Schlaflos

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Schlaflos
Название: Schlaflos
Автор: King Stephen Edwin
Дата добавления: 16 январь 2020
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Schlaflos - читать бесплатно онлайн , автор King Stephen Edwin

Das Grauen kehrt nach Derry, Maine, zur?ck. Acht Jahre nach den in "Es" geschilderten Ereignissen, geschehen dort wieder seltsame Dinge. Ralph Roberts leidet zunehmend an Schlaflosigkeit und sieht pl?tzlich die K?pfe seiner Mitmenschen von einer bunten Aura umgeben.

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Das unterdrückte Entsetzen in dieser Stimme überraschte ihn nicht, denn dies war wirklich ein gräßlicher Ort - überhaupt kein Zimmer, sondern der Grund eines Schachts aus Gerumpel und gestohlenen Dingen: Toastern, Fußschemeln, Radioweckern, Kameras, Büchern, Kisten, Schuhen, Rechen. Fast unmittelbar vor Ralphs Augen hing an einem zerschlissenen Gurt ein verbeultes altes Saxophon mit der Aufschrift PETE in staubtrübem Bergkristall. Ralph streckte die Hand danach aus, weil er das verdammte Ding aus dem Gesicht haben wollte. Dann überlegte er sich, daß das Entfernen eines Gegenstands möglicherweise einen Erdrutsch auslösen könnte, der die Wände zum Einsturz brachte und sie bei lebendigem Leib begrub. Er zog die Hand zurück. Gleichzeitig öffnete er seinen Geist und seine Sinne, so weit er konnte. Einen Augenblick glaubte er, daß er tatsächlich etwas hören konnte - ein schwaches Seufzen, wie das Flüstern des Meeres in einer Muschel -, aber dann war es verschwunden.

[»Wenn hier drinnen Stimmen sind, Lois, dann kann ich sie nicht hören - dieses verdammte Ding übertönt sie.«]

Er deutete auf den Gegenstand in der Mitte des Kreises ein Schwarz, das alle seine bisherigen Vorstellungen von Schwarz in den Schatten stellte, ein Leichentuch, das der Inbegriff aller Leichentücher war. Aber Lois schüttelte den Kopf.

[»Nein, es übertönt sie nicht. Es saugt sie aus.«]

Sie betrachtete das kreischende schwarze Ding voll Abscheu und Entsetzen.

[»Dieses Ding saugt das Leben aus den ganzen Sachen, die ringsum gestapelt sind… und es versucht, auch aus uns das Leben zu saugen.«]

Ja, natürlich. Jetzt, wo Lois es laut ausgesprochen hatte, konnte Ralph das Leichentuch spüren - oder den Gegenstand darin -, der an etwas tief in seinem Kopf zerrte, zog, drehte, schob… und versuchte, es herauszuziehen wie einen Zahn aus rosa Zahnfleisch.

Versuchte, ihnen das Leben auszusaugen? Nahe dran, aber kein Treffer. Ralph glaubte nicht, daß das Ding in dem Leichentuch ihr Leben wollte, ebensowenig ihre Seelen, jedenfalls nicht im strengen Sinne. Es wollte ihre Lebenskraft. Ihr Chi.

Lois’ Augen wurden groß, als sie diesen Gedanken empfing… und dann sah sie zu einer Stelle dicht neben seiner rechten Schulter. Sie beugte sich auf den Knien nach vorne und streckte die Hand aus.

[»Lois, das würde ich nicht tun - die ganzen Stapel könnten über uns -«]

Zu spät. Sie zog etwas heraus, betrachtete es von schockiertem Begreifen erfüllt und hielt es ihm hin.

[“»Es lebt noch - alles hier drinnen lebt noch. Ich weiß nicht, wie das sein kann, aber es ist so… irgendwie ist es so. Aber sie sind schwach. Warum sind sie so schwach?«]

Was sie ihm entgegenstreckte, war ein kleiner weißer Turnschuh, der einer Frau oder einem Kind gehörte. Als Ralph ihn nahm, konnte er hören, wie der Schuh leise mit einer fernen Stimme sang. Das Geräusch war so einsam wie Novemberwind an einem verhangenen Nachmittag, aber auch unvorstellbar süß - ein Gegengift zum endlosen Plärren des Dings auf dem Boden.

Und es war eine Stimme, die er kannte. Er war ganz sicher.

Auf der Spitze des Turnschuhs war ein rostfarbener Spritzer. Ralph hielt ihn zuerst für Schokoladenmilch, aber dann erkannte er, worum es sich in Wirklichkeit handelte: getrocknetes Blut. In diesem Augenblick war er wieder vor dem Red Apple und hielt Nat, bevor Helen sie fallenlassen konnte. Er erinnerte sich, wie Helen über ihre eigenen Füße gestolpert war; wie sie rückwärts getaumelt war und sich an die Tür des Red Apple gelehnt hatte, wie eine Betrunkene an einen Laternenpfahl, und ihm die Hände entgegenstreckte. Gz mi mein Bäh-bie. Gi mi Nah-lie.

