Weg ist mit Kuhfladen übersät. Natürlich haben al e ihre Tiere mitgebracht, die momentan unterwegs sind und erst abends heimkehren. Wir trinken Chai, und Mama unterhält sich aufgeregt mit Lketinga. Später erfahre ich, daß wir zwei von den drei Festtagen verpaßt haben. Mein Darling ist enttäuscht und wirkt verstört. Er tut mir leid. Es wird einen Ältestenrat geben, bei dem die wichtigsten Alten bestimmen, ob er noch zugelassen wird und wie es weitergeht. Mama, die auch zu diesem Rat gehört, ist viel unterwegs, um die wichtigsten Männer aufzusuchen.
Die Festlichkeiten beginnen erst, wenn es dunkel wird und die Tiere zurück sind.
Vor der Manyatta sitzend schaue ich dem Treiben zu. Lketinga läßt sich von zwei Kriegern berichten, während sie ihn schmücken und kunstvoll bemalen. Es liegt eine enorme Spannung über dem Kral. Ich fühle mich ausgeschlossen und vergessen.
Seit Stunden hat niemand auch nur ein Wort an mich gerichtet. Bald werden die Kühe und Ziegen nach Hause kommen, und kurz darauf wird es Nacht sein. Mama kehrt zurück und bespricht die Situation mit Lketinga. Sie scheint etwas betrunken zu sein. Alle Alten trinken selbstgebrautes Bier in großen Mengen.
Ich wil endlich wissen, wie es weitergeht. Lketinga erklärt mir, daß er einen großen Ochsen oder fünf Ziegen für die Alten schlachten muß. Dann seien sie bereit, ihn zu der Zeremonie zuzulassen. Sie würden vor Mamas Manyatta heute nacht den Segen sprechen, und er dürfe den Tanz der Krieger anführen, damit alle offiziell erfahren, daß ihm diese krasse Verspätung, die normal den Ausschluß bedeutet, verziehen wird. Ich bin erleichtert. Doch er meint, im Moment besitze er keine fünf großen Ziegen. Höchstens zwei, die anderen seien schwanger und die dürfe man nicht töten.
Ich schlage vor, den Verwandten welche abzukaufen. Dabei ziehe ich ein Bündel Geld hervor und gebe es ihm. Er wil erst nicht, da er weiß, daß heute jede Ziege das Doppelte kosten wird. Aber Mama spricht energisch auf ihn ein. Er steckt das Geld ein und verläßt beim ersten Klingeln der Glöckchen, das die Rückkehr der Tiere ankündigt, die Hütte.
Unsere Manyatta füllt sich nach und nach mit weiteren Frauen. Mama kocht Ugali, ein Maisgericht, und es wird viel geredet. Die Hütte ist vom Feuer nur spärlich erhellt.
Ab und zu versucht eine Frau ein Gespräch mit mir. Eine jüngere Frau mit Kleinkind sitzt neben mir und bestaunt zuerst meine Arme, die vol er Massai-Schmuck sind, und später wagt sie auch, in meine langen glatten Haare zu fassen. Wieder wird gelacht, und sie zeigt auf ihren kahlen Kopf, der nur mit einem Perlenband geschmückt ist. Ich schüttle den Kopf. Mich mit einer Glatze vorzustellen, fällt mir schwer.
Draußen ist es bereits stockdunkel, als ich ein grunzendes Geräusch vernehme.
Es ist das typische Geräusch der Männer, wenn sie in erregtem Zustand sind, sei es bei Gefahr oder auch beim Sex. Augenblicklich ist es still in der Hütte. Mein Krieger streckt den Kopf herein, verschwindet aber beim Anblick der vielen Frauen gleich wieder. Ich höre Stimmen, die immer lauter werden. Plötzlich ertönt ein Schrei, und sofort fallen mehrere Personen in eine Art Summen oder Gurren ein. Neugierig krieche ich hinaus und bin überrascht, wie viele Krieger und junge Mädchen vor unserer Hütte zum Tanz versammelt sind. Die Krieger sind schön bemalt und tragen ein rotes Hüfttuch. Ihre Oberkörper sind frei und mit gekreuzten Perlenketten geschmückt. Die rote Bemalung ist vom Hals bis zur Mitte der Brust im Spitz zulaufend. Mindestens drei Dutzend Krieger bewegen ihre Körper im gleichen Rhythmus. Die Mädchen, zum Teil sehr jung, vielleicht neun- bis etwa fünfzehnjährig, tanzen in einer Reihe, den Männern zugewandt, im Rhythmus den Kopf bewegend mit. Nur ganz allmählich wird der Rhythmus gesteigert. Nach gut einer Stunde springen die ersten Krieger in die Höhe, die typischen Massai-Sprünge.