Er kannte die Stimme, weil es Helens Stimme war. Diesen Turnschuh hatte sie an dem Tag getragen, und die Blutstropfen auf der Schuhspitze stammten entweder von Helens eingeschlagener Nase oder der aufgeplatzten Wange. Er sang und sang, und seine Stimme wurde nicht völlig unter dem Summen des Dings in dem Leichentuch begraben, und jetzt, wo Ralphs Ohren - oder was in der Welt der Auren auch mmer als Ohren gelten mochte - weit geöffnet waren, konnte er alle anderen Stimmen von allen anderen Gegenständen hören. Sie sangen wie ein Chor der Verlorenen.

Lebten. Sangen.

Sie konnten singen, alle Gegenstände an diesen Wänden entlang konnten singen, weil ihre Besitzer noch singen konnten.

Ihre Besitzer waren noch am Leben.

Ralph sah wieder auf, und diesmal bemerkte er, daß verschiedene Gegenstände alt waren - das verbeulte Saxophon, zum Beispiel -, aber viele auch neu; in diesem kleinen Alkoven gab es keine Reifen von Gay-Nineties-Fahrrädern. Er sah drei Radiowecker, alle digital. Ein Rasierzeug, das aussah, als wäre es noch kaum benutzt worden. Ein Lippenstift, auf dem noch das Preisschild von Rite Aid klebte.

[»Lois, Atropos hat diese Sachen von den Leuten genommen, die heute abend im Bürgerzentrum sein werden. Richtig?«]

[»Ja. Ich bin sicher, daß es so ist.«]

Er deutete auf den schwarzen Kokon, der auf dem Boden kreischte und fast alle Lieder ringsum übertönte… übertönte und sich von ihnen nährte.

[»Und was immer sich in diesem Leichentuch befindet, hat etwas damit zu tun, was Klotho und Lachesis die Hauptsache nannten. Es ist das Ding, das alle verschiedenen Gegenstände

- alle verschiedenen Leben - zusammenbindet.«]

[»Das sie zu Ka-tet macht. Ja.«]

Ralph gab Lois den Turnschuh zurück.

[»Den nehmen wir mit, wenn wir gehen. Er gehört Helen.«]

[»Ich weiß.«]

Lois sah ihn einen Moment an, und dann tat sie etwas, das Ralph außerordentlich schlau fand: Sie zog den Schnürsenkel aus zwei Ösen heraus und band sich den Turnschuh wie einen Armreif um das linke Handgelenk.

Er kroch näher zu dem kleinen Leichentuch und beugte sich darüber. Es war schwer, in seine Nähe zu gehen, und noch schwerer, in seiner Nähe zu bleiben - es war, als würde man das Ohr ans Gehäuse eines auf Höchstleistung laufenden Schlagbohrers halten oder, ohne die Augen zuzukneifen, in ein grelles Licht sehen. Diesmal schienen tatsächlich Worte aus dem Summen heraus zu ertönen, wie die, die sie gehört hatten, als sie sich dem Rand des Leichentuchs über dem Bürgerzentrum näherten: Hinausss. Forrttt. Zieeeehtabb.

Ralph hielt sich einen Moment die Ohren zu, aber das nützte natürlich nichts. Die Worte kamen selbstverständlich nicht von außen. Er ließ die Hände wieder sinken und sah Lois an.

[»Was meinst du? Hast du eine Ahnung, was wir als nächstes tun sollen?«]

Er wußte nicht genau, was er von ihr erwartete, jedenfalls nicht die rasche, selbstbewußte Antwort, die er bekam.

[»Schneid es auf und hol raus, was im Inneren ist - und zwar schnell. Das Ding ist gefährlich. Außerdem ruft es vielleicht Atropos, hast du dir das schon einmal überlegt? Daß es petzt, so wie die Henne Jack im Märchen von der Bohnenranke verpetzt hat.«]

Ralph hatte über diese Möglichkeit nachgedacht, wenn auch nicht so eingehend. Na gut, dachte er. Schneid den Sack auf und nimm den Preis heraus. Aber wie genau sollen wir das machen?

Er erinnerte sich an den Blitzstrahl, den er Atropos geschickt hatte, als der kleine Dreckskerl versuchte, Rosalie über die Straße zu locken. Ein guter Trick, aber so etwas konnte hier mehr Schaden anrichten als nützen; wenn er das Ding damit verdampfen ließ, das sie mitnehmen sollten?

Ich glaube nicht, daß du das kannst.

Gut, hinreichend logisch, tatsächlich glaubte er selbst nicht, daß er es konnte… aber wenn man von den Habseligkeiten von Menschen umgeben war, die bei Sonnenaufgang tot sein würden, war es Wahnsinn, ein Risiko einzugehen. Völliger Wahnsinn.

Ich brauche keinen Blitz, sondern eine gute, scharfe Schere, wie die mit der Klotho und Lachesis -

Er sah Lois an und war verblüfft von dem klaren Bild.

[»Ich weiß nicht, was dir gerade eingefallen ist, aber was auch immer, beeil dich damit.«]

Ralph sah auf seine rechte Hand herab - eine Hand, von der Falten und erste Spuren von Arthritis verschwunden waren, eine Hand inmitten einer hellblauen Korona aus Licht. Er kam sich ein wenig albern vor, als er die beiden letzten Finger an die Handfläche preßte und die ersten beiden ausstreckte, wobei er an ein Spiel denken mußte, das sie als Kinder gespielt hatten -Stein bricht Schere, Schere schneidet Papier, Papier bedeckt Stein.

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